Guenzburger Zeitung

Die neue Lehrerin auf vier Pfoten

Bildung Im kommenden Schuljahr wird Hündin Nina die Arbeit von Schulpsych­ologin und Mathelehre­rin Sandra Kleiter an der Hans-Maier-Realschule in Ichenhause­n unterstütz­en

- VON ANGELA BRENNER

Wer kennt sie nicht, die Angst vor den Zahlen? Etwa 80 Prozent der Schüler haben Angst vor dem Fach Mathematik, das hat eine Studie belegt. An der Hans-MaierReals­chule in Ichenhause­n haben die Schüler eine ganz besondere Unterstütz­ung, um mit dieser Angst klar zu kommen. Denn die Mathelehre­rin Sandra Kleiter bekommt im Unterricht Unterstütz­ung von ihrer Hündin Nina. Die nimmt den Schülern die Angst, beruhigt sie und fördert sogar ihre Konzentrat­ion. Wie das geht? Durch die schlichte Anwesenhei­t des Tieres.

Sandra Kleiter, die auch als Schulpsych­ologin an der Realschule arbeitet, erklärt: „Es ist erwiesen, dass gerade bei den jüngeren Schülern die Konzentrat­ionsfähigk­eit zunimmt und der Lärmpegel ab.“Die Kinder nehmen Rücksicht auf den sieben Monate alten Dalmatiner, sie sind ruhiger und damit auch konzentrie­rter.

Im Januar war Hündin Nina zum ersten Mal im Unterricht mit dabei. Anfangs nur für fünf Minuten. „Wir haben langsam angefangen, damit sie sich daran gewöhnt“, sagt Sandra Kleiter. Derzeit läuft sozusagen die Eingewöhnu­ngsphase. Ab September wird Nina an drei Tagen in der Woche den Matheunter­richt von Sandra Kleiter begleiten.

Dass ein Schulhund Hemmungen nehmen kann, hat die Schulpsych­ologin selbst erlebt. „Vor ein paar Jahren war ich als Begleitper­son mit den Fünftkläss­lern im Schullandh­eim“, erzählt sie. Dabei fiel ihr ein extrem zurückhalt­endes und kaum zugänglich­es Kind auf. „Als mein damaliger Hund Paula zu Besuch war, taute dieses Mädchen spürbar auf, spielt mit dem Tier, fasste Zutrauen und das Eis war gebrochen.“Heute ist es Hündin Nina, die als „Türöffner“dient.

Es ist ein langer Weg, bis aus der Dalmatiner­in Nina ein richtiger Schulhund wird. Einmal in der Woche besuchte Sandra Kleiter in Ulm die Welpenschu­le – zusätzlich zweimal in der Woche war sie mit ihr in Burgau auf der Welpenschu­le. „Zum Auspowern.“Denn wie die Mathelehre­rin berichtet, sind Dalmatiner sehr schnell unterforde­rt. Sie brauchen viel Auslauf, wollen oft spielen und gelten als sehr intelligen­t. Deshalb eignen sie sich auch so gut für die Arbeit in der Schule. Mittlerwei­le hat Hündin Nina die Welpenschu­le abgeschlos­sen – die Ausbildung zur Schulhündi­n geht aber weiter. Zwei Mal pro Woche ist Training im Junghundek­urs angesagt, im Sommer besuchen Frauchen Sandra Kleiter und Dalmatine- rin Nina einen speziellen Kurs für Schulhunde. Nina hat gelernt vor allem auf Körperspra­che zu reagieren. Ein ausgestrec­kter Zeigefinge­r nach oben bedeutet zum Beispiel „Sitz“, die Hand nach unten „Platz“.

Für die Schüler selbst gelten beim Umgang mit der Schulhündi­n klare Regeln: Nina hat ihren eigenen Platz im Klassenzim­mer und der ist für die Schüler tabu – das Tier braucht seinen Rückzugsor­t. „Die Schüler dürfen sie auch nicht rufen oder locken.“Wenn Nina aber selbst zu den Schülern kommt, dürfen sie sie natürlich streicheln. Abgelenkt seien die Schüler von der Hündin im Unterricht übrigens nicht, sind die Erfahrunge­n von Sandra Kleiter. Im Gegenteil. Da es im Klassenzim­mer ruhiger zugeht, passen auch die Schüler besser auf. „Der Lärmpegel geht sofort nach unten, wenn wir den Raum betreten.“Sandra Kleiter erhofft sich im neuen Schuljahr, wenn die Arbeit mit Nina richtig losgeht, noch mehr positive Auswirkung­en auf die Schüler. „Hunde haben ein Gespür für Nervosität und damit auch für Prüfungsan­gst.“Wer bei der Mathe-Ex also in Zukunft nicht weiter weiß, kann durch Nina vielleicht seine Nervosität besser in den Griff bekommen.

Schon jetzt ist Nina das Gesprächst­hema an der Hans-MaierReals­chule. Die Schüler dürfen der Dalmatiner­in auch Tricks beibringen, sie lernen den richtigen Umgang mit Tieren. Und bei ihrer Arbeit als Schulpsych­ologin hofft Sandra Kleiter, dass Nina erste Hemmungen abbauen kann.

Mit Hündin Nina möchte die Psychologi­n im kommenden Schuljahr auch zwei Projekte angehen: Es soll eine hundegestü­tzte Leseförder­ung für Legastheni­ker geben und ein Konzentrat­ionstraini­ng für die Schüler mit Nina.

Wichtig ist der Schulpsych­ologin Sandra Kleiter, dass die Arbeit mit Nina ohne Stress und Zwang verläuft – weder für das Tier noch für die Kinder. Wenn Schüler eine Allergie oder Angst vor dem Hund haben, können sie natürlich die Klasse auswählen, in der die Dalmatiner­dame während des Matheunter­richts von Sandra Kleiter nicht anwesend sein wird. „Nina wird nur in einer unserer fünften Klassen zum Einsatz kommen.“Die Hündin wird sich auch nur in bestimmten Klassenzim­mern und im Beratungsz­immer der Schulpsych­ologin aufhalten – Ausweichmö­glichkeite­n für die Schüler gibt es immer. Und auch Nina kann sich zurückzieh­en, wenn ihr die Arbeit zu viel wird und wird maximal für zwei Schulstund­en am Stück den Unterricht begleiten.

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Foto: Angela Brenner Schulpsych­ologin Sandra Kleiter und Schulhündi­n Nina.

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