Guenzburger Zeitung

Welches Gesicht zeigt Mourinho heute?

Europa League Der Trainer von Manchester United besitzt zahlreiche Facetten. Dass er eine Besonderhe­it ist, weiß er selbst am besten. Heute kann der Portugiese für ein Novum sorgen

- VON TILMANN MEHL

José Mourinho hat mal wieder gezeigt, zu welch’ außergewöh­nlichen Taten er fähig ist. Der Portugiese lotste vor der Saison mit Zlatan Ibrahimovi­c und Paul Pogba zwei Stars von Weltformat nach Manchester. Für den Franzosen Pogba wurden rund 100 Millionen Euro nach Turin überwiesen. Mourinho also konnte das Team vor seiner ersten Saison bei Manchester recht kostspieli­g nach seinem Gusto umgestalte­n. Nach Ablauf der 38 Spieltage in England nimmt sein Team den sechsten Platz ein. Vorgänger Louis van Gaal musste den Verein verlassen, als er die Mannschaft auf Platz fünf führte. Für Vorvorgäng­er David Moyes bedeutete Rang sieben das Aus. Mourinho darf bleiben. Manchester United hat sich dem Portugiese­n ausgeliefe­rt.

Jenem Mann, der sich bei seiner ersten Pressekonf­erenz auf der Insel vor 13 Jahren selbst als „special one“(jemand Besonderes) bezeichnet hatte. Damals übernahm er den FC Chelsea. Besonders ist Mourinho noch immer. Vielleicht sogar besonderer als jemals zuvor. Seine Spieler bezeichnen ihn gleichfall­s als besonderen Motivator wie auch Taktikexpe­rten. Seine Gegner sehen in dem 54-Jährigen dagegen einen hinterhält­igen Ganoven. Dem Co-Trainer des FC Barcelona griff Mourinho einst bei einem Gerangel an der Seitenlini­e ins Auge, an Arsenal-Coach Arsené Wenger arbeitet er sich seit über einem Jahrzehnt ab. Vor einem Duell mit dem FC Liverpool in dieser Saison äffte er Coach Jürgen Klopp nach. Im englischen Winter ergriff Bastian Schweinste­iger die Flucht aus Manchester. Mourinho hatte seinen Spind räumen lassen und ihn zeitweise nur bei der zweiten Mannschaft mittrainie­ren lassen. Mourinho war es aber auch, der sich öffentlich beim ehemaligen Kapitän der deutschen Nationalma­nnschaft entschuldi­gte. „Bastian gehört zu der Kategorie Spieler, die ich dafür bedauere, wie ich sie behandelt habe“, sagte er auf einer Pressekonf­erenz.

Da sprach der Außergewöh­nliche immerhin mit den Pressevert­retern. Nach dem letzten Ligaspiel gegen Crystal Palace erschien er überrasche­nd früh zur Gesprächsr­unde. Nach zehn Sekunden beendete er die Fragerunde. Die beiden anwesenden Journalist­en hatten keine Chance, ihn aufzuhalte­n. „Lasst mich nach Hause gehen. Ich muss jetzt zum Europa-League-Finale“, sagte Mourinho noch beim Abgang.

Ein Endspiel in der Europa League ist prinzipiel­l unter dem Niveau Manchester­s und Mourinhos. Dort spielen Vereine wie FK Astana, Sorja Luhansk oder FK Qarabag Agdam. Der Wühltisch des europäisch­en Vereinsfuß­balls. Ausgetrage­n wird das Finale im schwedisch­en Solna. Keine der Kathedrale­n, in denen Mourinho ansonsten zu spielen gewohnt ist. Die Partie heute gegen Ajax Amsterdam (20.45 Uhr/ Sport1 und Sky) hat für Mourinho und seinen Verein allerdings eine herausrage­nde Bedeutung.

Der Sieger der Europa League ist für die kommende Champions League direkt qualifizie­rt. Es ist der Trampelpfa­d in die Königsklas­se. Passend für einen, der für den feingeisti­gen Pep Guardiola nur Spott übrig hat. Der funktional­en Fußball dem Chichi immer vorzieht.

Sich als Tabellense­chster für die Champions League zu qualifizie­ren, ist in England noch keinem Team gelungen. Mourinho wäre der Erste. Mal wieder eine Besonderhe­it.

 ?? Fotos: Witters (3); dpa (2); afp ?? José Mourinho kann charmant sein und fies, witzig und verschloss­en. Vor allem aber will er eines sein: erfolgreic­h. Dem ordnet der Portugiese alles unter.
Fotos: Witters (3); dpa (2); afp José Mourinho kann charmant sein und fies, witzig und verschloss­en. Vor allem aber will er eines sein: erfolgreic­h. Dem ordnet der Portugiese alles unter.
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