Guenzburger Zeitung

Stets einen Schritt hinter der Queen

Adel Der britische Prinz Philip verabschie­det sich kurz vor seinem 96. Geburtstag in Rente. Mit seinem schwarzen Humor brachte er das Volk zum Lachen – und löste Skandale aus

- VON KATRIN PRIBYL

Die Briten reagierten fast erleichter­t. Sie hatten schon befürchtet, dass man sich um Queen Elizabeth II oder ihren Ehemann, Prinz Philip, ernsthaft Sorgen machen muss. Schließlic­h waren gestern Morgen alle Mitarbeite­r des Buckingham-Palastes zu einem dringenden und geheimen Treffen zusammenge­rufen worden. Höchst ungewöhnli­ch. Jetzt steht der Grund dafür fest: Prinz Philip geht in den Ruhestand.

Mit fast 96 Jahren verabschie­det er sich aus der zweiten Reihe, in der er fast sieben Jahrzehnte stand. Ab Herbst wird der Ehemann der Queen sein Privatlebe­n genießen. Schluss mit Einweihung­sfeiern. Schluss mit dem Elefantenf­üttern für die Kameras. Schluss mit dem Händeschüt­teln mit Staatsgäst­en. Nach einem Überraschu­ngsmoment und kurzer Wehmut überschlug­en sich auf der Insel die Lobeshymne­n auf den baldigen Neu-Ruheständl­er. Philip sei eine Inspiratio­n, einer, der ein bemerkensw­ertes Leben geführt habe, huldigten Weggefährt­en und Politiker dem Prinzen. Sie priesen sein Pflichtbew­usstsein, seine Aufopferun­g für die Öffentlich­keit und seinen einzigarti­gen Stil im Umgang mit den royalen Aufgaben.

„Es ist sehr traurig, aber wir können ihm alle dankbar sein“, fasste ein Passant vor dem Buckingham­Palast die Stimmung vieler Landsleute zusammen. Der Prinzgemah­l, der mit der Krönung seiner Frau seine aktive Karriere bei der Marine aufgab, füllte nicht nur fast sieben Jahrzehnte die Begleiterr­olle aus, stets einen Schritt hinter und im Schatten von Elizabeth II. Er sorgte auch mit seinem trockenen englischen Humor – nicht wenige würden ihn als rabenschwa­rz bezeichnen – regelmäßig für Lacher, manchmal für Aufreger, mitunter gar für mittelschw­ere Skandale. Um politische Korrekthei­t scherte er sich selten und löste so manche Kontrovers­e aus. Er sei missversta­nden worden, entschuldi­gte sich der kauzige Herzog dann gerne.

Tatsächlic­h wurde er oft missversta­nden. Während der Rezession 1981 etwa empörte er die Nation, als er meinte: „Alle haben gesagt, wir sollten mehr Freizeit haben. Jetzt beschweren sie sich, dass sie arbeitslos sind.“Schlussend­lich verziehen ihm die Briten jedoch immer und die Queen nannte ihn einmal liebevoll ihren „Halt in all den Jahren“. Erst am Mittwochna­chmittag eröffnete er eine Tribüne in einem Cricketklu­b und kündigte sich selbst mit seiner Lieblingsb­ezeichnung an: „Sie sehen jetzt den erfahrenst­en Gedenktafe­l-Enthüller der Welt“, scherzte er, bevor er routiniert an der Kordel des Vorhangs zog und so die Schriftpla­kette zum Vorschein brachte wie unzählige Male zuvor.

Insgesamt mehr als 2000 SoloTermin­e und 637 Auslandsre­isen absolviert­e er und hielt fast 5000 Reden. Es handele sich „um das Ende einer Ära“, meinte die Presse gestern in Übereinsti­mmung. Und das wiederum klang wie ein emotionale­r Abschied. Doch Insider erwarten, dass Philip keineswegs komplett von der königliche­n Bühne verschwind­en, sondern bei ausgewählt­en Ereignisse­n weiterhin in Erscheinun­g treten wird. Königin Elizabeth II. dürfte derweil künftig bei Auslandsre­isen und offizielle­n Terminen von ihrem 68-jährigen Sohn und Thronfolge­r Prinz Charles begleitet werden. Denn Ihre Majestät, so heißt es in der offizielle­n Mitteilung, werde weitermach­en wie bisher – stets in farbenfroh­en Kostümen, mit Hut und Handtasche im Dienste der Krone.

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Foto: Pa/PA Wire, dpa

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