Türkei: Deligöz traurig über das Ergebnis
Votum hier Lebender macht sie nachdenklich
Ein trauriges Ergebnis: So bezeichnet Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz (Grüne) das Resultat des Referendums über die Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei unter Recep Tayyip Erdogan.
Aber eigentlich sieht Deligöz die ganze Sache lieber von der anderen Seite: „Trotz der herrschenden Bedrohung in der Türkei hat die dortige Opposition es geschafft, die Hälfte der Wähler davon zu überzeugen, dass das Präsidialsystem schlecht ist“, sagt Deligöz. Wichtig sei, im Kopf zu behalten, dass „Erdogan nicht die ganze Türkei repräsentiert“. Die Abgeordnete bewundert diejenigen, die unter „wahnsinnigem Druck“auf die Straßen gegangen sind.
Traurig macht sie eigenen Angaben nach hingegen vor allem das Ergebnis in Deutschland. Obwohl nur ein Teil der Wahlberechtigten abgestimmt hat, zeige dies vor allem eine Sache: Wie selbstverständlich die Freiheitsrechte für die in Deutschland lebenden Menschen sind – „obwohl sie nicht selbstverständlich sind“. Was man sehr gut an der Türkei sehen könne. Der Auftrag für die Politik sei deswegen klarer denn je: „Wir müssen die Demokratie verteidigen.“
Für die Gesellschaft sei das Thema sowieso ein emotionaler Supergau. „Es spaltet die Gesellschaft – in der Türkei und in Deutschland“, sagt Deligöz. Und wer einmal hinter Erdogan aufräumt, sei noch unklar. Deswegen seien jetzt schon Brückenbauer zwischen den Gruppen mit unterschiedlichen Meinungen nötig. Für Europa sei das mit dem Referendum beschlossene Präsidialsystem ein „no go“.
Die Europäische Union müsse jetzt handeln. Und dabei spricht Deligöz nicht vom EU-Beitritt – das Thema sei schon lange vorbei. Das Einzige, was die Türkei interessiere, sei die Zoll-Union. Die Europäische Union müsse die Bedingungen des freien Handels für die und mit der Türkei nun neu definieren. „Die Zeiten, in denen Wirtschaft und Politik getrennt sind, sind vorbei“, sagt Deligöz. Man müsse allen klar machen, dass wirtschaftliche Vorteile an politische Bedingungen geknüpft seien. (gz)