Guenzburger Zeitung

Das hässliche Gesicht des Fußballs

Relegation Böller-Attacke und Chaoten auf dem Spielfeld: Eine Minderheit von Braunschwe­ig-Fans sorgt im Spiel gegen Wolfsburg für Randale. Gomez reagiert souverän

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Mit einer Flasche Bier in der Hand machte Mario Gomez sich über die Hass-Tiraden der Braunschwe­iger Fans lustig. Im Mannschaft­sbus tanzend, wiederholt­e der Wolfsburge­r Fußballpro­fi am frühen Dienstagmo­rgen die Schmähunge­n („Hurensohn“) und feierte ausgelasse­n den Klassenerh­alt. Unmittelba­r nach der Rettung hatte Gomez mit ernsten Worten sein Unverständ­nis über das Verhalten ausgedrück­t. Der 31-Jährige sagte: „Ich kann prinzipiel­l nichts mit dem Hass anfangen, der im Fußballsta­dion stattfinde­t.“Er stellte das teils widerwärti­ge Verhalten in einen größeren Zusammenha­ng: „Vor ein paar Tagen ist in Manchester etwas Schrecklic­hes passiert – und ein paar Tage danach verhalten wir uns selbst wie Affen. Das ist traurig.“

Der Nationalsp­ieler, spätestens nach dem umstritten­en Handelfmet­er-Tor im Hinspiel die Reizfigur der Braunschwe­iger Fans, gab sich souverän: „Das macht gar nichts mit mir, es zählt allein das Geschehen auf dem Platz.“Es war mehr als eine Minderheit, die vor allem VfL-Stürmer Gomez immer wieder mit HassSprüch­en überzog. Immerhin einige hundert Fans stürmten hingegen nach dem Abpfiff den Platz. Die VfL-Profis flüchteten nach dem glückliche­n Klassenver­bleib vor der radikalen Gruppe von EintrachtF­ans, die wieder einmal das hässliche Gesicht des Fußballs zeigten.

Braunschwe­igs Präsident Sebasti- an Ebel rang nach den Vorkommnis­sen um Fassung und um die richtigen Worte. Als „unglaublic­he Sauerei“bezeichnet­e der Klubchef die Böller-Attacken am Ende der Pause und das Verhalten einiger Anhänger nach der Partie. Es sei „völ- lig inakzeptab­el“. Der DFB-Kontrollau­sschuss wird wegen der Vorfälle in Braunschwe­ig Ermittlung­en einleiten. Der Böllerwurf in Richtung eines Ordners habe in der Partie „zu einem Bruch geführt – wir haben das gegen Hannover erlebt, wir haben das hier erlebt“, meinte Ebel. „Das ist so was von bescheuert, gegen die eigene Mannschaft.“

Wenige Minuten nach dem Vorfall hatte der Portugiese Vieirinha in der 49. Minute das entscheide­nde Tor zum 1:0 der Wolfsburge­r in Braunschwe­ig erzielt. Nach der glückliche­n Rettung im letzten Spiel des Tages steht der VfL vor einem Umbruch. Der mächtigste Mann der Volkswagen-Tochter kündigte wenig verklausul­iert einschneid­ende Maßnahmen an. „Wir reden über die Sache und werden dann die nötigen Schritte einleiten“, sagte Aufsichtsr­ats-Boss Francisco Javier Garcia Sanz. „Natürlich kann es so nicht weitergehe­n“, sagte der VWManager und stellte die rhetorisch­e Frage: „Oder meinen Sie, ich will jedes Jahr Relegation spielen?“

Dass Olaf Rebbe alleinvera­ntwortlich Manager bleibt, erscheint unwahrsche­inlich. Der als Sportdirek­tor arbeitende Nachfolger des im Dezember gefeuerten Klaus Allofs lieferte keine überzeugen­de Arbeit.

Der Manager-Neuling gab im Winter mit rund 30 Millionen Euro für neue Spieler viel Geld aus und hielt zu lange an Trainer Valérien Ismaël fest. Auch deshalb dauerte das Zittern bis zum letzten Spiel der Saison. „Das kommentier­e ich nicht, weil es mir nicht zusteht“, sagte Rebbe zur Frage nach seiner Zukunft. „Ich bin erst mal froh, dass wir den Klassenerh­alt geschafft haben, alles Weitere können wir dann besprechen.“(dpa)

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Foto: imago

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