Grüne suchen ihr Profil
Hintergrund Öko-Partei will mit ihrem Kernthema Umwelt punkten. Doch das zieht gerade nicht
Cem Özdemir ist ganz unten angekommen. Mit seiner Mit-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt befindet sich der Grünen-Politiker gerade nicht auf Augenhöhe. Sein Stuhl hat sich verstellt. Özdemir muss ein wenig am Mechanismus friemeln, um die Sitzfläche wieder nach oben zu bekommen. Dann kann das Duo am Mittwochmorgen endlich seinen Zehn-Punkte-Plan vorstellen, der die schwer angeschlagene Öko-Partei wieder auf Erfolgskurs bringen soll.
Keine vier Monate vor der Bundestagswahl stecken die Grünen tief in der Krise: In Nordrhein-Westfalen holten sie nur noch 6,4 Prozent, eine Beinahehalbierung seit 2012. Und wäre am Sonntag Bundestagswahl, würden nur zwischen sechs und acht Prozent der Wähler bei den Grünen ihr Kreuzchen machen. FDP, Linkspartei und AfD stehen im Moment in den Umfragen teils besser da als die Grünen, die nun vor allem mit ihrem Kernthema Ökologie punkten wollen. In ihrem „verbindlichen Angebot“an die Wähler die Grünen für den Fall, dass sie an die Regierung kommen: „Die 20 schmutzigsten Kohlekraftwerke schalten wir sofort ab.“Für mehr Klimaschutz wollen sie sorgen, für mehr Elektroautos, für eine nachhaltige Landwirtschaft ohne Massentierhaltung.
Saurer Regen, Waldsterben und die Angst vor dem Atomtod – auf diese Themen hatten einst nur die Grünen Antworten. Doch mit dem beschlossenen Atomausstieg ist das Ganze sechs Prozent der Befragten hielten die Grünen in der Flüchtlingspolitik für kompetent. In Sachen Bildung waren es sogar nur vier Prozent. Und nur jeweils ein Prozent der Wähler vertraut der Ökopartei bei der Sicherung der Arbeitsplätze und der Bekämpfung der Kriminalität.
Darauf reagieren auch die Grünen, die sich in dem Papier für eine „effektive Sicherheitspolitik“aussprechen. Doch in einer Partei, der ein einseitig kritisches Verhältnis zur Polizei nachgesagt wird, gibt sich niemand der Illusion hin, dass beim dominierenden Wahlkampfthema Sicherheit für sie irgendetwas zu holen ist.
Die Wahlchancen steigen nicht gerade dadurch, dass die Partei mal wieder völlig zerstritten wirkt und der Bürger im Moment weniger denn je weiß, wen er eigentlich bekommt, wenn er grün wählt. Den bürgerlich-konservativ auftretenden Schwaben Winfried Kretschmann, der beim linken Parteiflügel einen „gesinnungsethischen Überschuss“feststellt? Die blass und austauschbar wirkenden Spitzenkandiversprechen daten Özdemir und Göring-Eckardt? Vielleicht doch den beliebten Robert Habeck aus Schleswig-Holstein? Am Ende gar wieder den AltLinken Jürgen Trittin, der im Hintergrund die Weichen für ein rotrot-grünes Bündnis stellt?
Koalitionsaussagen sind für die Grünen vermintes Gelände. Sie wissen, dass viele Wähler fürchten, mit einem Kreuzchen bei den Grünen am Ende für eine rot-rot-grüne Regierung zu sorgen. So betont Özdemir,