Guenzburger Zeitung

Unsere Helden

Medaille Horst Seehofer ehrt heute mutige Retter aus ganz Bayern. Wie in Schwabmünc­hen ein Mann vor dem Ertrinken bewahrt wurde und ein kleiner Bub über sich hinauswuch­s

- VON STEPHANIE SARTOR

Es ist ein trüber Tag im Juni 2016. In der Nacht zuvor hat es geregnet, das Wasser der Singold ist eine aufgewühlt­e braunschwa­rze Brühe. Fabian Missenhard­t und Stefan Hieber sind mit dem Auto in der Nähe des Flusses unterwegs, als ihnen plötzlich mehrere Menschen am Ufer auffallen, die aufgeregt hin und her rennen. Die beiden halten an – und werden nicht nur zu Zeugen eines dramatisch­en Unfalls, sondern auch zu Lebensrett­ern.

Am Teilungswe­hr in Schwabmünc­hen (Landkreis Augsburg) sehen sie einen Mann im Wasser, der verzweifel­t um sein Leben kämpft. Wegen des starken Regens in den vergangene­n Tagen führt der Fluss Hochwasser. Die Strömung ist reißend. Der Mann treibt in einer Wasserwalz­e, wird immer wieder nach unten gedrückt. Wenige Minuten zuvor war er in den Fluss gesprungen, um seinen Hund zu retten, der nicht gegen die starke Strömung ankam. So geriet er selbst in Lebensgefa­hr. „Der Sog war enorm groß. Er konnte keinen Kontakt zum Boden finden“, erzählt Missenhard­t. „Uns war sofort klar, dass wir etwas unternehme­n müssen.“

Gemeinsam mit Stefan Hieber und Werner Lehle, der an diesem Tag ebenfalls am Fluss unterwegs ist, bildet er eine Menschenke­tte. So schaffen sie es, den Mann, der nicht ansprechba­r im Wasser treibt, ans Ufer zu ziehen. Auch den Hund können sie retten. Bis der Notarzt eintrifft, leisten die Retter Erste Hilfe.

Heute werden Fabian Missenhard­t, Stefan Hieber und Werner Lehle mit der bayerische­n Rettungsme­daille geehrt. Insgesamt erhalten 65 Lebensrett­er aus ganz Bayern, die bereit waren, ihr eigenes Leben einzusetze­n, heute von Ministerpr­äsident Horst Seehofer die Auszeichnu­ng.

Weiteren 64 Menschen überreicht Seehofer die Christopho­rusMedaill­e für Rettungen unter besonders schwierige­n Umständen. Einer, der damit ausgezeich­net wird, ist der gerade einmal fünf Jahre alte Tobias Neuner aus Saulgrub (Landkreis Garmisch-Partenkirm­ehr chen). Eigentlich sollte seine Oma ihn wie jeden Morgen in den Kindergart­en bringen. Doch am 24. Oktober kommt alles anders. Die 67-Jährige fällt plötzlich zu Hause um, bleibt regungslos liegen. Ein Notfall, doch der damals vierjährig­e Bub weiß sich zu helfen: Er ruft die 112 an und erklärt den Rettungskr­äften, was passiert ist. „Wir hatten einige Zeit vorher schon einmal durchgespi­elt, was man in einem Notfall machen muss“, erzählt seine Mutter Barbara Neuner. Als der Ernstfall dann eintritt, erinnert sich Tobias an die Erklärunge­n der Eltern und an sein Kinderbuch über die Feuerwehr und den Rettungsdi­enst. Der Junge holte sich das Buch, in dem auch die Notrufnumm­er abgebildet ist. Als der Rettungsdi­enst eintrifft, öffnet er ihnen die Tür und erklärt, wo seine Oma liegt. Nach einer Reanimatio­n wird die 67-Jährige ins Krankenhau­s gebracht. Dort stirbt sie fünf Tage später.

Der Zusammenbr­uch der 67-Jährigen kam aus heiterem Himmel. Durch den Notruf von Tobias konnte sich die Familie aber noch von ihr verabschie­den. „Die Situation ist nicht leicht für Tobias, aber er fühlt sich schon auch als Retter“, sagt seine Mutter. (mit dpa)

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