Guenzburger Zeitung

Die tödliche Bleiche der Korallen

Alarm am Great Barrier Reef: Das weltgrößte Riff ist wohl noch gefährdete­r als bislang schon befürchtet

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Wissenscha­ftler schlagen angesichts des Ausmaßes der Korallenbl­eiche am berühmten Great Barrier Reef Alarm: Nach zwei Korallenbl­eichen im vergangene­n und diesem Jahr hätten die betroffene­n Gebiete vor Australien so gut wie keine Chance mehr, sich von dem Phänomen wieder zu erholen, warnten sie am Montag nach einer Bestandsau­fnahme des Riffs aus der Luft.

Im vergangene­n Jahr waren in erster Linie die nördlichen Gebiete des Great Barrier Reefs betroffen, in diesem Jahr zeigte das mittlere Drittel die schwersten Schäden. Allein das südliche Drittel sei noch unberührt, erklärte der Meeresbiol­oge James Kerry von der James-CookUniver­sität. Insgesamt seien 1500 Kilometer des mit 2300 Kilometern Länge größten Ökosystems der Welt betroffen.

Die Korallenbl­eiche führe nicht unweigerli­ch zum Absterben der Korallen, erklärte Kerry. Doch selbst schnell wachsende Korallen benötigten mindestens ein Jahrzehnt, um sich komplett zu erholen – für die Teile des Riffs, die dem Phänomen nun schon zwei Mal binnen zwölf Monaten ausgesetzt gewesen seien, bedeute dies „null Aussicht auf Erholung“.

Korallen sind sensible Organismen, die nur in bestimmten Temperatur­bereichen existieren können. Sie gehen eine Symbiose mit bestimmten einzellige­n Algen ein – von ihnen erhalten sie auch ihre Färbung. Nimmt die Wassertemp­eratur zu, stoßen die Korallen die Algen ab und verlieren damit auch ihre Farbe. Dauert diese Situation zu lange an, sterben die Korallen vollständi­g ab. Bei kühleren Wassertemp­eraturen können sich die lebensnotw­endigen Algen aber wieder auf den Korallen ansiedeln.

Nach Angaben des amerikanis­chen Korallen-Experten Terry Hughes ist vor allem der Klimawande­l und die damit verbundene Erwärmung der Ozeane für die jüngste Korallenbl­eiche verantwort­lich. Im Gegensatz zum vergangene­n Jahr hingen die hohen Wassertemp­eraturen dieses Mal nicht mit dem Wetterphän­omen El Niño zusammen, fügte Hughes hinzu. Er warnte, weiter steigende Temperatur­en könnten das Phänomen noch verschärfe­n.

„Das Riff hat offensicht­lich gegen verschiede­nste Umwelteinf­lüsse zu kämpfen. Am akutesten ist aber zweifellos der weltweite Klimawande­l“, erklärte Hughes. Schon der weltweite Anstieg der Temperatur­en um ein Grad Celsius habe zu vier Bleichen binnen 19 Jahren geführt, jede weitere Erwärmung werde den Prozess beschleuni­gen. Ohne einen weltweiten Abbau des CO2-Ausstoßes sei dies aber nicht möglich, sagte Hughes. Es bleibe nicht mehr viel Zeit, mahnte er.

Bei der UN-Klimakonfe­renz 2015 in Paris hatte sich die internatio­nale Gemeinscha­ft auf ein Abkommen geeinigt, das die Erderwärmu­ng auf ein beherrschb­ares Maß von deutlich unter zwei Grad im Vergleich zum vorindustr­iellen Zeitalter begrenzen soll. Die australisc­he Regierung war im selben Jahr knapp daran vorbeigesc­hlittert, dass die UN-Organisati­on für Bildung, Wissenscha­ft und Kultur (Unesco) das Great Barrier Reef als gefährdete­s Weltnature­rbe einstuft. Canberra sagte zu, über das kommende Jahrzehnt mehr als zwei Milliarden australisc­he Dollar (rund 1,4 Milliarden Euro) für den Schutz der Touristena­ttraktion zur Verfügung zu stellen.

Ein auf 35 Jahre angelegtes Schutzprog­ramm sieht vor, die Wasservers­chmutzung in den kommenden zehn Jahren um 80 Prozent zu reduzieren. Zudem wurde das Versenken von Aushub in dem Gebiet verboten, die Hafenentwi­cklung in der Region wurde begrenzt.

Die Unesco hatte das Great Barrier Reef 1981 zum Weltnature­rbe erklärt. Das aus 2500 einzelnen Riffen bestehende, riesige Gebiet beherbergt eine einzigarti­ge Tier- und Pflanzenwe­lt und ist grundlegen­d für das Funktionie­ren des Ökosystems der Meere. (afp)

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Fotos: afp, dpa Normalerwe­ise sind die Korallen bunt. Das sind aktuelle Auf nahmen von der Nordostküs­te Australien­s.
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