Mit Spürnasen gegen Drogenschmuggel
Kriminalität Das Hauptzollamt Ulm hat in diesem Jahr schon um ein Vielfaches mehr Rauschgift sichergestellt als 2016
Vicky arbeitet konzentriert. Aufmerksam und in zügigem Tempo läuft sie um das silberfarbene Auto herum, schnüffelt an der Karosserie, dem Außenspiegel, den Reifen. Kaum ist die Kofferraumklappe auf, springt sie hinein. Schaut sich um, schnüffelt wieder. Dann ertönt ein „Vicky zeig!“von außerhalb des Wagens. Vicky reagiert sofort: Mit Schnauze und Vorderpfoten zeigt sie in die vordere rechte Ecke des Kofferraums – und erstarrt in ihren Bewegungen. Wieder einmal hat sie ihren Job als Drogenspürhündin beim Hauptzollamt Ulm gut gemacht. Sekunden später hält ihr Hundeführer Helmut Ahrens eine olivgrüne Bauchtasche mit Rauschgift in der Hand, die in jener Ecke des Kofferraums versteckt war – dieses Mal aber nur zur Übung.
Das Hauptzollamt Ulm, das jetzt Bilanz zog, verzeichnet seit vergangenem Jahr „im Bereich des Drogenschmuggels eine deutliche Zunahme“, sagt Zollamtschef Rainer Bühler. Bislang haben die Zöllner alleine im März 85 Kilogramm Marihuana sichergestellt. Warenwert rund eine Million Euro. Zum Vergleich: 2016 sind im gesamten Jahr etwas über zehn Kilogramm Rauschgift – damals jedoch vor allem harte Drogen wie Heroin – aus dem Verkehr gezogen worden.
Bühler berichtet zudem von einer Vielzahl an illegalen Arzneimitteln, die geschmuggelt werden, „ein bedauerlicher Trend, der sich fortzusetzen scheint“. Hagen Kohlmann, Sprecher des Ulmer Hauptzollamts, sagt, dass diese Medikamente, die privat übers Internet bestellt werden, in den meisten Fällen aus Indien und China stammten. „Da wird gepanscht, da wird gefälscht – und dann wird verschickt.“Es sei Arznei jeder Art, ganz egal, ob Potenzoder Krebsmittel.
Weiterhin verstärkt im Visier der Zöllner sind Fernbusse – denn die seien bei Drogenkurieren sehr beliebt, wie Henrik Schmieding, Leiter des Sachgebiets Kontrollen, erklärt: „Sie sind ein billiges und einfach zu buchendes Reisemittel. Wir finden immer wieder mittlere bis große Mengen an Drogen in solchen Bussen.“Auch Schäferhündin Vicky hat dazu beigetragen: Sie spürte am 29. März vier Kilogramm Marihuana auf – eingewickelt in schwar- ze Folie, verstaut in einem Hartschalenkoffer.
Schmieding weiß, dass die langen Wartezeiten wegen solcher Kontrollen bei den anderen Reisenden oft für Unmut sorgen. Er betont jedoch: „Schutz und Sicherheit gehen vor Reisekomfort und einem eingehaltenen Zeitplan.“Im Fall der vier Kilogramm Marihuana konnten Zöllner den Koffer vor Ort aber niemandem zuordnen. Danach gehen Fälle wie dieser an die Zollfahndungsämter. Schmieding sagt: „Wir sind nur die Greifer, die Ermittlungen laufen dort.“Allerdings sei es manchmal schwer, den Täter zu finden, so Zollamtschef Bühler. „Es wird nicht jede Straftat aufgeklärt.“
Zum Teil seien die Täter aber auch in professionell umgebauten Fahrzeugen unterwegs. So hat der silberfarbene Renault, bei dem Spürhündin Vicky nicht nur bei der Übung, sondern auch im realen Einsatz angeschlagen hat, einen doppelten Boden unter dem Beifahrersitz. Unter der Klappe haben die Zöllner bei einer Kontrolle am 15. März bei Dornstadt 30 Kilogramm Marihuana gefunden. Gegen den 34-jährigen Fahrer und seinen 43-jährigen Beifahrer ermittelt derzeit das Zollfahndungsamt Stuttgart. Dessen Pressesprecherin Alexandra Groenewald sagt: „Der Fahrer sitzt in Untersuchungshaft.“Das Auto kam aus Montenegro über Österreich nach Deutschland. Wohin es unterwegs war, steht gerade im Fokus der Ermittlungen. Man gehe aber angesichts der aufwendigen Umbauten am Wagen davon aus, dass „es keine einmalige Fahrt hätte sein sollen“.
Mittlerweile liegt in dem Geheimfach des sichergestellten Fahrzeugs nur noch ein orangefarbenes Duftbäumchen. Duftnote: Kokosnuss, ein weiterer mit Kirschduft baumelt am Rückspiegel. Ein Trick vieler Drogenschmuggler. Sie hoffen, dass die Spürhunde den Drogengeruch dann nicht mehr wahrnehmen können. In einem anderen Fall hatte jemand viele, in Parfüm getränkte Stofflaken dabei, erzählt Schmieding. Ein stark nach Parfüm riechendes Auto mache die Zöllner jedoch doppelt misstrauisch. Außerdem nützt es den Tätern wenig, wie er betont: „Alle Technik verblasst gegen einen gut ausgebildeten Spürhund. Da können Sie mit noch so vielen Duftstoffen versuchen, den Geruch zu überdecken.“