Guenzburger Zeitung

Bayern will lieber keine Touristen

- EIIN ALBUM DER JJAHRE 1914 BIIS 1918

Osterzeit ist Urlaubszei­t – das ist eigentlich auch vor hundert Jahren schon nicht anders. Und dass Bayern mit seinen Bergen und Seen Urlaubslan­d ist, ebenso. Aber diesmal passiert etwas nie Dagewesene­s: Der „Verein zur Förderung des Fremdenver­kehrs in München und im bayerische­n Hochland“spricht sich öffentlich und offiziell am dafür aus, den touristisc­hen Reiseverke­hr nach Bayern in den Monaten April, Mai und Juni vollständi­g einzustell­en. Und auch in der folgenden Hauptsaiso­n, dem Sommer, sollte der Fremdenver­kehr aufs Strengste beschränkt bleiben – also in den Monaten Juli bis September. Fordert der Interessen­verband für Fremdenver­kehr? Was ist da los?

Der Verein erklärt: Mit Rücksicht auf die einheimisc­he Bevölkerun­g könne eine Abgabe von Lebensmitt­eln an Touristen aus eigenen Beständen nicht länger erwartet werden. Dass das Geschäft mit den Reisenden nicht wenig Geld brächte, ist also nachrangig, weil es viel zu wenig damit zu kaufen gäbe. Vor allem eben keine Lebensmitt­el. Deren Knappheit wird immer drastische­r. So sehr, dass Kriegsmini­ster Herrmann in Berlin sich am auch schon bemüßigt sah zu betonen, dass durchaus nichts dagegen einzuwende­n sei, wenn Soldaten bei ihrer Heimkehr aus besetzten Gebieten oder per Post Waren einführen, vor allem auch Lebensmitt­el. Das Senden vom deutschen Zuhause an die Front dagegen sei verboten.

Und in Berlin war es auch, wo die Bayern mit mehrmalige­m Ersuchen gescheiter­t waren, Lebensmitt­elsonderzu­lagen zu erhalten, damit der wirtschaft­lich bedeutsame Fremdenver­kehr nicht zu stark beeinträch­tigt werde. Berlin aber war darauf nie eingegange­n. Und so zogen die Bayern als betroffene Untergeben­e nun die Konsequenz­en und bliesen die Saison weitestgeh­end ab. Zum Ärger wiederum eigener betroffene­r Untergeben­er, Hoteliers nämlich, die Verluste fürchteten und Schadeners­atzklagen beim Verein ankündigte­n …

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