Kiloweise Diebesgut – wem gehört’s?
72-Jähriger soll Beute gehortet haben
Memmingen/Nersingen Ganze Kisten voller kiloschwerem Diebesgut soll der 72-jährige Gastronom bei sich zu Hause gehortet haben, dem nun am Landgericht Memmingen gewerbsmäßige Hehlerei vorgeworfen wird. Er soll unter anderem Uhren, Schmuck und wertvolle Münzen gelagert haben. Um diese ging es gestern beim verzögerten Prozessauftakt.
Die Verhandlung gegen den 72-Jährigen aus dem Neu-Ulmer Umland war beim ersten Termin unterbrochen worden, da der Dolmetscher nicht übersetzen konnte (wir berichteten) – nun startete der Prozess mit einer versierten Serbisch-Dolmetscherin, sodass auch der Angeklagte verstand, was ihm exakt vorgeworfen wurde: Er soll die Beute einer Diebesbande bei sich aufbewahrt haben, die diese bei mehr als 20 Einbrüchen in NeuUlm, Ulm, Nersingen oder Elchingen gestohlen hatte. Drei Opfer der Einbruchsserie bestätigten, dass ihnen das jeweils vorgelegte Diebesgut – Schmuck und Uhren – gehört.
Interessant wurde es vor allem bei einem Nersinger Senior: Er wurde wegen Münzen im Wert von 30 000 Euro geladen, welche die Diebesbande mitgehen ließ. Dass der Zeuge ein leidenschaftlicher Sammler ist, bewies er im Gerichtssaal: Zu nahezu jeder Münze kannte er eine detailreiche Geschichte – erst auf Hinweis seines Neffen, ein Rechtsanwalt und sein Beistand, lieferte der Nersinger dem Gericht sehr präzise Beweise, dass ihm die in einer großen Kiste angeschleppten Asservate gehörten: Echtheitszertifikate mit ID-Nummern, Ausschnitte aus Werbeprospekten von Münzkontoren mit darauf notierten Telefonund Kundennummern sowie eigenhändige Beschriftungen der Klarsichthüllen und Kassetten. Auch die Kaufrechnungen der Münzen könne der Rentner jederzeit vorlegen, versicherte er. Ganz nebenbei gab er eine Lehrstunde in Numismatik – vom südafrikanischen Springbock auf dem Krügerrand bis zu Raritäten aus dem Vatikan. Wie der Leiter der Ermittlungsgruppe und ein weiterer Kripobeamter vor Gericht aussagten, umfasst der Beutezug der Diebesbande nicht nur rund 20 Einbrüche im Raum Ulm/Neu-Ulm, sondern noch viele weitere Fälle in der Stuttgarter Gegend; einmal habe ein Kripobeamter vom „Fall Nummer 80“aus Stuttgart berichtet.
Der Angeklagte, der als junger Mann nach Deutschland gekommen war, um hier sein Brot zu verdienen, traf gestern auf einen womöglich alten Bekannten: Ein Mitglied der Einbrecherbande, der bereits seine Haftstrafe absitzt, wurde als Zeuge vorgeführt. Er versicherte, mit der ganzen Sache absolut nichts zu tun zu haben. Er blieb dabei, auch nachdem ihn der Richter wiederholt belehrte, dass er nichts sagen müsse, was ihm angelastet werden könnte und dass er bei Falschaussage ein weiteres Verfahren zu erwarten habe. Das kümmerte den Mann nicht weiter, er beharrte darauf, aussagen zu wollen. In der nächsten Verhandlung am Donnerstag, 1. Juni, hat er dazu mit einem Rechtsbeistand an seiner Seite nun die Gelegenheit. Auf die Vernehmung eines weiteren Bandenmitglieds, der bereits in seine Heimat abgeschoben wurde, verzichtete das Gericht.
Rentner kann Kaufrechnungen vorlegen