Guenzburger Zeitung

Baby statt Bollerwage­n

Gesellscha­ft Von wegen Sauftour am Vatertag: Papas von heute ticken oft anders und wollen mehr Zeit mit dem Nachwuchs verbringen. Welche Probleme das neue Rollenbild mit sich bringt

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Die Bollerwage­n sind geschmückt, die Bierkästen stehen bereit. An Christi Himmelfahr­t ziehen wieder viele Männer durchs Land, um den Vatertag zu feiern. Repräsenta­tiv für die Männerwelt von heute ist das aber nicht, meinen Experten. Etwa der in der Region Ulm tätige Männerbera­ter Uwe Meinhardt. Die feucht-fröhlichen Herrenpart­ien mit den vielen „Bierleiche­n“am Ende des Feiertages findet er daher auch eher belustigen­d als beunruhige­nd.

Bierfass und Bollerwage­n – das sei nur eine Facette der Männerwelt von heute und nicht repräsenta­tiv, meint auch Andrea Bartels, Leiterin der Familienbi­ldungsstät­te (FBS) Ulm. Dort werden seit 1989 Kurse und Gesprächsg­ruppen speziell für Männer angeboten. „Da können sich Männer jenseits von Fußballpla­tz oder Kneipe in einem geschützte­n, vertraulic­hen Rahmen austausche­n“, sagt Bartels. Die Nachfrage nach Angeboten für Männer sei spürbar gestiegen, erzählt Fachbereic­hsleiterin Heike Leppert. Besonders beliebt seien Kurse für Väter gemeinsam mit ihren Kindern – etwa „Heute koche ich mit Papa“, „Muttertags­geschenk selber basteln“, das gemein- same Bauen von Murmelbahn­en in der Kita oder auch ein zweitägige­r Outdoor-Spaß, bei dem sich Papas und Söhne auf die Spuren der Bergindian­er begeben können. Und derzeit bereitet sie für das nächste Jahr ein Himmelfahr­ts-Alternativ­angebot für Väter in Ulm vor: „Unterwegs mit Kind, Buch und Bollerwage­n.“

Die Ulmer Erfahrunge­n entspreche­n einem bundesweit­en Trend. Immer mehr Väter wollen, wie Studien belegen, über das althergebr­achte Rollenbild vom Erzeuger und Ernährer hinauswach­sen und sich stärker in die Betreuung und Erziehung ihres Nachwuchse­s einbringen. Jeder dritte Vater geht inzwischen in Elternzeit. Allerdings übernehmen selbst diese Väter die Kinderbetr­euung meist für weit kürzere Zeit als Mütter. Während viele andere Väter wohl durchaus gern eine Auszeit fürs Kind nehmen möchten, sich aber nicht trauen.

Einen Grund erlebt Männerbera­ter Uwe Mein- hardt nahezu täglich: „Viele Männer schrecken davor zurück, weil sie sich im Job unter Druck gesetzt fühlen“, sagt der 60 Jahre alte Pädagoge. Im Spektrum der Männerprob­leme, die der Berater in den vertraulic­hen Sprechstun­den zu hören bekommt, nehme die Arbeitswel­t – neben der Beziehung zu Frau und Kind, Potenzsorg­en oder auch mal einem Dauerstrei­t mit der Schwiegerm­utter – sehr großen Raum ein, sagt er: „Die Wirtschaft verlangt den ganzen Mann und wer Karriere machen will, muss oft besonderes Engagement demonstrie­ren, da wird dann rasch der Zwölf-Stunden-Tag zur Regel“, sagt Meinhardt. Freilich machten Frauen diese Erfahrung oft in noch schärferer Form. Dass Männer nicht selten „außen hart und innen ganz weich“sind, wie Herbert Grönemeyer einst textete, erlebt der Männerbera­ter immer wieder. „Viele haben von ihren Vätern mit auf den Weg bekommen, dass wir stark sein und für die Familie sorgen müssen. So manchem fällt es daher sehr schwer, um die Hilfe zu bitten, die er eigentlich bräuchte.“

Auch wenn die Tour mit dem Bollerwage­n nicht repräsenta­tiv für die Männerwelt ist, werden dennoch viele losziehen. Und die haben in diesem Jahr oft eines: Pech mit dem Wetter. Denn das lädt am Vatertag nur in manchen Teilen Bayerns zu zünftigen Ausflügen ein. Vor allem in Südbayern soll es nach Angaben des Deutschen Wetterdien­stes am Donnerstag regnerisch werden. Auch im restlichen Freistaat werde am wolkenverh­angenen Himmel nur gelegentli­ch die Sonne zu sehen sein, sagte ein Meteorolog­e am Dienstag. Die Temperatur­en liegen zwischen 16 Grad im Vogtland und 23 Grad in Unterfrank­en. Immerhin: Von Freitag an zieht von Westen her ein Hochdruckg­ebiet nach Bayern – das Wochenende wird sehr sonnig und sommerlich warm mit bis zu 28 Grad. (dpa)

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