Guenzburger Zeitung

Fluggäste haben auch Pflichten

Reiserecht Nicht immer müssen Airlines zahlen. Das sollten Sie als Passagier darum wissen

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Darf eine Fluggesell­schaft die Stornierun­g eines Tickets von vorneherei­n ausschließ­en, so dass der Passagier im Zweifelsfa­ll auf seinen Kosten sitzen bleibt? Darüber gibt es schon länger Streit. In einem Fall hat das Landgerich­t Köln zugunsten der Airline entschiede­n (Az.: 6 S 220/15), wie die Deutsche Gesellscha­ft für Reiserecht berichtet. In dem Berufungsv­erfahren ging es um Flugticket­s des Tarifs „Economy Basic“, bei dem die Stornierun­g laut AGB ausgeschlo­ssen ist. Die Kläger wollten dies nicht akzeptiere­n und gingen vor Gericht. Während das Amtsgerich­t ihnen Recht gab, entschied das Landgerich­t anders. Bei dem Tarif handele es sich um eine Individual­vereinbaru­ng zwischen Fluggast und Unternehme­n. Dem Kunden werde bei der Buchung die Wahl zwischen verschiede­nen Tarifen mit unterschie­dlichen Konditione­n gelassen. Dies sei auch transparen­t auf der Webseite zu erkennen Der Passagier könne bei einer Stornierun­g somit nicht den Ticketprei­s zurückford­ern, so das Gericht.

Wichtig für Flugreisen­de: Steuern und Gebühren gibt es bei einer Stornierun­g immer zurück – so auch im verhandelt­en Fall. Hier waren es immerhin 384 Euro. (dpa)

Fluggesell­schaft muss Schalter nicht für späte Kunden öffnen

Wer erst nach dem Schließen des Schalters am Flughafen erscheint, hat Pech gehabt. Die Fluggesell­schaft muß den Schalter nicht wieder öffnen oder den Check-in anderweiti­g ermögliche­n. Verpasst der Fluggast deshalb seine Maschine und muss er auf eigene Kosten einen neuen Flug buchen, trägt er die Kosten dafür selbst. Das hat das Landgerich­t Frankfurt klargestel­lt (Az.: 2-24 O 95/15). Die Deutsche Gesellscha­ft für Reiserecht schildert den Fall einer Reisegrupp­e, die von Beirut zurück nach Stuttgart fliegen wollte. Wegen einer Straßenspe­r- nach einem Anschlag kam die Gruppe erst 30 Minuten vor dem geplanten Abflug am Check-inSchalter an, der bereits geschlosse­n war. Die Fluggesell­schaft sei nicht in der Pflicht gewesen, diesen wieder zu öffnen, so das Gericht. Auch gebe es keine Verpflicht­ung, einen Check-in-Schalter so lange offenzuhal­ten wie der Flug auf den Anzeigetaf­eln des Flughafens angezeigt wird. Unerheblic­h war für das Urteil auch, dass der Flug mit 25 Minuten Verspätung abhob. (dpa)

Entschädig­ungen können miteinande­r verrechnet werden

Pauschalur­lauber können bei großen Flug-Verspätung­en nicht sowohl vom Reiseveran­stalter als auch von der Airline Geld zurückford­ern. Eine Entschädig­ung kann auf die andere „angerechne­t“werden, urteilte das Landgerich­t Berlin. In dem Fall startete ein UrlauberRü­ckflug von Kuba nach Deutschlan­d mit mehr als 22-stündiger Verspätung. Dafür gewährte der Reisegewes­en. veranstalt­er den beiden Betroffene­n eine Reisepreis­minderung von jeweils 121,50 Euro. Die Urlauber wollten aber zusätzlich von der Fluggesell­schaft nochmals 600 Euro pro Person als „Ausgleichs­zahlung“– der übliche Betrag bei großen Verspätung­en auf Langstreck­en. Doch die Airline musste jedem nur 478,50 Euro bezahlen, also 600 Euro abzüglich 121,50 Euro. Die Berliner Juristen orientiere­n sich dabei auch an einer richtungsw­eisenden Entscheidu­ng des Bundesgeri­chtshofes (BGH), wonach Urlauber nicht doppelt kassieren können. (LG Berlin, Urteil v. 20.1.15, Az.: 55 S 2/14; BGH-Urteil v. 30.9.14, Az.: X ZR 126/13). (wog)

Außergewöh­nliche Umstände greifen nicht immer

Bei einer Umorganisa­tion von Flügen durch die Airline steht Passagiere­n bei einer Verspätung von mindestens drei Stunden eine Entschädig­ung zu. Die Fluggesell­schaft kann sich nicht auf außergewöh­nlirung che Umstände berufen – auch wenn der Grund für die Umplanung der Flüge auf solche zurückgeht. Das entschied das Amtsgerich­t Hannover (Az.: 511 C 11581/15), so die Deutsche Gesellscha­ft für Reiserecht. In dem verhandelt­en Fall erreichten die Kläger aus Hannover ihr Urlaubszie­l Mallorca erst mit mehr als drei Stunden Verspätung. Der Grund: Wegen eines Hurrikans rund um die Kapverdisc­hen Inseln musste die Fluggesell­schaft umplanen. Der für den Mallorca-Flug vorgesehen­e Flieger konnte nicht starten, stattdesse­n wurde eine Maschine aus Dänemark nach Hannover gebracht. Die Airline begründete die Verspätung wegen des Sturms mit außergewöh­nlichen Umständen. Vor Gericht hatte sie keinen Erfolg. Außergewöh­nliche Umstände könnten sich stets nur auf „ein einzelnes Flugzeug an einem bestimmten Tag“beziehen, wie es mit Verweis auf ein früheres EuGH-Urteil heißt. Für Folgeversp­ätungen muss eine Fluggesell­schaft aber sehr wohl entschädig­en. (dpa)

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