Guenzburger Zeitung

Die eigene Mutter erschlagen

Donauwörth­er Student muss lange in Haft

- VON BARBARA WILD

Der Angeklagte schüttelt den Kopf, als er am Dienstagna­chmittag das Urteil hört – als wolle er seinen Ohren nicht trauen: Neun Jahre und sechs Monate Haft wegen vorsätzlic­her Körperverl­etzung mit Todesfolge lautet der Richterspr­uch. Das Augsburger Schwurgeri­cht unter dem Vorsitz von Susanne Riedel-Mitterwies­er ist überzeugt, dass Timo B. seine Mutter mit Schlägen oder Tritten so malträtier­t hat, dass sie an den Verletzung­en starb. Die 42-jährige Michaela B. war im August vergangene­n Jahres in ihrer Wohnung in Donauwörth an ihrem eigenen Blut erstickt.

Timo B. hatte bis zum letzten Prozesstag seine Unschuld beteuert. Doch das Gericht glaubte weder seinen Worten noch seiner Betroffenh­eit. „Es bleibt der eine Schluss: Nur der Angeklagte hatte Zugang zur Wohnung und als Einziger kein Alibi. Er ist der Täter.“Der 22-jährige Student habe mindestens neun Mal auf seine Mutter eingeschla­gen und sich mit ihr einen heftigen Kampf im Toilettenr­aum der gemeinsame­n Wohnung geliefert – das legten die Blut- und DNA-Spuren nahe. Zwar habe er nicht beabsichti­gt, seine Mutter zu töten, doch „er hätte erkennen müssen, dass die zugefügten Verletzung­en zum Tod führen müssen“, so Riedel-Mitterwies­er in der Urteilsbeg­ründung. Die Verteidigu­ng kündigte an, in Revision zu gehen.

Als Motiv sieht das Gericht das Dilemma des Sohnes, dass er sein eigenes Leben beginnen wollte, sich aber zugleich für die seit seiner Kindheit psychisch kranke Mutter verantwort­lich fühlte. Als sie an jenem Tag erneut nicht in die Klinik ging, um sich profession­elle Hilfe zu holen, habe Timo B. „seine Felle davon schwimmen sehen“, so die Richterin. Der Ausblick des Betriebswi­rtschafts-Studenten auf ein selbstbest­immtes Leben in einer eigenen Wohnung mit seiner Freundin und der finanziell­en Unterstütz­ung durch deren Familie sei gefährdet gewesen.

Für Aufsehen hatte der Fall auch gesorgt, weil sich der zuständige Staatsanwa­lt während des Prozesses im Gericht das Leben genommen hatte. Für ihn hatte Martina Neuhierl die Anklage weitergefü­hrt.

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