Mit dem Billigflieger nach Amerika
Reise Auf der Langstrecke waren die Kosten lange Zeit hoch, doch das ändert sich gerade
Über dem Atlantik verschärft sich die Konkurrenz der Fluggesellschaften in diesem Sommer weiter. Zu den Angreifern gehört neben der British-AirwaysSchwester Level vor allem Norwegian, die das auf dem Kontinent erfolgreiche Billig-Konzept auf die Langstrecke übertragen hat und allein in diesem Sommer zehn neue Verbindungen von Irland und Großbritannien an die US-Ostküste startet. Die Netz-Carrier wie Lufthansa, Air France und der BritishAirways-Mutterkonzern IAG versuchen mit eigenen Billiggesellschaften mitzuhalten.
Der auch nach Südamerika erwartete Boom wird auch durch neue, kostengünstigere Flugzeugmodelle angeheizt, die gerade auf den Markt kommen. Die Boeing 737 Max 8 und noch mehr die Airbus A321 LR erreichen mühelos die USOstküste und sind als kleine Röhren deutlich leichter zu füllen als die Riesenjets der etablierten Konkurrenz. Das wiederum erlaubt ein wesentlich dezentraleres Netz und Übersee-Flüge von kleineren Flughäfen. Norwegian mit aktuell gerade einmal knapp 130 Flugzeugen in der Flotte hat 178 Maschinen dieser Typen bereits fest bestellt. Wer diese Flugzeuge als erster bekommt, hat über Jahre hinaus Kostenvorteile vor allem bei der Kerosinrechnung.
Der Treibstoff ist der Hauptkostenfaktor auf der Langstrecke, was bislang die Billigpläne deutlich gezügelt hat. Auch sind die Preisunterschiede keineswegs so deutlich wie auf dem Kontinent. Schließlich müssen auch die Crews am Zielort übernachten und die Jets können nicht so schnell auf die nächste Reise gehen, wie im Billig-Kurzstreckenbetrieb üblich, sagt Luftfahrtexperte Stephan Nagel. Diese Ära scheint nun zu Ende zu gehen.
Norwegian steuert gezielt Provinz-Flughäfen mit niedrigen Gebühren in der Nähe der US-Hauptziele New York und Boston an – auch das ein typisches Billigmuster. In Deutschland haben die Skandinavier inzwischen sechs Flughäfen im Programm – Düsseldorf, Hannover, Berlin, Hamburg, Köln/Bonn und München. Ab dem kommenden Jahr wollen sie ab Düsseldorf auch Direktflüge in die USA im Programm haben. „Ich finde, es gibt viel zu wenige Direktflüge, die zum Beispiel die USA mit Hamburg, Hannover, Bremen verbinden. Es sind hauptsächlich die US-Anbieter, die das machen. Ich will bei dem Markt mit dabei sein“, erklärte Norwegian-Chef Björn Kjos vor kurzem.
Die Kosten dürften dann auch im Lufthansa-Konzern fallen: „Der Trend zu Low Cost ist eine logische Entwicklung, die inzwischen auch die Langstrecke umfasst“, sagte Eurowings-Geschäftsführer Oliver Wagner. Die Lufthansa-Tochter will ihre bislang aus sechs größeren Airbus-Jets bestehende ÜberseeFlotte schnell ausbauen und kann sich voraussichtlich bei der Konzern-Schwester Brussels Airlines bedienen. Etwas beschränkter geht die Air-France-Gesellschaft Boost an den Start, bei der die Gewerkschaften maximal zehn Langstreckenflieger akzeptieren wollen. Der British-Airways/Iberia-Mutterkonzern IAG bringt in Barcelona die neue Gesellschaft Level an den Start. Und Ryanair?
Die Iren haben sich von eigenen Langstreckenplänen verabschiedet und wollen sich stattdessen als Zulieferer unverzichtbar machen. Als erstes schloss Chef Michael O’Leary gerade einen Deal mit der kleinen Air Europa ab, deren Überseeflüge ab Madrid nun für Ryanair-Kunden direkt buchbar sind. Auch mit Norwegian und Aer Lingus ist Ryanair in weit fortgeschrittenen Verhandlungen über Zulieferdienste.
Die Iren haben sich damit von ihrer reinen Punkt-zu-Punkt-Strategie verabschiedet und lauern gleichzeitig in Italien auf Möglichkeiten, die zwangsverwaltete Staats-Airline Alitalia zu beerben. Netzgesellschaften wie die Lufthansa müssen die Entwicklung mit Sorge betrachten, denn reibungslose Umsteigeverbindungen sind bislang ihre ureigene Domäne und neben dem Service das Hauptargument für hohe Preise. Christian Ebner, dpa
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