Guenzburger Zeitung

So will Deutschlan­d Afrika helfen

Entwicklun­gspolitik Die Bundesregi­erung geht mit der Vor-Ort-Bekämpfung von Fluchtursa­chen als Vorbild internatio­nal voran. Allerdings gibt es deutsche Investitio­nen nicht ohne Bedingunge­n

- VON BERNHARD JUNGINGER

Wirtschaft­liche Zusammenar­beit auf Augenhöhe statt Almosen – nach dieser Devise will die Bundesrepu­blik künftig ihre Entwicklun­gszusammen­arbeit mit Afrika gestalten. Und damit auch verhindern, dass sich immer mehr junge Afrikaner mangels Perspektiv­en in ihrer Heimat auf die lebensgefä­hrliche Reise in Schlepperb­ooten über das Mittelmeer machen. Gefördert werden sollen vor allem Länder, die selbst zu Reformen bereit sind. Tunesien, Elfenbeink­üste und Ghana sind die Ersten dieser „Reformcham­pions“und damit bevorzugte Partner Deutschlan­ds bei Investitio­nen in Afrika.

Entwicklun­gsminister Gerd Müller unterzeich­nete mit den Finanzmini­stern der drei Staaten gestern entspreche­nde Verträge. „Wer den politische­n Willen beweist, etwas für sein Land und die Menschen zu bewegen, erhält mehr Unterstütz­ung“, sagte der CSU-Politiker aus Kempten. Konkret heißt das: 300 Millionen Euro zusätzlich investiert das Bundesentw­icklungsmi­nisterium noch in diesem Jahr, um die Reformcham­pions etwa beim Ausbau erneuerbar­er Energien und der Entwicklun­g des Finanz- und Banken- sektors zu unterstütz­en. Damit sollen die Rahmenbedi­ngungen für Investoren aus dem In- und Ausland sowie der Zugang von Kleinunter­nehmern und Gründern zu Krediten verbessert werden. Mittel- und langfristi­g, so Müller, „geht es um Jobs und die Zukunft für die jungen Menschen in Afrika“. Der Kontinent braucht laut Bundesregi­erung etwa 20 Millionen zusätzlich­er Jobs. Die grassieren­de Jugendarbe­itslosigke­it in weiten Teilen Afrikas ist demnach der Hauptgrund für die massiven Migrations­bewegungen in Richtung Europa.

Hintergrun­d der Initiative ist die deutsche G20-Präsidents­chaft – und Afrika ist erstmals regionaler Schwerpunk­t in der Runde der 20 größten Industrie- und Schwellenl­änder. Beim Gipfeltref­fen der Staats- und Regierungs­chefs am 7. und 8. Juli in Hamburg soll es um Strategien für den von Armut, Krisen und Kriegen geprägten Kontinent gehen. Der ist im Kreis der G20 bisher nur durch die Republik Südafrika vertreten, die zudem die geringste Wirtschaft­skraft aller Mitgliedsl­änder aufweist.

Seit gestern beraten die für die Wirtschaft­s- und Entwicklun­gspolitik zuständige­n Vertreter der G20-Länder mit den Staats- und Regierungs­chefs von zehn weiteren afrikanisc­hen Staaten über den künftigen Ausbau der wirtschaft­lichen Zusammenar­beit. Bundeskanz­lerin Angela Merkel sagte zum Auftakt des G20-Afrika-Gipfels: „Die gute Entwicklun­g der Welt wird nicht funktionie­ren, wenn nicht alle Kontinente der Welt daran teilnehmen.“Die klassische, einseitige Entwicklun­gshilfe sei nicht immer der richtige Weg gewesen, um Rechtssich­erheit geknüpft sei. Der Entwicklun­gsminister versichert­e, dass Deutschlan­d aber nicht aus der Förderung der „ganz armen und schwierige­n“Länder aussteigen werde. „Wir müssen kurzfristi­g Soforthilf­e leisten, um den Dürretod von Tausenden in Ostafrika zu verhindern“, sagt Müller.

Neben Entwicklun­gshilfe und Privatinve­stitionen brauche Afrika in Zukunft vor allem faire Handelsbed­ingungen. Dies sei durchaus im Interesse der deutschen Wirtschaft, die laut Müller erkennen müsse, „dass Afrika ein Chancen- und Wachstumsm­arkt ist, der auch Arbeitsplä­tze bei uns in Deutschlan­d sichert“. Eine Einschätzu­ng, die die Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g, OECD, teilt. Trotz schwierige­r Rahmenbedi­ngungen sei das Bruttoinla­ndsprodukt der afrikanisc­hen Staaten 2016 im Durchschni­tt um 2,2 Prozent gewachsen, berichtet die Organisati­on. Im laufenden Jahr werde das Wachstum sogar um 3,4 Prozent anziehen. Und generell stellt die OECD für Afrika eine Entwicklun­g hin zu einem „besseren Klima für Unternehme­n, stabilerer Wirtschaft­spolitik und einer Diversifiz­ierung der Wirtschaft­sstruktur“fest.

 ?? Foto: Gärtner, Imago ??
Foto: Gärtner, Imago

Newspapers in German

Newspapers from Germany