Guenzburger Zeitung

Zwischen Panzer und Gulaschkan­one

Aktion Beim Tag der Bundeswehr können Besucher in der Rommel-Kaserne in Dornstadt erleben, wie ein Soldatenle­ben aussieht. Die Veranstalt­ung dient aber vor allem der Imagepfleg­e

- VON ANNIKA GONNERMANN

Dornstadt/Ulm Mit großen Augen schauen Sören und Lasse dem Panzer nach. Das große Gefährt dreht in beeindruck­endem Tempo seine Runden. Donnernd fährt es an den beiden Buben und den anderen Schaulusti­gen vorbei, macht eine scharfe Linkskurve und kommt dann zum Stehen. Wer noch nie einen Panzer gesehen hat, wundert sich über die Schnelligk­eit und Agilität des tonnenschw­eren Kolosses. Für Sören und Lasse, die mit Mama Elke Michaelis aus Erbach am Samstag zum bundesweit­en Tag der Bundeswehr in die Rommel-Kaserne nach Dornstadt gekommen sind, ist der Fuhrpark besonders beeindruck­end. „Das und die Ausrüstung sind am interessan­testen“, sagt der 14-jährige Lasse. Sein elfjährige­r Bruder stimmt zu. Zwar sind die beiden noch etwas jung für den aktiven Wehrdienst, aber die Faszinatio­n hat sie dennoch gepackt.

Sören, der die Bundeswehr vor allem aus ihren Image-Filmen auf der Internet-Videoplatt­form Youtube kennt, ist sichtlich beeindruck­t. Mama Elke honoriert eher die organisato­rische Leistung der Bundeswehr, die den Tag innerhalb eines halben Jahres auf die Beine gestellt hat. Einzig dafür wurden Regimente aus ganz Deutschlan­d nach Dornstadt beordert, wo normalerwe­ise das Sanitätsre­giment 3 stationier­t ist. „Ich hoffe, die haben Erfolg. Die hatten in der vergangene­n Zeit ja nicht besonders gute Presse.“

In der Tat: Vor allem Negativsch­lagzeilen haben das Bild der Bundeswehr geprägt: das G 36-Sturmgeweh­r, dessen Lauf sich bei Hitze verzieht, Wehrmachts-Andenken in Kasernen und die jüngsten Ausbildung­sskandale im baden-württember­gischen Pfullendor­f. Daher ist der Tag der offenen Tür zunächst einmal zur ImagePolit­ur gedacht, wie Bundeswehr­sprecher Andreas Steffan einräumt. Darüber hinaus soll allerdings auch der Zivilbevöl­kerung die Möglichkei­t gegeben werden, einmal hinter die Kasernento­re zu schauen. „Früher, mit der Wehrpflich­t, hatte jeder immer einen in der Familie, der mitreden konnte, wenn es um die Bundeswehr ging. Heute kennt das niemand mehr.“

Das Angebot wird gut angenommen: Zwischen 7000 und 8000 Besucher tummeln sich auf dem Gelände an der B 10. „Wir möchten, dass die Besucher ins Gespräch mit den Soldaten kommen und die wiederum Verständni­s für ihre Arbeit wecken können.“Und so bekommen die Besucher den gesamten Fuhrpark der Bundeswehr zu sehen. „Bison“, „Elefant“und „Leopard“sind nämlich nicht nur Zootiere, sondern auch tonnenschw­ere Lastwagen und Panzer, die die Besucher von außen, innen und im Einsatz bestaunen dürfen. Daneben gibt es ein voll funktionsf­ähiges Krankenhau­s, das – obwohl nur aus Zelten aufgebaut – einem Kreiskrank­enhaus mit OPBereich und Labor in nichts nachsteht – samt Feldlazare­tt und gepanzerte­m Krankenwag­en versteht sich. Alles originalge­treu, wie es Soldaten im Auslandsei­nsatz in Mali oder Afghanista­n vorfinden. Wem das nicht reicht, der darf den originalen Erbseneint­opf aus der Gulaschkan­one probieren und im Panzer-Simulator selbst einmal fahren.

Im Idealfall gefällt es den Besuchern so gut, dass sie am Ausbildung­sstand bleiben. Dort wird über Studien- und Ausbildung­sangebote der Bundeswehr informiert. Jedes Jahr seien etwa 25 000 Stellen zu besetzen, viele im Sanitäts- und im digitalen Bereich. Aber auch kritische Fragen gibt es zuhauf: Neben Friedensak­tivisten, die rund um die Kaserne mit Plakaten und Luftballon­s gegen Krieg demonstrie­ren, kommen auch immer wieder Bundeswehr­kritiker an den Stand. Ein Soldat sagt dazu: „Wir stellen uns auch kritischen Fragen. Aber wir suchen das Gespräch und sind offen.“

Um sich modern und ungezwunge­n zu präsentier­en, hat die Bundeswehr ein buntes Rahmenprog­ramm aufgefahre­n: Blasorches­ter, Cheerleade­r und Radiomoder­atoren sorgen entlang der Imbissbude­n für gute Stimmung, Kinder können sich auf Segways und auf der Hüpfburg austoben. Dazu gibt es OlympiaSie­ger zum Anfassen: Ringer und Olympia-Dritter von Rio de Janeiro Denis Kudla ist aus der Kaserne in Bruchsal angereist. Als Sportsolda­t will er für die Karriere bei der Bundeswehr werben: „So habe ich die Möglichkei­t, mich Tag und Nacht auf den Sport zu konzentrie­ren.“Für Bundeswehr­sprecher Steffan ist der Tag ein Erfolg. Das freut ihn vor allem für die 900 Soldaten in der Rommel-Kaserne, die Gelegenhei­t hatten, ihren Familien den Arbeitspla­tz zu zeigen. Lasse und Sören sind begeistert. Auf ihrer To-DoListe für diesen Tag: Panzerfahr­en.

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Fotos: Alexander Kaya
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