Bahnstrecke: Jetzt geht es um die Wurst
Der Ausbau zwischen Ulm und Augsburg steht im vordringlichen Bedarf des Bundes. Die Anliegergemeinden wollen mitreden, wie er aussehen soll
Die Diskussion soll öffentlich laufen
Dass das Schaubild so aussieht, ist Zufall, aber es beschreibt den Zustand ziemlich treffend: Für die Städte und Gemeinden entlang der Bahn zwischen Ulm und Augsburg geht es um die Wurst. Und die erstreckt sich tatsächlich in Form einer dicken, gebogenen Kurve über die Region, die einem Metzgereiprodukt nicht unähnlich sieht. Ulrich Lange, verkehrspolitischer Sprecher der CDU/CSU Fraktion im Bundestag, brachte damit die Vertreter der Gemeinden im Jettinger Rathaus zum Schmunzeln – bevor sie sich wieder mit dem gebotenen Ernst des Themas annahmen.
Tatsächlich hatte die Aufnahme des Bahnprojekts, in den vordringlichen Bedarf des neuen Bundesverkehrswegeplans 2030, für Aufruhr in der Region gesorgt – war doch plötzlich von einer Trasse die Rede, durch die unter anderem Günzburg vom Fernverkehr abgeschnitten gewesen wäre. Eine solche Trasse sei jedoch nicht festgelegt, betonte Lange im Jettinger Rathaus. „Es gibt derzeit keine gefundene Trasse, die der Bund den Planungen zugrunde legt.“Stattdessen gibt es einen groben Vorstellungsrahmen – eben jener wurstförmige Korridor.
Lange nennt das Vorhaben das wichtigste Schienenprojekt Schwabens: Dabei geht es darum, den Flaschenhals auf der Magistrale Paris– München–Wien–Budapest aufzulösen, wo ab Dinkelscherben die Züge auf maximal 120 Stundenkilometer heruntergebremst werden müssen. Das Ziel: Die Bahnstrecke soll schneller werden, der Fernverkehr zwischen Neu-Ulm, Günzburg, Jettingen und Dinkelscherben bis zu 200 oder 250 Stundenkilometer schnell fahren können. Der Weg dorthin steht allerdings noch nicht fest.
Bevor die Bahn nun ihre Pläne erstellt, sollen sich deshalb die Gemeinden in der Region Gedanken darüber machen, wohin die Reise aus ihrer Sicht gehen soll. Landtagsabgeordneter Alfred Sauter stellte klar: „Ein Punkt, bei dem wir uns doch schon verständigt haben, ist, dass wir den Fernverkehrshalt in Günzburg erhalten.“Dass diese Frage geklärt ist, hatte vor allem bei Günzburgs Oberbürgermeister Gerhard Jauernig für Erleichterung gesorgt. Er regte an, ähnlich wie bei der Planung des Legolands eine Arbeitsgruppe, unter Führung von Sauter zu bilden, um das gemeinsame Vorgehen zu planen. Experten, beispielsweise aus dem Bereich des Naturschutzes, könnten dazu kommen. Trotz aller Erfahrung: „Eine Bahntrasse habe ich in meiner politischen Laufbahn noch nie geplant“, so Jauernig.
Doch wie sieht die Meinungsbildung in den Städten und Gemeinden aus? Offingen muss sich mit der Frage beschäftigen, ob der als „Offinger Knie“bezeichnete Knick in der bisherigen Bahnstrecke zumindest vom Fernverkehr abgeschnitten werden kann. Für Burgau spielen Überlegungen zum Hochwasserschutz eine Rolle, so Dritter Bürgermeister Herbert Blaschke: „Für uns ist klar, dass wir auf die bestehende Trasse zurückgreifen müssen – und ein drittes Gleis ist nur östlich möglich.“Das dritte Gleis, das nach der bisherigen Planung in Dinkelscherben endet und nach Günzburg wieder aufgenommen werden würde, ist ebenfalls ein wichtiger Punkt für die Zukunftsplanung der Region. „Das ist eine Forderung, die wir aufstellen müssen“, sagte Jettingens Bürgermeister Hans Reichhart. Das Thema Bahntrasse bringt auch eine Menge Grundstücksfragen mit sich, warf Zusmarshausens Bürgermeister Bernhard Uhl ein. „Sollen wir darüber in unseren Stadt- und Gemeinderatsgremien besser nichtöffentlich beraten?“Alfred Sauter riet davon ab. „Sobald darüber diskutiert wird, kann man das nicht mehr aus der Öffentlichkeit heraushalten. Redet da gleich öffentlich drüber.“Eine weitere Empfehlung an die Gemeindevertreter lautete: Erst einmal keine detaillierten Strecken definieren, sondern die Punkte, die für die Kommunen wichtig sind.