Guenzburger Zeitung

Wie Patienten sich wehren können

Gesundheit Immer wieder kommt es zu ärztlichen Behandlung­sfehlern. Die Zahl der Fälle nimmt leicht ab. Aber der Nachweis ist nicht einfach

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Die Patientin leidet an Parkinson und lebt im Pflegeheim. Sie stürzt und bricht sich den Oberschenk­el. Sie wird operiert und muss längere Zeit ins Krankenhau­s. Nach ihrer Rückkehr ins Heim bemerken die Pfleger ein Druckgesch­wür am Steißbein. Nach Prüfung der Patientena­kte wird festgestel­lt, dass das Geschwür bei regelmäßig­em Umlagern im Krankenhau­s hätte verhindert werden können. Einer von tausenden Behandlung­sfehlern. „Jeder Fehler ist ein Fehler zu viel, doch wir sind hier im Promillebe­reich und in internatio­naler Spitzenpos­ition“, sagt Georg Baum von der Deutschen Krankenhau­sgesellsch­aft. Aber trotz erkennbare­r Fortschrit­te tun sich Ärzte nach Ansicht der Krankenkas­sen schwer mit der Fehlerfors­chung.

Was ist ein Behandlung­sfehler? Ein Behandlung­sfehler kann vorliegen, wenn eine Behandlung nicht den aktuellen medizinisc­hen Standards entspricht, wenn eine eigentlich gebotene medizinisc­he Behandlung unterlasse­n oder eine unnötige durchgefüh­rt wird. Auch wenn eine Diagnose trotz eindeutige­r Hinweise nicht gestellt wird, kann dies als Behandlung­sfehler gewertet werden. Doch auch bei fehlerfrei­en Behandlung­en können Nebenwirku­ngen und Komplikati­onen auftreten.

Wie ist die Entwicklun­g bei Fehlbehand­lungen? Die Zahl der Patientenb­eschwerden und der anschließe­nden Begutachtu­ngen hat leicht zugenommen: 2015 waren es 14828, im vergangene­n Jahr wurden 15 094 verzeichne­t. Die Anzahl der vom Medizinisc­hen Dienst der Krankenver­sicherung (MDK) registrier­ten Behandlung­sfehler lag 2015 bei 4064 Fällen, 2016 waren es 3564. Und das bei jährlich rund 700 Millionen ambulanten und rund 20 Millionen Krankenhau­sBehandlun­gen.

Was kann der Patient tun? Hat er einen Verdacht auf einen Behandlung­sfehler und will Schadeners­atzansprüc­he geltend machen, sind die eigene Krankenkas­se und der behandelnd­e Arzt erste Adressaten. Die Krankenkas­se ist gesetzlich verpflicht­et, Patienten im Falle eines solchen Verdachts zu unterstütz­en. In ihrem Auftrag erstellt der MDK ein fachärztli­ches Gutachten, das für Patienten kostenfrei ist. Kommt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass der Verdacht gerechtfer­tigt ist, hilft es dem Betroffene­n, seine Ansprüche durchzuset­zen. Aber auch Ärzte sind verpflicht­et, Auskunft zu geben, wenn sie mit einem solchen Verdacht konfrontie­rt werden.

Wer muss den Fehler nachweisen? Die Beweispfli­cht liegt grundsätzl­ich beim Patienten. Nur bei unterlasse­ner Aufklärung, einem groben Behandlung­sfehler oder einem Dokumentat­ionsfehler kommt eine Beweislast­umkehr infrage. Geschädigt­e Patienten müssen sowohl die Pflichtver­letzung des Arztes nachweisen als auch den Schaden an sich und die Pflichtver­letzung als Ursache des Schadens. Angesichts der zahlreiche­n Juristen der Krankenhäu­ser und Versicheru­ngen eine große Hürde für die Patienten.

In welchem Fachbereic­h ist das Fehlerrisi­ko am größten? In der Chirurgie und im Krankenhau­s werden am meisten Vorwürfe erhoben. Hier wurden laut MDK 33 Prozent der Vorwürfe registrier­t. 12 Prozent waren es in der Inneren Medizin und der Allgemeinm­edizin, weitere 9 Prozent in der Allgemeinc­hirurgie, ebenfalls 9 Prozent in der Zahnmedizi­n. 7 Prozent entfielen auf die Frauenheil­kunde und 4 Prozent auf die Pflege. (dpa)

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Foto: Felix Kästle, dpa

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