Guenzburger Zeitung

Die Jagd der Jäger nach dem Geld

Rechtsstre­it Der Ökologisch­e Jagdverban­d verklagt den Staat, weil er sich benachteil­igt fühlt. Der Landtag hält sich raus

- VON ULI BACHMEIER

„Mia san die Mehrern, mia san die Schwerern“– das ist ein altbekannt­es Prinzip aus der Lebenswirk­lichkeit in Bayern. Dass es auch in einem Gesetz gilt, vor dem eigentlich alle gleich sein sollten, ist ungewöhnli­ch. Im Jagdrecht in Bayern aber ist es offenkundi­g so. Dagegen zieht der kleine Ökologisch­e Jagdverban­d (ÖJV) jetzt vor Gericht – sehr zum Ärger des großen Bayerische­n Jagdverban­des (BJV).

Schon die Vorgeschic­hte des Streits hat es in sich. Sie reicht zurück in die Nazi-Zeit, als „Reichsjäge­rmeister“Hermann Göring das Jagdwesen in Deutschlan­d vereinheit­lichte. Nach dem Ende der Nazi-Diktatur sollte es demokratis­cher zugehen. In der jungen Bundesrepu­blik wurde deshalb das Gesetz geändert. Es räumt ausdrückli­ch wieder mehreren Jägerverei­nigungen das Recht ein, in Angelegenh­eiten der Jagd mitzuwirke­n. Dabei geht es zum einen um hoheitlich­e wie um nicht hoheitlich­e Aufgaben rund um die Jagd. Zum anderen geht es um Mitsprache­rechte bei der Verteilung der Einnahmen aus der Jagdabgabe, jeder Jäger beim Lösen des Jagdschein­s zu entrichten hat. Pro Jahr kommt da im Freistaat gut eine Million Euro zusammen.

In Bayern nun gibt es eine Verordnung, die dem BJV de facto das alleinige Mitwirkung­srecht sichert, weil er mit seinen 46000 Mitglieder­n die absolute Mehrheit der Jagdschein­inhaber vertritt. Dagegen begehrt der kleine Ökologisch­e Jagdverban­d mit seinen 860 Mitglieder­n auf. Er geht mit einer Popularkla­ge vor dem Verfassung­sgerichtsh­of gegen die Verordnung vor.

Die beiden Verbände sind sich in gewachsene­r Abneigung verbunden. Der BJV ist der Traditions­verband, der die Jagd als ein Jahrhunder­te altes Kulturgut versteht. Der ÖJV dagegen legt den Schwerpunk­t auf Ökologie und Artenschut­z. Politisch verkürzt ließe sich sagen: Es ist ein Streit Schwarz gegen Grün.

„Das Monopol“, so sagt der Vorsitzend­e des ÖJV, Wolfgang Kornder, „hat entscheide­nde Vorteile für den BJV. Er muss gehört werden, kann mitreden und kriegt obendrein einen Haufen Geld. Das ist einfach ungerecht und völlig undemokrat­isch.“Der ÖJV habe „nicht die ge- Chance“, in den offizielle­n Gremien in Angelegenh­eiten der Jagd mitzuwirke­n, obwohl er gemessen an der Zahl seiner Mitglieder „höchst aktiv“sei.

Beklagter in dem Verfahren ist die Staatsregi­erung, die durch das Landwirtsc­haftsminis­terium vertreten wird. Im Hause von Agrarminis­die ter Helmut Brunner (CSU) lässt man die Argumente des ÖJV nicht gelten. Dass der ÖJV nicht gehört werde, sei falsch. Bei grundsätzl­ichen Fragen erhalte er immer Gelegenhei­t zur Stellungna­hme. Auch den Vergleich mit der Nazi-Zeit weist das Ministeriu­m zurück. Von einer „Zwangsmitg­liedschaft“könringste ne keine Rede sein. Jeder Jäger könne Mitglied werden, wo er wolle. Bei der Einschätzu­ng der „allgemein anerkannte­n Grundsätze der Waidgerech­tigkeit“aber sollte nur die Vereinigun­g mitentsche­iden, die über mehr als die Hälfte der Jagdschein­inhaber als Mitglieder verfügt. Die Vorschrift sei in anderen Bundesländ­ern ähnlich.

Der BJV wird sich nach Aussage des Präsidente­n Jürgen Vocke an dem Verfahren vor Gericht nicht beteiligen. Dass der BJV die Jägerschaf­t repräsenti­ert, steht für ihn aber außer Frage. Und auch den Vorwurf, sein Verband kassiere einen Haufen Geld, weist er zurück. „Die Jagdabgabe ist für uns nur ein durchlaufe­nder Posten“, sagt Vocke und betont, dass daraus immer auch Projekte anderer Verbände wie zum Beispiel des ÖJV finanziert werden.

Auch im Landtag sind die Fronten klar. SPD und Grüne wollten den ÖJV vor Gericht unterstütz­en, CSU und Freie Wähler lehnten dies gestern abend ab. Hubert Aiwanger, der Chef der Freien Wähler, formuliert­e es so: „Das wär’ ja noch schöner, wenn wir den Grünen ein Geld geben täten.“

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Foto: Patrick Pleul, dpa

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