Mutter verkauft Nacktfoto ihres Sohnes im Internet
Justiz Sie wollte ihre Schulden tilgen und dachte nur ans Geld. Warum sie trotzdem mit einer Bewährungsstrafe davonkommt
Es ist schwer zu sagen, was an dieser Geschichte fassungsloser macht. Ist es der Mann, der im Internet gezielt nach verzweifelten Frauen suchte, um sie so lange unter Druck zu setzen, bis sie ihm Nacktfotos ihrer Kinder schickten? Oder ist es die Mutter aus dem Landkreis Günzburg, die über Wochen mit dem Mann Kontakt hatte und schließlich seinem Drängen nachgab, ohne zu begreifen, dass sie damit eine schwere Straftat begeht?
Die Frage nach dem Warum dominiert auch den zweiten Verhandlungstag vor dem Günzburger Schöffengericht. Der Prozess gegen die 47-Jährige war im November des vergangenen Jahres ausgesetzt worden, um den kompletten E-MailVerkehr zwischen der Angeklagten und dem Mann zu sichten. An den Tatvorwürfen ändern aber auch die neuen Erkenntnisse wenig. Der Kontakt kam über eine Internetseite zustande, auf der die Mutter einen Privatkredit gesucht hatte. Sie wollte so ihre Schulden in Höhe von 3000 Euro abzahlen. Bereits 2010 hatte sie Privatinsolvenz anmelden müssen, dennoch waren im Oktober 2015 zahlreiche Rechnungen für Handy, Auto und Strom offen. Ihrem Mann wollte sie sich aus Angst nicht anvertrauen, er sei ein „Choleriker“.
In ihrer Verzweiflung klammerte sich die Frau an den vermeintlichen Ausweg. Ein Anbieter wollte Fotos ihres damals sieben Jahre alten Sohnes und dafür 300 Euro zahlen. Sie tat es. Geld bekam sie keins. Dafür wurde der Mann mit seinen Forderungen konkreter. Insgesamt 370 Bilder verlangte er. Darauf sollte der Bub posieren, eine Badehose oder eine Radlerhose tragen und auch ganz nackt zu sehen sein. Immer größer wurde der Druck auf die Frau. Der Mann drohte mehverstreichen rfach, das Angebot zu lassen. Außerdem schrieb er sie mit weiteren Absende-Adressen an und machte ihr sexuell motivierte Angebote. Schließlich gab sie nach, schickte ihm vier Bilder. Auf einem ist der Sohn fast nackt zu sehen, wie er, auf dem Boden liegend, an sich herumspielt. Er selbst habe dieses Foto machen wollen, sagt sie vor Gericht. „Ich habe ihn nicht dazu aufgefordert, sondern ihn fotografiert, als es sich ergeben hat.“Das Kind habe nie ein Problem gehabt mit seiner Nacktheit. „Ich habe nur das Geld gesehen und nicht weitergedacht“, begründet sie die Tat.
Danach brach der Kontakt zu dem Mann ab. Auch, weil er Ende Oktober 2015 festgenommen wurde, und mittlerweile zu zwölf Jahren Haft wegen schweren sexuellen Missbrauchs verurteilt wurde. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. Der Missbrauchsvorwurf steht auch gegen die Mutter im Raum.
Staatsanwalt Markus Schrot glaubt der Frau nicht, dass sie nicht wusste, was sie tat. „Sie haben in keiner einzigen E-Mail nachgefragt, wofür der Mann die Fotos braucht“, hält er ihr vor. Dass das Kind seine Mutter aufgefordert haben soll, das Foto zu machen, ist für Schrot nur eine Schutzbehauptung. Er fordert eine sechsjährige Haftstrafe.
Verteidiger Dieter Schenk gibt zu, dass seine Mandantin „grenzenlos naiv“gewesen sei. Allerdings arbeite sie die Tat bereits gemeinsam mit dem Jugendamt auf. Ihre Schulden hat sie mittlerweile nahezu abbezahlt. Pädagogen attestierten auch, dass der Junge keinen Schaden davongetragen habe. Er fühle sich wohl zu Hause. Sollte die Mutter in Haft kommen, drohe dem Kind aber die Unterbringung in einem Heim oder einer Pflegefamilie. Denn der Vater könne sich aus beruflichen Gründen nicht alleine um den Siebenjährigen kümmern. Schenk plädiert daher auf eine dreimonatige Bewährungsstrafe.
Richterin Franziska Braun verurteilt die Frau zu zwei Jahren auf Bewährung, die Minimalstrafe. Der Grund: „Wir wollen damit vor allem vermeiden, dass das Kind noch mehr erleiden muss.“Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.