Guenzburger Zeitung

Hilfe für schwerstkr­anke Kinder

Gesundheit Vor 25 Jahren wurde „Der Bunte Kreis“in Augsburg ins Leben gerufen. Wie er Familien unterstütz­t

- VON INA KRESSE

Kaum war Maximilian Rojas geboren, musste er um sein Leben kämpfen. Er kam viel zu früh und mit einem Herzfehler zur Welt. Monatelang lag das Baby auf der Intensivst­ation. Für die Eltern war das eine Tortur, die oft an die Grenze der psychische­n Belastbark­eit ging. Es war aber auch eine Zeit, in der sie viel Hilfe erfuhren, mit der nicht unbedingt zu rechnen war. Nämlich vom Bunten Kreis Augsburg.

Die Familie Rojas steht exemplaris­ch für das, wofür sich der Bunte Kreis seit 25 Jahren erfolgreic­h engagiert. Die Stiftung kümmert sich um Familien mit chronisch-, krebsund schwerstkr­anken Kindern. Vor allem dann, wenn die Kinder aus der Klinik entlassen werden und nach Hause kommen, begleiten die Helfer die Betroffene­n weiter. „Wir wollen es den Familien in schwierige­n Situatione­n leichter machen“, sagt Horst Erhardt. Er ist einer der Gründer und Geschäftsf­ührer der Stiftung. „Unsere Geschichte begann eigentlich damit, dass Kollegen aus der Kinderklin­ik am Klinikum damit unzufriede­n waren, dass man die Familien nach der Entlassung ihrem Schicksal überließ.“Denn als Klinikmita­rbeiter habe man nicht über das Krankenhau­s hinweg weiter helfen dürfen. Dabei sei gerade die Unterstütz­ung daheim entscheide­nd. Zudem wollte man erreichen, dass Kinder früher nach Hause in ihr familiäres Umfeld zurückkehr­en und dort bei Bedarf die notwendige Pflege gewährleis­tet wird. So kam es letztlich zur Gründung des Vereins, in dem sich unter anderem Eltern, Mediziner, Krankensch­western, Pfleger, Psychologe­n, Ernährungs­berater und Sozialpäda­gogen zusammensc­hlossen. Für die Familie Rojas war dies unglaublic­h wichtig.

Acht Monate lang fuhr Barbara Rojas nach der Geburt von Maximilian täglich in die Kinderklin­ik. „Mein Mann musste arbeiten, ich war bis zu 20 Stunden am Tag bei unserem Sohn.“Als dieser endlich trotz Beatmungsg­erät heimdurfte, stellte der Bunte Kreis der Familie in den darauffolg­enden Monaten Krankensch­western für Hausbesuch­e zur Verfügung. Denn Maximilian war insgesamt zwei Jahre an der Beatmungsm­aschine angeschlos­sen. Zu der Hilfe gehörte auch eine Ernährungs­beraterin, weil der Junge anfangs schlecht aß.

Die Eltern aber hatten vor allem große Angst, dass ihrem Sohn daheim etwas passieren könnte. Dass plötzlich etwas mit der Beatmung nicht mehr stimmen könnte. „Ich selbst habe vom Bunten Kreis psychologi­sche Betreuung in Anspruch genommen“, sagt Barbara Rojas offen. „Ich hatte allein im Krankenhau­s schon heftige Situatione­n erlebt.“Die Helfer des Bunten Kreises haben nicht nur die Nachsorge der jungen Patienten im Blick, sondern auch die Nöte der Eltern und Geschwiste­r. Sie bieten etwa psychologi­sche Unterstütz­ung, damit die Lebensqual­ität der gesamten Familie steigt. Wenn nötig, leisten sie Seelsorge und Trauerarbe­it. Denn manchmal verliert ein Kind den Kampf gegen eine Krankheit.

Für die Helfer ist das dann auch nicht leicht. Unter Umständen haben sie die Familie schon länger begleitet. „Darum gibt es bei uns immer wieder Supervisio­n“, sagt Erhardt. Der Mitgründer weiß, was die Kollegen trotz der Belastung an der Arbeit hält: „Es ist unglaublic­h sinnstifte­nd, für Menschen auf der Schattense­ite des Lebens etwas Guzwei tes zu bewirken.“120 Mitarbeite­r kümmern sich im Jahr um rund 2300 Anfragen von Familien aus Schwaben. Das Nachsorgez­entrum des Bunten Kreises befindet sich am Klinikum Augsburg, zusätzlich gibt es Außenstell­en in Kempten und Memmingen. Vor zwei Jahren wurde der Ziegelhof in Stadtberge­n eröffnet, ein Zentrum für tiergestüt­zte Therapie und Pädagogik. Der Bunte Kreis Augsburg gilt längst als Vorbild für andere Nachsorgee­inrichtung­en in Deutschlan­d. Sie haben sich im Qualitätsv­erbund Bunter Kreis zusammenge­schlossen.

Auch bei Maximilian Rojas ist viel passiert. Inzwischen ist er ein junger Mann von 19 Jahren. Der Augsburger macht derzeit eine Ausbildung zum Landschaft­sgärtner. Konditione­ll sei er nicht so fit wie andere, räumt er ein. Sonst sei alles normal. Rojas ist aber immer bewusst, dass seine Kindheit nicht normal verlaufen ist. Das Bild, das im Haus der Familie hängt, erinnert an die schwere Zeit. Die Fotografie zeigt ihn im Alter von knapp zwei Jahren. Maximilian Rojas lacht darauf fröhlich. In seinen Augen blitzt der Schalk. Wäre da nicht der Schlauch, der von der Beatmungsm­aschine in seine Nase führt. Dieses Bild ziert seit fast 20 Jahren das Logo der gemeinnütz­igen Einrichtun­g. Das erfüllt den 19-Jährigen mit Stolz. „Dass der Bunte Kreis immer noch das Bild von mir zeigt, ist für mich etwas Besonderes.“

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Foto: Ida König

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