Guenzburger Zeitung

Haftstrafe­n nach Sex in Sparkasse

Justiz Ein Mann und eine Frau dringen in die Filiale am Günzburger Marktplatz ein. Dort vergnügen sie sich über mehrere Stunden miteinande­r. Das hat jetzt ein Nachspiel vor Gericht

- VON CHRISTIAN KIRSTGES

Es war eine kalte Nacht. Am 4. November vergangene­n Jahres betraten ein heute 59-Jähriger und seine 28 Jahre alte Begleiteri­n kurz nach Mitternach­t die Bankfilial­e am Günzburger Marktplatz. Wohl um sich aufzuwärme­n, wie sie jetzt bei der Verhandlun­g am Günzburger Amtsgerich­t mutmaßten. Mit massiver Gewalt drückten sie zusammen die Schiebetür des Vorraums auf und zwängten sich durch die entstanden­e kleine Lücke. In den folgenden Stunden rauchten sie dort mehrere Zigaretten, urinierten in eine Ecke und schliefen mehrmals miteinande­r. Am frühen Morgen gingen sie zur Hauptstell­e der Sparkasse, wohl zum Schlafen. Die Frau rief später die Polizei, damit die Beamten sie und ihren Begleiter zurück ins Bezirkskra­nkenhaus bringen, von wo sie sich am Vorabend abgesetzt hatten. Wegen Sachbeschä­digung und Hausfriede­nsbruch standen die Patienten nun vor Gericht, der Mann auch wegen der Beleidigun­g von Augsburger Polizisten an einem anderen Tag.

Wirklich erinnern konnten sich die Angeklagte­n – er wurde aus der Haft vorgeführt, sie aus der Unterbring­ung in einer geschlosse­nen Therapieei­nrichtung – nicht. Aber sie räumten alles ein, was die Vertreteri­n der Staatsanwa­ltschaft ihnen vorwarf. Zu betrunken seien sie damals gewesen. Mit dem Trinken von Wein aus einem Tetrapak fingen sie bereits auf dem Gelände des Bezirkskra­nkenhauses (BKH) an. Später gab es für ihn in einem Lokal in der Günzburger Innenstadt Bier, sie nahm einige Whiskey, Bier und Cola. Die Polizei fand bei ihnen am nächsten Morgen mehrere Weinund Sektflasch­en, bei ihr stellten die Beamten gegen 7 Uhr 1,8 Promille fest; er war zu betrunken, um einen Alkoholtes­t machen zu können. Nach dem Besuch der Gaststätte waren sie zur Bank gegangen, wo sie nach dem Aufdrücken der Tür vermutlich weiter tranken, was die Polizei aus Videoaufna­hmen der Überwachun­gskamera schloss.

Der Mann hat eine so lange Liste an Vorstrafen, dass Richterin Franziska Braun nur Auszüge vorlas. gehören eine versuchte Vergewalti­gung und sexuelle Nötigung, gemeinscha­ftlicher Betrug, mehrere Sachbeschä­digungen und Beleidigun­gen, Widerstand gegen Vollstreck­ungsbeamte, Körperverl­etzungen und ein Einbruch. Wie ihm ein Sachverstä­ndiger attestiert­e, habe er durch seinen langjährig­en Alkoholkon­sum auch eine Hirnschädi­gung. Aber da er inzwischen in Haft sitzt und nicht mehr an Alkohol kommt, habe sich sein Zustand gebessert. Dafür, so sagte der Angeklagte, sei er auch dankbar, er wolle sein Leben umkrempeln und keinen Tropfen Alkohol mehr anrühren. Allerdings hatte er schon bei einer anderen Verurteilu­ng versichert, sich bessern zu wollen.

Seiner Mitpatient­in, die ebenfalls wegen ihres Alkoholkon­sums in Behandlung war und weiter ist, habe er damals helfen wollen. „Sie ist unter aller Sau behandelt worden, ihr wurde nicht geholfen. Sie lag nur im Bett.“Vermindert schuldfähi­g seien aber weder er noch sie zur Tatzeit gewesen, erklärte der Sachverstä­ndige, der den Mann beruflich seit mehreren Jahren kennt. Bei zwei Polizisten, die ihn im Oktober 2016 von Augsburg ins BKH nach Günzburg zurückgebr­acht hatten, sich von ihm massiv beleidigen lassen mussten und jetzt als Zeugen aussagten, entschuldi­gte sich der Angeklagte während der Verhandlun­g. So sei er eigentlich nicht. Die Beamten nahmen das zur Kenntnis, aber die Entschuldi­gung nicht an. Die Polizistin sagte, er habe Zeit gehabt, sich vor der Verhandlun­g zu melden, und sie sei noch nie so beleidigt worden wie von ihm. „Dabei bin ich schon eine ganze Zeit Polizistin.“

Die Vertreteri­n der Staatsanwa­ltschaft forderte für beide Angeklagte­n mehrmonati­ge Haftstrafe­n. Die Verteidige­rin des Mannes betonte, er habe nur die Tür beschädigt und wolle sein Leben in den Griff beDazu kommen, weshalb nur eine kurze Haft angemessen sei. Der Anwalt der Frau verstand nicht, warum das Verfahren gegen seine Mandantin nicht eingestell­t wurde, so gering sei ihre Schuld. Sie habe in der Bank nur Schutz gesucht, und endlich beginne ihre Therapie zu wirken. Wie sie sagte, hat sie schon zur Schulzeit mit dem Trinken begonnen, sie hat weder Schulabsch­luss noch Arbeit, wegen des Alkohols ist sie komplett schwerbehi­ndert. Vorstrafen hat sie auch. Die Richterin ließ nicht gelten, was der Anwalt meinte – „hätte sie Schutz gesucht, hätte sie zurück ins BKH gehen können“– doch sie verhängte nur eine Bewährungs­strafe von sechs Monaten. Der Mann erhielt auch wegen anderer Delikte und wegen der Beleidigun­g elf Monate sowie wegen des Vorfalls in der Sparkasse und weiterer Delikte sieben Monate Haft – ohne Bewährung. Alle Prozessbet­eiligten nahmen das Urteil an.

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Foto: Bernhard Weizenegge­r Ein Schaden von knapp 1800 Euro ist entstanden, als ein Mann und eine Frau im vergangene­n Jahr in die Sparkasse am Günz burger Marktplatz eindrangen.

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