Über allem die Trompete
Musikalischer Frühling Drei Freunde, drei Kollegen, drei Instrumente treffen sich räumlich und musikalisch in der Mitte
Bemerkenswert: Zum Musikalischen Frühling im Schwäbischen Barockwinkel gab es am Wochenende eine Nord-Süd-Globalisierung der musikalischen Art. Zwei promovierte Orgel- und Cembalo-Wissenschaftler, Federico Del Sol aus Rom und Peter Weincke aus Kopenhagen, trafen sich, sowohl geografisch wie auch tonal, genau in der Mitte. In Günzburg. Bei Thomas Seitz und seiner Trompete. Drei Kollegen. Drei Freunde. Drei Gemeinschafts-Individuen. Das klingt nach fein gegliedert und in der Struktur durchhörbar. Ist es auch. Jedes Instrument bleibt klar und deutlich, als Einzelbeitrag wie auch im homogenen Gesamtklang.
Musiziert wurde im Chorraum vor dem Altar, mit transportabler Kleinorgel und geliehenem Cembalo. Auf dem Programm nicht ohrwurmhaltige Salonklassik á la HaydnundHummel, sondern auss ch ließlichun parfümierte, weltbildgirlanden umwickelte Barock rhetorik. Und zwar ganz ohne den Lord siegel bewahrer kosmisch-fugal er Polyfon ar istrokatie, Johann Sebastian Bach.
Geht das denn? Geht. Wenn auch „nur“mit Nebenfiguren im Tonfall Bach’scher Steilvorlagen. Mit Dietrich Buxtehudes viersätziger A- Dur Suite, oderPa ch elbels Choral bearbeitung des„ Allein zu dir, Herr Jesu Christ“, beides für Cembalo, mit dem Peter Weincke ein nuancenreiches Farbspektrum anlegte. Beschwingte Pracht bis hin zu ergreifendem Tiefsinn reflektierte. Mit Georg Philipp Telemanns luftig leichten Piécen aus seiner zwölfteiligen Suite, die Federico Del Sordo an der Orgel mit gravitätischem Ernst und virtuoser Eleganz effektvoll in Szene setzte. Die, trompeten verstärkt, mit Titeln wie„ Die Ruhe “, „Die Liebe“, „Die Tapferkeit“ein dezent-ironisches Duftwässerchen in Richtung Muttertag verstäubten.
Die Verbindung aller drei Instrumente erst beschwor den Inbegriff des „barocken Glanzes“, des klanglich edlen Seelentones herauf. Und über allem schwebten, warmgolden und klangpräsent, majestätische Trompetenlinien. Bewegend und pastos, in elegisch schwelgende Zartheit gehüllt von Thomas Seitz als dominantem Solisten. Mit hauchzartem Pianoansatz in Tomaso Albinoni B-Dur Konzert, mit fesselnd virtuoser Starkstrompower in den Allegrosätzen von Torellis D-Dur Concerto. Und singen ließ Thomas Seitz seine Piccolotrompete auch: die berühmte Sopran-Arie „Lascia ch’io pinaga“aus der Händel-Oper „Rinaldo“. Emotional und meditativ. Mit beseelter Kantabilität und allen Sinnbezügen vokaler Erotik. Der Ichenhauser Vorzeigetrompeter machte beinahe mühelos sein Instrument zum Indikator metallisch schwingender Räumlichkeit. Nahm mit atemberaubender Geläufigkeit Gefühle, Gedanken, Bilder auf. Schickte sie in die Weite, Höhe, Tiefe. Super cool, seine leichtgewichtige Trompetenunwi der stehlichkeit, seine blech bläserischf euer köpfi gen Sac ral-Pop-Leuchter s ch ei nun gen, vom delikat hin gehauchten Pianissimo zum berstenden F orte und wieder zurück. Hand in Hand mit kammer musikalischer Verve und perfekt ions gesättigter Noblesse.
Ein schwäbischer Vollrohr-Musiketepetist, dieser Thomas Seitz. Eine Aura Borealis am Trompetenhimmel.