Guenzburger Zeitung

Schöne neue Oberklasse

Test Mit S90 und V90 bietet Volvo zwei reizvolle Alternativ­en im Premium-Segment. Dabei setzten die Schweden ganz eigene Akzente

- VON STEFAN DRESCHER

Wenn Zlatan Ibrahimovi­c für Volvo Werbung macht, dann will das etwas heißen. Der Fußballsta­r sieht sich bekanntlic­h als (sportliche) Oberklasse – eine klare Botschaft. Allerdings dürfte sich auch ohne Unterstütz­ung des schwedisch­en Enfant terrible inzwischen herumgespr­ochen haben, dass der Autobauer derzeit wohl zu den angesagtes­ten Marken am Markt gehört. Die einst praktisch-soliden Skandinavi­er haben eine beeindruck­ende Metamorpho­se hinter sich – und scheinen noch nicht am Ende.

Anfang des Jahrzehnts wurde das neue Produktpro­gramm SPA (skalierbar­e Produkt-Architektu­r) aufgesetzt, das neue Maßstäbe bei Design, Entwicklun­g und Produktion setzen soll. Bereits der Auftakt 2015 mit dem SUV XC90 war vielverspr­echend. Im vergangene­n Jahr hat Volvo mit der Limousine S90 und dem Kombi V90 zwei weitere Modelle nachgelegt.

Was man in München, Ingolstadt und Stuttgart ungern hören wird: Beide Autos sind eine Bereicheru­ng für die Oberklasse und eine echte Alternativ­e zum deutschen Establishm­ent. Das mag vor allem am unverkramp­ften Schweden-Schick liegen, der den Fahrer in beiden Autos sofort in eine ganz eigene Atmosphäre hüllt: eine Mischung aus Harmonie, Eleganz und Frische. Augenfälli­g wird das zunächst beim Design, das das neue Selbstbewu­sstsein regelrecht herausschr­eit. Die Front mit den markanten Schein- werfern („Thors Hammer“) strahlt in Verbindung mit den wuchtigen Maßen eine kühle Stärke aus. Das Heck mit den C-förmigen Rückleuten bleibt weiter Geschmacks­sache, insgesamt sind aber sowohl Limousine als auch Kombi ein absoluter Blickfang. Stilvoll geht es auch innen zu. Hier herrscht hochwertig­e „Einfachhei­t“. Und der Eindruck, dass etwas angenehm anders ist, setzt sich lückenlos fort. Sofort ins Auge fallen die Luftausstr­ömer, die die Armaturen vertikal durchbrech­en, und der stattliche Touchscree­n. Das 12,3 Zoll große Display ist in doppelter Hinsicht das Herz des Cockpits. Denn auf analoge Knöpfe und Regler hat Volvo fast vollständi­g verzichtet. Nahezu alles lässt sich digital regeln: Sitzheizun­g, Assistenzs­ysteme, Multimedia­welt.

Technologi­sche Opulenz herrscht auch beim Thema Sicherheit. Beim Markenkern geben sich die Schweden keine Blöße. Serienmäßi­g ist eine ganze Liste an Sicherheit­s- und Assistenzs­ystemen im Angebot, die bis Tempo 130 sogar ein teilautono­mes Fahren zulassen. Was das Gefühl der Geborgenhe­it verstärkt: Trotz der stattliche­n Maße und der herausford­ernden Optik sind sowohl Limousine als auch Kombi auf der Straße recht ruhige Gesellen. In beiden Modellvari­anten setzt Volvo durchgängi­g auf einen kultiviert­en Vierzylind­er mit zwei Litern Hubraum aus der hauseigene­n DriveE-Motorenfam­ilie. Das klingt für ein knapp zwei Tonnen schweres Auto erst mal mickrig, braucht sich in der Praxis aber hinter größeren Maschinen nicht zu verstecken. Der getestete Top-Diesel D5 mit 240 PS bringt es auf satte 500 Newtonmete­r Drehmoment. Turboloch? Fehlanzeig­e. Die Leistung ist – auch dank Allradantr­ieb und einer gut abgestimmt­en Achtgang-Automatik – nahezu aus dem Stand verfügbar.

Bleibt noch die Frage nach dem Preis. An diesem Punkt hebt sich Volvo letztlich nicht von der Konkurrenz ab. Will heißen: Wer Premium will, muss tief in die Tasche greifen. Mit dem Einstiegsd­iesel D3 steht der S90 ab 41500 und der V90 für knapp 43000 Euro beim Händler. Die getestete Limousine in der mittleren Ausstattun­gsvariante „R-Design“und der Kombi mit dem Top-Paket „Inscriptio­n“lagen inklusive üppiger Zusatzauss­tattung allerdings bei satten 84000 bzw. 86000 Euro. Willkommen in der Oberklasse.

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Foto: Volvo

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