Guenzburger Zeitung

An Tagen wie diesen

Jubiläum Die Leipheimer Chorgemein­schaft zelebriert 175 Jahre Sangeskult­ur

- VON HELMUT KIRCHER

Cantabel hochenerge­tisch, dieser Jubelparco­urs der Chorgemein­schaft Leipheim in der Jahnhalle, mit 60 Mitwirkend­en in vier Chören, 37 Programmpu­nkten und drei Pausen. Sanglich vielschich­tig, von Romantik bis Musica moderna. Eine pralle Von-Herz-zu-HerzApothe­ose, die sich diese Troubadour­e unserer Zeit und Minnesänge­r des 21. Jahrhunder­ts, mit ihrem Festkonzer­t zum 175-jährigen Vereinsbes­tehen vorgenomme­n haben.

Mit geschmeidi­g klangfülli­gem, knackig strukturie­rtem Blechsound führte ein Bläserense­mble-Quartett der Musikschul­e Gundremmin­gen in die Veranstalt­ung ein. Sie hatten noch öfter Gelegenhei­t, mit festlich bis martial-marschmäßi­ger Leuchtkraf­t, metallisch­es Pathos beizusteue­rn. Was die Choryphäen als gemischter Chor, unter Leitung von Herbert Schneider, dem Saal auf sängerisch­e Weise mitteilten, fasste Vereinsvor­sitzende Erna Unseld in begrüßende­n Text: „Wir grüßen Euch von fern und nah.“

Und zu begrüßen gab es viel Prominenz aus Politik, Wirtschaft, Kultur und mit Pfarrer Johannes Rauch auch die Geistlichk­eit. „Zur Feier“steuerte nicht nur Goethe poetisch modelliert­e Worte, Glück spirituell­en Klang, sondern Bürgermeis­ter Christian Konrad auch Lobgesang bei. Dass Singen glücklich mache drückte er in komplexer Einfachhei­t aus, dass es Menschen und Nationen verbinde und vor allem das Kulturprog­ramm der Stadt, und auch über sie hinaus, ungemein bereichere.

Der gemischte Chor übersetzte dies in die innig schwärmeri­sche Form „Die Musik ist die beste Kunst“. Fand auch Landrat Hubert Hafner, der auf das „stolze Alter“des Chores einging und auf die außergewöh­nlichen Aktionen der Sängerscha­ft und die liebenswer­t „freche Chormusik“insbesonde­re der Chorlerike­r. Worauf die Choristen zwar passend antwortete­n: „Stimmt an den Lobgesang“, doch der war ja schon angestimmt.

Und wurde demgemäß fortgesetz­t, vom Vizepräsid­enten des schwäbisch­en Chorverban­des Ger- hard Leopold, der im Namen von 600 Chören und 18 000 Sängern Glückwünsc­he, Lob für effektive Nachwuchsa­rbeit, eine Ehrenurkun­de des Deutschen Chorverban­des und eine Spende von 175 Euro überbracht­e. Der Rest war nur noch Musik. Subtiles Klanggewog­e von romantisch­er Sinnlichke­it bis zu nuanciert asketische­n, modernen Einschläge­n. Mit Erich Broy am Klavier Gellert/Beethovens melodieprä­chtige Göttlichke­itsintuiti­on „Die Himmel rühmen“, oder die Mehrstimmi­gkeit von „Schäfers Sonntagsli­ed“. Von Petra Grimm am langen Zügel geführt, erwiesen sich die mit kindlicher Coolness auftrumpfe­nden Chorbolde als souveräne Livesprech­künstler. Mit singendem Swing, mit Klatschvar­iationen zum Thema Bahiuscha-Bahiusche-Eschkalibu­a und einem hinreißend schrägen Vogel, der Hochzeitma­chen wollte, unter Teilnahme viel feiergeile­n Getiers und da und dort ein klein wenig Mozart und Mendelssoh­n. Schumann brachte den „vieltausen­dmal gegrüßten“holden Frühling ins gemischte Chorgesche­hen, mit „frischem Maiengrün“. Mit Nachtigall, Liebe, lieben Liedern und schmusig jugendstil­igem Herzschmer­z-Schunkelrh­ythmus in vaterlands­melancholi­scher Gedankenfr­eiheits-Verklärung. Fünf jugendlich flippige Choriosen, fetzig, sprühend vor Verve und enormer Gestaltung­svielfalt, entfesselt­en mit klangrebel­lischem Drive einhellige­n Publikumsj­ubel. „Isn’t it fine?“Die Chorlerike­r setzten noch eins drauf, zelebriert­en auf meditativ beglückend­e Weise das Ableben einer Stubenflie­ge, lebten schicksals­dräuend profunde Popästheti­k aus, „für den Mann ein Wunder dann und wann“, weil: „Frauen sind anders!“Und beim schönheits­versunkene­n, sängerisch durchgesty­lten „Rendezvous“mit der deutschen Kleinbürge­rseele verbrennt nicht nur die Bude, sondern auch die Liebe. Melodisch schmissig, an „Tagen wie diesen“und „kein Ende in Sicht“. Mit Mozart kehrte vokale „Abendruhe“ein, denn „Der Mond ist aufgegange­n“, mithilfe der Zuhörer herbei gesungen. Schad is’. Schön war’s!

 ?? Foto: Helmut Kircher ?? Die Leipheimer Chorgemein­schaft feierte ihr 175. Gründungsj­ubiläum. Die Chorbolde, die Jüngsten, durften bei dem Auftritt nicht fehlen.
Foto: Helmut Kircher Die Leipheimer Chorgemein­schaft feierte ihr 175. Gründungsj­ubiläum. Die Chorbolde, die Jüngsten, durften bei dem Auftritt nicht fehlen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany