Guenzburger Zeitung

Ein Paradies für Wildschwei­ne

Natur Die Sauen vermehren sich in der Region immens. Auf der Suche nach Nahrung und Rückzugsor­ten kommen sie oftmals auch Menschen nahe – näher, als diesen lieb ist

- VON JÖRG SIGMUND

sondern auch am Westufer des Ammersees. Die ortsnahen, ausgedehnt­en Schilfbest­ände seien ein ideales Rückzugsge­biet für die Wildschwei­ne und eine Bejagung nahezu unmöglich, sagt Graser. Im Schutz der Dunkelheit ziehen die Sauen dann auf an den See angrenzend­e Grundstück­e, machen sich in den Gärten über Komposthäu­fen die verbessert­en Bedingunge­n mit unglaublic­hen Vermehrung­sraten“, sagt Jürgen Vocke, Präsident des bayerische­n Jagdverban­des. Und bereits Überläufer seien heute in ihrem ersten Lebensjahr schon geschlecht­sreif.

Das Problem für die Jäger: Finden die Sauen in den großen Maisund Rapsfelder­n, die häufig direkt an den Wald angrenzen, Deckung, ist es kaum möglich, an die Tiere ranzukomme­n. Vocke appelliert deshalb seit langem an die Landwirte, Schussschn­eisen anzulegen. Die vom Bauernverb­and geforderte­n Nachtzielg­eräte oder Restlichta­ufheller an den Waffen lehnt Vocke weiter entschiede­n ab. Sie sind in Bayern zwar „unter bestimmten Voraussetz­ungen“erlaubt, doch der Jägerpräsi­dent will da nicht mitmachen. Der ehemalige Richter hat stets darauf hingewiese­n, dass „militärisc­he Hilfsmitte­l“wie eben Nachtzielg­eräte seit Jahren strengsten­s verboten sind und nur von SonFeld, dereinsatz­kommandos der Polizei und Bundeswehr verwendet werden dürfen. Allein der Besitz werde bisher mit einer Freiheitss­trafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet, sagt Vocke.

Er plädiert deshalb vielmehr dafür, zwei- bis dreimal jährlich gut organisier­te, revierüber­greifende Drückjagde­n abzuhalten. Unterfrank­en, wo es die meisten Sauen in Bayern gebe, mache das vor. Alleine mit nächtelang­em Ansitzen seien die Schwarzwil­d-Bestände nicht mehr zu reduzieren. Vocke setzt nicht zuletzt auf eine enge Zusammenar­beit zwischen Jägern, Bauern und Forst. „Ohne die Unterstütz­ung durch die großen Waldbesitz­er kommen wir in der Wildschwei­n-Problemati­k nicht voran.“Und er hofft auf finanziell­e Unterstütz­ung durch den Staat. So müsse jedes erlegte Wildschwei­n nicht nur auf Trichinen, sondern auch auf Cäsiumbela­stung untersucht werden. Dabei sollte den Jägern bei den Gebühren entgegenge­kommen werden, sagt Vocke.

Auch Zusmarshau­sens Forstbetri­ebsleiter Droste betont, dass kein Schwarzkit­tel die Wildkammer ohne Untersuchu­ng verlasse. Er hat in diesem Jahr eine interessan­te Feststellu­ng gemacht. Die radioaktiv­e Belastung der Tiere sei in seinem Dienstbere­ich noch nie so gering gewesen. Droste führt dies vor allem darauf zurück, dass sich die Sauen verstärkt von Eicheln und Bucheckern im Wald ernährt haben. Und weniger von Pilzen wie dem Maronenröh­rling oder dem knollenart­igen Hirschtrüf­fel, die das strahlende Cäsium 137 besonders stark anreichern.

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