Schöne neue Oberklasse
Test Mit S90 und V90 bietet Volvo zwei reizvolle Alternativen im Premium-Segment. Dabei setzten die Schweden ganz eigene Akzente
Wenn Zlatan Ibrahimovic für Volvo Werbung macht, dann will das etwas heißen. Der Fußballstar sieht sich bekanntlich als (sportliche) Oberklasse – eine klare Botschaft. Allerdings dürfte sich auch ohne Unterstützung des schwedischen Enfant terrible inzwischen herumgesprochen haben, dass der Autobauer derzeit wohl zu den angesagtesten Marken am Markt gehört. Die einst praktisch-soliden Skandinavier haben eine beeindruckende Metamorphose hinter sich – und scheinen noch nicht am Ende.
Anfang des Jahrzehnts wurde das neue Produktprogramm SPA (skalierbare Produkt-Architektur) aufgesetzt, das neue Maßstäbe bei Design, Entwicklung und Produktion setzen soll. Bereits der Auftakt 2015 mit dem SUV XC90 war vielversprechend. Im vergangenen Jahr hat Volvo mit der Limousine S90 und dem Kombi V90 zwei weitere Modelle nachgelegt.
Was man in München, Ingolstadt und Stuttgart ungern hören wird: Beide Autos sind eine Bereicherung für die Oberklasse und eine echte Alternative zum deutschen Establishment. Das mag vor allem am unverkrampften Schweden-Schick liegen, der den Fahrer in beiden Autos sofort in eine ganz eigene Atmosphäre hüllt: eine Mischung aus Harmonie, Eleganz und Frische. Augenfällig wird das zunächst beim Design, das das neue Selbstbewusstsein regelrecht herausschreit. Die Front mit den markanten Schein- werfern („Thors Hammer“) strahlt in Verbindung mit den wuchtigen Maßen eine kühle Stärke aus. Das Heck mit den C-förmigen Rückleuten bleibt weiter Geschmackssache, insgesamt sind aber sowohl Limousine als auch Kombi ein absoluter Blickfang. Stilvoll geht es auch innen zu. Hier herrscht hochwertige „Einfachheit“. Und der Eindruck, dass etwas angenehm anders ist, setzt sich lückenlos fort. Sofort ins Auge fallen die Luftausströmer, die die Armaturen vertikal durchbrechen, und der stattliche Touchscreen. Das 12,3 Zoll große Display ist in doppelter Hinsicht das Herz des Cockpits. Denn auf analoge Knöpfe und Regler hat Volvo fast vollständig verzichtet. Nahezu alles lässt sich digital regeln: Sitzheizung, Assistenzsysteme, Multimediawelt.
Technologische Opulenz herrscht auch beim Thema Sicherheit. Beim Markenkern geben sich die Schweden keine Blöße. Serienmäßig ist eine ganze Liste an Sicherheits- und Assistenzsystemen im Angebot, die bis Tempo 130 sogar ein teilautonomes Fahren zulassen. Was das Gefühl der Geborgenheit verstärkt: Trotz der stattlichen Maße und der herausfordernden Optik sind sowohl Limousine als auch Kombi auf der Straße recht ruhige Gesellen. In beiden Modellvarianten setzt Volvo durchgängig auf einen kultivierten Vierzylinder mit zwei Litern Hubraum aus der hauseigenen DriveE-Motorenfamilie. Das klingt für ein knapp zwei Tonnen schweres Auto erst mal mickrig, braucht sich in der Praxis aber hinter größeren Maschinen nicht zu verstecken. Der getestete Top-Diesel D5 mit 240 PS bringt es auf satte 500 Newtonmeter Drehmoment. Turboloch? Fehlanzeige. Die Leistung ist – auch dank Allradantrieb und einer gut abgestimmten Achtgang-Automatik – nahezu aus dem Stand verfügbar.
Bleibt noch die Frage nach dem Preis. An diesem Punkt hebt sich Volvo letztlich nicht von der Konkurrenz ab. Will heißen: Wer Premium will, muss tief in die Tasche greifen. Mit dem Einstiegsdiesel D3 steht der S90 ab 41500 und der V90 für knapp 43000 Euro beim Händler. Die getestete Limousine in der mittleren Ausstattungsvariante „R-Design“und der Kombi mit dem Top-Paket „Inscription“lagen inklusive üppiger Zusatzausstattung allerdings bei satten 84000 bzw. 86000 Euro. Willkommen in der Oberklasse.