Ein Hoch auf die bösen Russen
Der Fußball rüttelt nur ungern an seinen althergebrachten Regeln. Zu Recht. Warum sollte man etwas ändern, wenn inzwischen auch Hinz und Kunz den Unterschied zwischen passivem und aktivem Abseits erklären können. Viel experimentierfreudiger geben sich in der Beziehung die Eishockey-Gewaltigen.
Die Spielerzahl in der Verlängerung wurde immer weiter von fünf gegen fünf auf vier gegen vier und jetzt drei gegen drei reduziert. In ein paar Jahren treten nur noch die Torhüter gegeneinander an.
Oder auch ganz neu für die Weltmeisterschaft in Köln eingeführt: Wie in der amerikanischen Football-Liga NFL verkünden die Schiedsrichter über ein Kopf-Mikrofon und die Hallen-Lautsprecher ihre Entscheidungen dem Publikum selbst. Der Pucksport versucht wirklich alles, um sich Fan-freundlich zu präsentieren.
Außerdem antwortet der russische Trainer bereitwillig auf alle Journalistenfragen und wünscht den Medienschaffenden noch einen wunderschönen Abend in den Kölner Altstadtkneipen.
Scheeeerz. Macht er natürlich nicht. Mag irgendwann in ferner Zukunft die Sonne im Westen aufgehen oder der Papst evangelisch werden – der russische Eishockey-Trainer wird auf immer und ewig ein Betonkopf sein. Perestroika hin, Glasnost her. Im kalten Sport weht weiter ein eisiger Wind, zumindest in der Sbornaja. Auf englische Fragen in Köln antwortet Oleg Znarok mit ein paar dürren Formulierungen, die der smarte Dolmetscher meist in einen einzigen schlanken Satz gießt. Der russische Pressesprecher lässt freundlicherweise schon mal die Redundanzen, das Überflüssige, weg. Wie praktisch, mit den destillierten Aussagen lässt sich leichter arbeiten.
Oleg Znarok, das ist aus seiner Stürmerzeit beim Zweitligisten EV Landsberg verbürgt, kann ein lustiger Kerl sein. Doch als Nationaltrainer Russlands hat er sich während der Pressekonferenzen tief im Bauch der Lanxess-Arena im Griff. Der Blick bleibt grimmig, für ausschweifende Antworten wird keine Kraft vergeudet. Auf dem Podium steht der 54-Jährige fest in der Tradition seiner Vorgänger Viktor Tichonow oder Boris Michailow.
Dafür ein herzliches Spasibo an Oleg, danke. Neumodisches Zeugs hin oder her, in Putins Reich ist die Eishockey-Welt noch in Ordnung.