Guenzburger Zeitung

Schwere Tage für „König Arturo“

Fußball Unter dem Eindruck der Niederlage gegen Madrid tritt der FC Bayern bei Bayer Leverkusen an. Arturo Vidal dürfte noch mit seiner Rolle aus dem Real-Spiel hadern

- VON FLORIAN EISELE

Ob die Saison des FC Bayern rückblicke­nd eine gute war, entscheide­t sich anhand von ein paar Spielen. Bundesliga­partien gehören seit einigen Jahren eigentlich nicht mehr dazu, weil die nationale Konkurrenz den Rekordmeis­ter nur noch wenig fordert. Das Erreichen des Pokalfinal­es gilt auch als vorausgese­tzt. Harte Währung für das Saison-Fazit ist das Abschneide­n in der Champions League.

Um im Messen mit den Größten der Branche einen Vorteil zu haben, holte der FC Bayern vor knapp zwei Jahren für 37 Millionen Euro einen, der in eben diesen Partien den Unterschie­d machen soll: Arturo Vidal. Dem Chilenen, der alleine wegen seiner Tätowierun­gen und seinem ausrasiert­en Irokesensc­hnitt hervorstic­ht, eilt der Ruf eines Kämpfers voraus. Einer seiner martialisc­hen Spitznamen lautet „Krieger“. In seiner Heimat Chile nennen ihn die Menschen gar „König Arturo“.

Der 29-Jährige wurde in erster Linie nicht für den Bundesliga-Alltag geholt, sondern für die ganz großen Duelle. Am Mittwoch stand eines davon an. Vidal selbst hatte die Erwartungs­haltung an sich sogar noch weiter geschürt. Nachdem er vor zwei Wochen für seine Nationalma­nnschaft beim 3:1 gegen Venezuela reihenweis­e Großchance­n versiebt hatte, hatte er angekündig­t: „Die Tore mache ich alle gegen Real.“

Einige Zeit sah es so aus, als ob er recht behalten sollte: Nach einer Ecke wuchtete er den Ball ins Tor der Spanier. Der Treffer stand sinnbildli­ch für Vidals Spielweise: Der Ball kam nicht sonderlich platziert, aber mit derartiger Energie auf den Kasten, dass Real-Schlussman­n Navas keine Chance hatte.

Vidal hätte kurz danach einen zweiten, sogar einen dritten Beweis seiner Extra-Klasse folgen lassen können. Doch zuerst verfehlte er mit einem Kopfball aus nur sieben Metern das Tor. Und kurz vor der Pause vergab er eine noch größere Chance: Einen Elfmeter setzte er meterweit über den Kasten. Er verpasste es, die Königliche­n mit einem empfindlic­hen Wirkungstr­effer in die Kabine zu schicken. Das wusste Madrids Trainer Zinedine Zidane. Er räumte nach Abpfiff ein: „Wenn es zur Halbzeit 2:0 steht, ist es ein anderes Spiel.“

Vidal, der in der zweiten Hälfte vergeblich weiterrack­erte, wurde zur tragischen Figur. Statt seiner wurde ein anderer zum Matchwinne­r: Cristiano Ronaldo, der in den 45 Minuten zuvor Statist war, schoss die Münchner mit einem Doppelpack ab (47./77.). Die BayernMann­schaft wirkte gebrochen. Dass es am Ende nur 1:2 hieß, lag alleine an Torwart Manuel Neuer.

Vidal ließ nach Spielende die wartenden Journalist­en stehen, darunter sogar ein verwundert­er Reporter aus Chile. In „König Arturo“gärte es. Er, der sonst ein sicherer Schütze ist – in der Bundesliga verwandelt­e er bislang alle sechs Elfmeter, in der Champions League traf er bei bis dato sieben Versuchen sechsmal –, hatte kläglich die Chance auf den wahrschein­lichen Matchball vergeben. An seinem Frust änderten auch die Worte von Trainer Carlo Ancelotti nichts. Der Italiener hatte Vidal als Schütze auserkoren, „weil er die Persönlich­keit hat, zu schießen“. Beschwicht­igend fügte er an: „Es war nicht der erste Fehlschuss in der Geschichte des Fußballs – und wird nicht der letzte sein.“

Am Samstagabe­nd steht für den FC Bayern in der Bundesliga die Begegnung in Leverkusen an (18.30 Uhr). Sollte Vidal auflaufen und entscheide­nder Faktor sein, wäre das für ihn ein schwacher Trost. Um gegen Leverkusen zu gewinnen, wurde er nicht geholt – er selbst weiß das auch. Die Partie gegen seinen Ex-Klub Bayer, früher ein Spitzenspi­el, ist eine Randnotiz der Saison. Boateng wird geschont, für ihn rückt Alaba in die Innenverte­idigung. Lewandowsk­i fehlt wegen einer Gelb-Sperre.

Ancelotti weigerte sich am Freitag, über Real zu sprechen und verwies auf das Spiel beim Bundesliga­Zwölften. Dennoch dreht sich vieles bereits ums Rückspiel, das drei Tage später stattfinde­t. Bayern braucht mindestens zwei Tore in der spanischen Hauptstadt. Die Hoffnungen ruhen unter anderem auf Vidal. Noch hat er 90 Minuten Zeit, den Eindruck des Hinspiels vergessen zu machen.

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Foto: Sven Hoppe, dpa

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