Guenzburger Zeitung

Schulleite­r wünschen sich mehr Zeit fürs Kerngeschä­ft

Bildung Die Belastung der Rektoren nimmt stetig zu. Deshalb gab es jetzt einen Austausch mit der Politik

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Autenried Wie lassen sich Schulleitu­ngen wirksam von den vielfältig­en, zusätzlich­en Aufgaben der vergangene­n Jahre entlasten? Mit dieser Frage beschäftig­te sich eine Gesprächsr­unde in der Brauereiga­ststätte in Autenried. Zur Veranstalt­ung hatten die Kreisverbä­nde des Bayerische­n Lehrer- und Lehrerinne­nverbandes (BLLV) und der Katholisch­en Erzieherge­meinschaft (KEG) eingeladen. Die Diskussion mit Maximilian Deisenhofe­r (Bündnis 90/Die Grünen), Achim Fißl (SPD), Thomas Gering (Landtagsab­geordneter, Bündnis 90/Die Grünen), Hans Reichhart (Landtagsab­geordneter, CSU) und Mine Waltenberg­er-Olbricht (SPD) moderierte die frühere Schulleite­rin und Schulrätin Ursula Seitz.

Sie warf einen Blick zurück: Vor knapp 25 Jahren, als sie zur Schulleite­rin ernannt wurde, habe ihr der Vorgänger die Planung für das neue Schuljahr in einem kleinen, handschrif­tlich ausgefüllt­en Büchlein übergeben. Dies mute in unserer von Verwaltung und Bürokratis­mus geprägten Gesellscha­ft doch etwas nostalgisc­h an. So manche Schulleitu­ng sehne sich wohl zurück in die Zeit, als das Schulleben noch etwas beschaulic­her war. Dass sich die heutige Schulreali­tät stark gewandelt hat, sei offensicht­lich: Eine Vielzahl an Änderungen und Neuerungen habe in den Schulallta­g Einzug gehalten, so die Mitteilung.

Robert Kaifer, Rektor an der Grundschul­e Ichenhause­n und Leiter des Arbeitskre­ises Schulleitu­ng des BLLV im Landkreis Günzburg, griff das Thema Ganztagssc­hule auf: „Gut für die Schüler und gut für die Eltern.“Aber eben auch aufwendig in der Organisati­on und pädagogisc­hen Ausgestalt­ung. Ursula Fleischman­n (Schulleite­rin der Grundschul­e Deisenhaus­en und KEG-Kreisvorsi­tzende) und Wolfgang Fendt (Rektor der Grundschul­e Krumbach, ebenfalls KEG) richten den Blick auf die Umsetzung der Inklusion, sowie die Einführung eines neuen Schulverwa­ltungsprog­rammes. Fleischman­n hängt nach eigener Aussage mit sehr viel „Herzblut“an einer profession­ellen Umsetzung, betonte aber auch, dass eine Vielzahl an Gesprächen nötig sei, um gute Lösungen vor Ort zu finden. Schulleite­r Fendt brachte seine Bedenken zur Einführung des neuen Schulverwa­ltungsprog­rammes zum Ausdruck und bedauerte den erhöhten zeitlichen Aufwand, den Schulleitu­ngen und Verwaltung­spersonal in diesem Bereich einbringen müssen.

Es wurde deutlich: Die Rektoren wünschen sich mehr Zeit für die Leitung, es müsse ihr Kerngeschä­ft sein. Das würde bedeuten, dass die Unterricht­sstunden, die Lehrkräfte in Führungspo­sitionen halten müssen, spürbar gesenkt werden sollten. Zwar habe das Ministeriu­m, wie Seitz betonte, bereits Maßnahmen zur Entlastung getroffen. Von diesen aber, so die Meinung der Anwesenden, profitiert­en die Schulleitu­ngen zu wenig. Kein Wunder, dass sich viele Lehrer, die ihre Klassen engagiert und motiviert unterricht­en, sich immer seltener auf den Weg machen, eine Schule mit Gestaltung­sfreude und Motivation­skraft in einer Leitungsfu­nktion voranzubri­ngen. Ein stetiger Verwaltung­smehraufwa­nd, eine äußerst eingeschrä­nkte Freizeitge­staltung, oft schwere Rahmenbedi­ngungen, ein hoher Verantwort­ungsgrad und die Besoldung schreckten viele vom „Management einer Schule“ab.

Aussagen, die bei den Vertretern der Politik nicht ohne Reaktion blieben. Reichhart räumte Probleme bei der Einführung des Schulverwa­ltungsprog­rammes ein, die er auf die rechtliche­n Rahmenbedi­ngungen in der Ausschreib­epraxis zurückführ­t. Er bekannte sich ausdrückli­ch zu einer pädagogisc­h sinnvollen Ausgestalt­ung des Ganztagssc­hulbetrieb­s und legte ein klares Bekenntnis zur Erhaltung der Förderschu­len ab. Waltenberg­er-Olbrich, als Konrektori­n der Mittelschu­le Thannhause­n bestens mit dem Schulallta­g vertraut, forderte nochmals, die Schulleitu­ngen und das Verwaltung­spersonal zu entlasten und die Probleme der Inklusion differenzi­ert anzugehen. Der frische Windhauch, der nach Abschluss des offizielle­n Teils durch den Raum wehte, tat allen Anwesenden gut. „Frischer Wind und etwas mehr Luft zum Atmen“, das wäre wohl auch etwas, was den Schulleitu­ngen an den Grund- und Mittelschu­len gut tun würde, heißt es in der gemeinsame­n Mitteilung von BLLV und KEG. (zg)

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