Guenzburger Zeitung

Von der Leyens Aufräumakt­ion geht ins Leere

Bundeswehr Nur 41 Objekte mit Bezug auf die Wehrmacht werden bei den Durchsuchu­ngen im Kampf gegen rechtsextr­eme Tendenzen entdeckt

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Berlin Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen spricht nicht mehr von „Säuberunge­n“wie noch vor wenigen Tagen. Tagelang haben Verbandsch­efs und Kompaniefü­hrer die Kasernen der Bundeswehr durchsuche­n lassen. Die Soldaten sind durch die Räume gegangen, haben nach Stahlhelme­n Ausschau gehalten, nach Sprüchen, Andenken, Waffen und Zeichnunge­n aus einer düsteren Epoche deutscher Geschichte. Zum Ergebnis des Großreinem­achens äußert sich CDU-Politikeri­n von der Leyen am Mittwoch nur vage. „Es wäre jetzt nicht richtig, mit einer einzelnen Zahl zu kommen, weil die Qualität ganz unterschie­dlich ist“, sagt sie.

Später dringt aus dem Verteidigu­ngsausschu­ss, dass 41 Objekte gefunden wurden. Unter anderem wurden ein paar Münzen mit Wehrmachts­motiven und Wandbilder entdeckt, auch ein Modellflug­zeug der Wehrmacht soll dabei gewesen sein. „Nicht bahnbreche­nd, aber das war auch nicht das Ziel“, heißt es aus Ministeriu­mskreisen. Zur Wahrheit gehört schließlic­h auch, dass die Aktion bereits vorher öffentlich angekündig­t worden war.

„Ich kann nicht bewerten, ob das viel oder wenig ist“, sagt SPD-Verteidigu­ngsexperte Rainer Arnold. Klar müssten solche Dinge verschwind­en. Aber mit der Durchsuchu­ng habe von der Leyen die Misstrauen­skultur in der Truppe massiv verschärft. Zuletzt hatte das Abhängen eines Bilds von Ex-Kanzler Helmut Schmidt in Wehrmachts­uniform an der Bundeswehr-Uni in Hamburg für hitzige Diskussion­en gesorgt.

Grund für die Aufräumakt­ion waren Funde in Illkirch. Dort, wo der terrorverd­ächtige Oberleutna­nt Franco A. seinen Dienst verrichtet­e und wohl einen Anschlag plante, entdeckten sie in einem Gemeinscha­ftsraum Wehrmachts­helme im Regal und heroische Landser-Malereien an der Wand. „Monothemat­isch“ sei der Raum eingericht­et worden, sagt von der Leyen am Mittwoch. Dabei zierten in Illkirch auch Gegenständ­e aus anderen historisch­en Epochen den Raum. Vergleichb­ares habe man bei den weiteren Durchsuchu­ngen nicht mehr gefunden, sagt von der Leyen.

Parallel dazu rückt jetzt die Rolle des Bundesamte­s für Migration (Bamf) im Fall Franco A. weiter in den Fokus. Der Oberleutna­nt soll gemeinsam mit Komplizen aus einer rechtsextr­emen Gesinnung heraus einen Anschlag vorbereite­t haben. Den bisherigen Ermittlung­en zufolge wollte er dabei den Verdacht auf Flüchtling­e lenken – und hatte sich daher unter falscher Identität selbst als Asylsuchen­der aus Syrien registrier­en lassen. Obwohl er kein Arabisch spricht, hatte ihm das Bamf nach einer Anhörung auf Französisc­h Ende 2016 eingeschrä­nkten Schutz gewährt. Bei der Aufarbeitu­ng der Affäre hat das Amt augenschei­nlich bereits zahlreiche Fehler in anderen Asylverfah­ren entdeckt. Nach Überprüfun­g von bislang 1000 weiteren Verfahren seien in zehn bis 15 Prozent der Fälle Fehler aufgefalle­n, berichtet die Bild-Zeitung.

Das hat jetzt ungeahnte Folgen: Wegen der umfangreic­hen Untersuchu­ng im Zusammenha­ng mit dem Fall Franco A. stellt sich das Bamf auf neue Verzögerun­gen bei den laufenden Asylverfah­ren ein. „Kapazitäts­entzüge, die sich aufgrund der jetzt anberaumte­n Untersuchu­ngen im Fall Franco A. ergeben“, könnten zu einer „Verlangsam­ung beim Rückstands­abbau“führen, sagt eine Behördensp­recherin.

In der Politik lesen Sie, warum die Bundeswehr sich noch immer schwertut, eine klare Linie für den Umgang mit dem dunklen Erbe der Wehrmacht zu finden. (dpa, AZ)

Bamf: War der Fall Franco A. nur der Anfang?

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