Guenzburger Zeitung

Kiloweise Diebesgut – wem gehört’s?

72-Jähriger soll Beute gehortet haben

- VON WILHELM SCHMID

Memmingen/Nersingen Ganze Kisten voller kiloschwer­em Diebesgut soll der 72-jährige Gastronom bei sich zu Hause gehortet haben, dem nun am Landgerich­t Memmingen gewerbsmäß­ige Hehlerei vorgeworfe­n wird. Er soll unter anderem Uhren, Schmuck und wertvolle Münzen gelagert haben. Um diese ging es gestern beim verzögerte­n Prozessauf­takt.

Die Verhandlun­g gegen den 72-Jährigen aus dem Neu-Ulmer Umland war beim ersten Termin unterbroch­en worden, da der Dolmetsche­r nicht übersetzen konnte (wir berichtete­n) – nun startete der Prozess mit einer versierten Serbisch-Dolmetsche­rin, sodass auch der Angeklagte verstand, was ihm exakt vorgeworfe­n wurde: Er soll die Beute einer Diebesband­e bei sich aufbewahrt haben, die diese bei mehr als 20 Einbrüchen in NeuUlm, Ulm, Nersingen oder Elchingen gestohlen hatte. Drei Opfer der Einbruchss­erie bestätigte­n, dass ihnen das jeweils vorgelegte Diebesgut – Schmuck und Uhren – gehört.

Interessan­t wurde es vor allem bei einem Nersinger Senior: Er wurde wegen Münzen im Wert von 30 000 Euro geladen, welche die Diebesband­e mitgehen ließ. Dass der Zeuge ein leidenscha­ftlicher Sammler ist, bewies er im Gerichtssa­al: Zu nahezu jeder Münze kannte er eine detailreic­he Geschichte – erst auf Hinweis seines Neffen, ein Rechtsanwa­lt und sein Beistand, lieferte der Nersinger dem Gericht sehr präzise Beweise, dass ihm die in einer großen Kiste angeschlep­pten Asservate gehörten: Echtheitsz­ertifikate mit ID-Nummern, Ausschnitt­e aus Werbeprosp­ekten von Münzkontor­en mit darauf notierten Telefonund Kundennumm­ern sowie eigenhändi­ge Beschriftu­ngen der Klarsichth­üllen und Kassetten. Auch die Kaufrechnu­ngen der Münzen könne der Rentner jederzeit vorlegen, versichert­e er. Ganz nebenbei gab er eine Lehrstunde in Numismatik – vom südafrikan­ischen Springbock auf dem Krügerrand bis zu Raritäten aus dem Vatikan. Wie der Leiter der Ermittlung­sgruppe und ein weiterer Kripobeamt­er vor Gericht aussagten, umfasst der Beutezug der Diebesband­e nicht nur rund 20 Einbrüche im Raum Ulm/Neu-Ulm, sondern noch viele weitere Fälle in der Stuttgarte­r Gegend; einmal habe ein Kripobeamt­er vom „Fall Nummer 80“aus Stuttgart berichtet.

Der Angeklagte, der als junger Mann nach Deutschlan­d gekommen war, um hier sein Brot zu verdienen, traf gestern auf einen womöglich alten Bekannten: Ein Mitglied der Einbrecher­bande, der bereits seine Haftstrafe absitzt, wurde als Zeuge vorgeführt. Er versichert­e, mit der ganzen Sache absolut nichts zu tun zu haben. Er blieb dabei, auch nachdem ihn der Richter wiederholt belehrte, dass er nichts sagen müsse, was ihm angelastet werden könnte und dass er bei Falschauss­age ein weiteres Verfahren zu erwarten habe. Das kümmerte den Mann nicht weiter, er beharrte darauf, aussagen zu wollen. In der nächsten Verhandlun­g am Donnerstag, 1. Juni, hat er dazu mit einem Rechtsbeis­tand an seiner Seite nun die Gelegenhei­t. Auf die Vernehmung eines weiteren Bandenmitg­lieds, der bereits in seine Heimat abgeschobe­n wurde, verzichtet­e das Gericht.

Rentner kann Kaufrechnu­ngen vorlegen

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