Seht, der Mensch!
Terror und Krieg bestimmen unsere Nachrichten. Bilder von gequälten und schwer verletzten Menschen sind fast schon alltäglich. Und wir Christen haben in diesen Tagen – wie jedes Jahr zur Vorbereitung auf Ostern – dem Leiden und Sterben von Jesus Christus gedacht.
Es ist keine Geschichte, die vor 2000 Jahren passiert ist, es ist kein heiliger Text, den gläubige Menschen andächtig lesen, es ist ein Text von erschreckender Aktualität. Denn bis heute greifen die gleichen Mechanismen. Wer den Machthabern in die Quere kommt, wird eliminiert. Es gibt immer einen, der käuflich ist und zum Verräter wird, es gibt immer Gründe, jemanden anzuklagen, und plötzlich werden Bündnisse geschlossen, die als undenkbar galten. Und es gibt niemand, der diesen Prozess aufhalten kann. Am Ende stehen Zerstörung und Tod. In der Passionsgeschichte stellt Pilatus den geschundenen Jesus vor die Menge und sagt: „Seht, der Mensch!“Es ist wie ein letzter Versuch, in all diesen widerstreitenden Interessen und Machtkämpfen auf den Menschen zu blicken, der all dem ausgeliefert ist. Doch dann beugt auch er sich den „Sachzwängen“und wäscht seine Hände in Unschuld. Mit dem gewaltsamen Tod dieses Menschen am Kreuz ist das Problem beseitigt.
Diese Lösung gilt bis heute, und wer tiefer darüber nachdenkt, weiß, dass es keine Lösung sein kann. Das ist nur die Erschöpfung eines Karsamstags, eine Sprachlosigkeit nach der Katastrophe. Für uns Christen eröffnet sich in unserem Glauben eine Erlösung aus der Todesspirale – wir feiern morgen Ostern, das Fest der Auferstehung. Für uns hat Gott das letzte Wort. Grausamkeit, Gier, Gewalt und Angst sind nicht das Ende, sondern sie werden besiegt durch Barmherzigkeit und Liebe. Diese Hoffnung und dieser Glaube wirken auch schon seit 2000 Jahren in den Menschen. Trauen wir dieser Kraft und feiern wir in diesem Glauben ein Fest des Lebens. Gesegnete Ostern!