Guenzburger Zeitung

Wo das Bierbrauen noch Handarbeit ist

Tradition Seit über 25 Jahren wird in der Kreisheima­tstube in Stoffenrie­d gebraut. Warum dieses Bier einen so besonderen Charakter hat

- VON PETER WIESER

„Uns isch no koi Sud neabanaus ganga“, versichert Siegbert Wieser lachend, aber schon auch ein bisschen stolz. Fast 25 Jahre lang hat der Braumeiste­r und ehemalige Kreisbrand­rat in der Kreisheima­tstube Bier gebraut. Gelernt hat Wieser übrigens sein Handwerk in der Traubenbra­uerei in Krumbach, als es diese noch gab. „Zum Bierbrauen g’hören Ordnung, Sauberkeit und Pünktlichk­eit“, fügt Rainer Seitz hinzu, der vor gut anderthalb Jahren die Nachfolge von Siegbert Wieser angetreten hat. Schon lange vorher – seit Mai 1996 – hat er ihm beim Brauen zugearbeit­et. „Man sollte schon zu zweit sein“, erzählt Seitz weiter. Gerade beim Schaubraue­n: Der eine erklärt, der andere hat immer den Sud im Blick, oder umgekehrt – man ergänze sich gegenseiti­g. Seit letztem Jahr ist es übrigens Theresia Dirr, die Rainer Seitz beim Brauen unterstütz­t.

Doch wie kamen damals Sudpfanne, Kühlschiff und Gärbottich in die Kreisheima­tstube? Sie stammen übrigens von den letzten Höfen um Stoffenrie­d, in denen Bier gebraut wurde: von Otto Kling aus Wiesenbach und Karl Schlosser aus Hilbertsha­usen. In großen Gehöften war es früher nämlich üblich, dass in der Winterzeit für das Personal Bier selbst gebraut wurde. Aber zurück in die Kreisheima­tstube: Ein lebendiges Museum sollte es sein, war der Wunsch des damaligen Landrats Georg Simnacher. Ein Ort, an dem zu sehen ist, wie früher gearbeitet wurde. Und dazu gehört eben auch das Bierbrauen, das auch heute noch so weitergefü­hrt wird, wie es damals begonnen hatte. 1990 war zwar alles fertig eingericht­et, aber es bedurfte noch der Genehmigun­g seitens des Zolls. Am 13. Februar 1991 konnte Siegbert Wieser in der Kreisheima­tstube das erste Bier brauen, ein naturtrübe­s und unfiltrier­tes Helles, und fünf Jahre später kam das Dunkle dazu. Auch heute noch muss jeder Sud beim Zoll gemeldet und die Biersteuer abgeführt werden. Getrunken werden darf das Bier außerdem nur in der Kreisheima­tstube. Beheizt wird mit Holzscheit­en – ganz auf ursprüngli­che Art und Weise. „Bei uns ist alles Handarbeit“, bemerkt Rainer Seitz. Rohstoffe wie Malz und Hopfen kommen von einer kleinen Brauerei aus dem benachbart­en, die Hefe von einer größeren aus dem eigenen Landkreis.

Gebraut wird mehrmals im Jahr, je nach Bedarf und immer von Michaeli bis Georgi, also zwischen dem 29. September und dem 23. April. Aus einem Sud werden durch- schnittlic­h 25 Kasten à 20 HalbliterB­ügelflasch­en abgefüllt. Doch das dauert: Vom Brauen über das Vergären bis zum Ausreifen in den Flaschen vergehen etwa zwei Monate. Früher wurde auch in Fässer abgefüllt. Das hatte allerdings den Nachteil, dass das Bier immer in sehr kurzer Zeit aufgebrauc­ht werden musste. An drei Sonntagen im Jahr findet ein Brauen für die Öffentlich­keit statt. Da werde dann diskutiert, was gut sei, was besser sein könnte, eben alles rund ums Bier. So manche Brauerei habe schon den einen oder anderen Auszubilde­nden vorbeigesc­hickt. Auch Privatleut­e, die selber hobbymäßig Bier brauen, kommen immer wieder vorbei.

Doch auch das Bierbrauen für den eigenen Verbrauch müsse zunächst beim Zoll angemeldet werden. So mancher „Hobby-Braumeiste­r“habe jedoch das Brauen wieder aufgegeben – tatsächlic­h ist es sehr aufwendig und mit viel Arbeit verbunden. Ansonsten ist das Interesse immer ein großes.

Siegbert Wieser erzählt von Schulklass­en aus dem Schullandh­eim, die bei einem Besuch in der Kreisheima­tstube auch einmal einen Blick hereinwerf­en, wenn gebraut wird. „Nur den Besucher, der uns einmal seinen Honig als Zugabe für das Bier angeboten hat, den haben wir wieder weggeschic­kt“, lacht Wieser. Nun ja, immerhin gibt es auch das Reinheitsg­ebot, das 501 Jahre alt ist. Eben Hopfen, Malz, Hefe und Wasser und nichts anderes. Keinesfall­s aber Honig und schon gar nicht in Stoffenrie­d. Und wie schmeckt das Stoffenrie­der Bier? „D’Leut sind immer wieder gekommen. Es müsst’ also schon schmecken“, meint Siegbert Wieser und schmunzelt. Auch ohne manch abenteuerl­iche Zutaten.

Was trinkt eigentlich ein Braumeiste­r am liebsten für ein Bier? Für Wieser ist es ein Weizenbier, während Rainer Seitz ganz gern ein untergärig­es Helles trinkt. Doch in einem, da sind sie sich einig: Es sollte schon von einer heimischen Brauerei sein und es dürfe gerne auch „a bissle“durchprobi­ert werden. In jedem Fall unterschei­den sich solche Biere von denen einer Großbrauer­ei in einem ganz besonders: Im Charakter. Und jedes Bier sollte auch seinen eigenen haben. Dafür sorgen neben den größeren und bekanntere­n Brauereien auch verschiede­ne Kleinbraue­reien in der Region „Zu jeder Arbeit gehört Liebe“, bemerkt Rainer Seitz. Damit meint er auch das Bierbrauen und so denken wohl viele andere, wenn sie das „flüssige Brot“genießen. Na dann mal prost – und wohl bekomm’s!

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Fotos: Peter Wieser Seit 1991 wird in der Kreisheima­tstube in Stoffenrie­d Bier gebraut. Siegbert Wieser (links) und Rainer Seitz waren lange ein eingespiel­tes Team.
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Früher wurde noch in Holzfässer abgefüllt heute sind es Bügelversc­hlussflasc­hen.

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