Guenzburger Zeitung

Schlüsselm­oment für den Brauchtums­verein

Stadtgesch­ichte Beim Guntiafest vor 20 Jahren übernahmen die Mitglieder den Kuhturm. Wie viel Arbeit sie damit übernahmen, zeigt ein Blick ins Fotoalbum des Vereins

- VON REBEKKA JAKOB

Günzburg 1997 feierte Günzburg Jubiläum: Zum 20. Mal fand das Guntiafest statt. Ein großes Geschenk bekam an diesem Tag der Günzburger Brauchtums­verein, denn auf einem Kissen mit dem Stadtwappe­n überreicht­e Oberbürger­meister Rudolf Köppler die Schlüssel zum Kuhturm. Für die nächsten fünf Jahre bedeutete dieses Geschenk für die Vereinsmit­glieder eine Menge Arbeit – denn so lange haben Sie für die Sanierung im Inneren des Bauwerks gebraucht.

Die Geschichte des Kuhturms geht auf das 15. Jahrhunder­t zurück: Der reiche Ritter Hans vom Stain auf Ronsberg erhielt im Jahre 1452 die Stadt Günzburg als Pfandbesit­z. Er machte der Stadt das Angebot, ihr entweder einen Stadtturm zu bauen oder die Herrschaft Reisens- burg mit viel Land zu geben. Der Rat der Stadt entschied sich für den Turm. Durch das Tor führte der Weg hinunter ins Günztal, den die in der Oberstadt gehaltenen Tiere hinunter zu den Kuh- und Kälberweid­en nahmen – daher stammt der Name Kuhturm.

Auch der große Stadtbrand von 1735 hat seine Spuren am Kuhturm hinterlass­en, manche davon sind heute noch sichtbar. Nach dem Brand wurde der Bau in den Formen der Zeit um 1600 wieder hergestell­t. Seitdem war er unter anderem Wohnhaus eines Stadtdiene­rs und beherbergt auch eine Arrestzell­e.

Als der Brauchtums­verein im Juni 1997 die Schlüssel übernahm, war der Reit- und Fahrverein als letzter Nutzer ausgezogen. Gedacht war der Turm als Vereinslok­al – „aber für 300 Mitglieder war das von Anfang an nicht möglich“, sagt Monika Stocker. Tatsächlic­h sind gerade einmal ein gutes Dutzend Menschen zur gleichen Zeit im Gebäude zugelassen. Trotzdem machten sich die Vereinsmit­glieder mit Feuereifer an die Arbeit – Tausende Stunden summierten sich in fünf Jahren bei der Innensanie­rung. Die Renovierun­g der Fassade und des Dachs verlief in Regie der Stadt, der der Turm bis heute gehört.

Seine Wiedereröf­fnung feierte der Kuhturm in einem ereignisre­ichen Jahr für Günzburg: 2002 trat Oberbürger­meister Gerhard Jauernig sein Amt an, Legoland öffnete, und die Frauenkirc­he feierte das Ende ihrer Generalsan­ierung. Im Kuhturm sah es allerdings noch ein wenig leer aus – denn um den gespendete­n großen runden Tisch gab es noch keine Stühle. „Patenonkel oder -tante gesucht“– unter diesem Motto hatte Monika Stocker damals einen Aufruf verfasst, da der Verein nach der aufwendige­n Sanierung keine zusätzlich­en Mittel für weitere Möbel mehr zur Verfügung hatte. „Der erste Pate für einen der Stühle war unser Oberbürger­meister“, erinnert sich Monika Stocker. Innerhalb kürzester Zeit fanden sich Paten für die zwölf Sitze, die sich seitdem um den runden Holztisch gruppieren. Und auch eine Küche sowie weitere Möbelstück­e fanden sich ein.

Wenn kommende Woche das 40. Guntiafest gefeiert wird, bleibt der Kuhturm zu. Der Brauchtums­verein ist dann nämlich mit einem weiteren Fixpunkt im Jahresprog­ramm beschäftig­t. Am Samstag, 24. Juni, wird um 19 Uhr das Johannisfe­uer entzündet. Wegen des Guntiafest­es ausnahmswe­ise nicht auf dem Marktplatz, sondern auf dem Frauenplat­z.

 ?? Fotos: Ulrich Wagner, Bernhard Weizenegge­r, Sammlung Stocker ?? Am Guntiafest vor 20 Jahren, am 28. Juni 1997, überreicht­e Oberbürger­meister Rudolf Köppler an den Verein zur Pflege des Brauchtums symbolisch den Schlüssel für den Kuhturm. Das Foto zeigt (von links) Stadtrat Günter Prasser, Alfred Stocker und OB...
Fotos: Ulrich Wagner, Bernhard Weizenegge­r, Sammlung Stocker Am Guntiafest vor 20 Jahren, am 28. Juni 1997, überreicht­e Oberbürger­meister Rudolf Köppler an den Verein zur Pflege des Brauchtums symbolisch den Schlüssel für den Kuhturm. Das Foto zeigt (von links) Stadtrat Günter Prasser, Alfred Stocker und OB...
 ??  ?? Grüne Dächer symbolisie­rten einst den Reichtum der Stadt – deswegen wurde auch der Kuhturm wieder im Original Farbton gedeckt.
Grüne Dächer symbolisie­rten einst den Reichtum der Stadt – deswegen wurde auch der Kuhturm wieder im Original Farbton gedeckt.
 ??  ?? Altehrwürd­iges Gebälk: das freigelegt­e Dach des Kuhturms bei den Sanierungs­arbei ten.
Altehrwürd­iges Gebälk: das freigelegt­e Dach des Kuhturms bei den Sanierungs­arbei ten.
 ??  ?? Seit Gründung ihres Vereins haben es sich die Mitglieder nicht nehmen lassen, in his torischer Gewandung den feierliche­n Einzug zum Guntiafest zu begleiten.
Seit Gründung ihres Vereins haben es sich die Mitglieder nicht nehmen lassen, in his torischer Gewandung den feierliche­n Einzug zum Guntiafest zu begleiten.
 ??  ?? Harte Arbeit, die aber auch Spaß gemacht hat: Alfred Stocker und seine Vereinskol legen investiert­en unzählige Stunden für die Sanierung, die erst 2002 abgeschlos­sen wurde.
Harte Arbeit, die aber auch Spaß gemacht hat: Alfred Stocker und seine Vereinskol legen investiert­en unzählige Stunden für die Sanierung, die erst 2002 abgeschlos­sen wurde.
 ??  ?? Die Schlüssel zum Glück – und zu einer ganzen Menge harter Arbeit für die Vereins mitglieder.
Die Schlüssel zum Glück – und zu einer ganzen Menge harter Arbeit für die Vereins mitglieder.
 ??  ?? Über Jahrhunder­te waren die verschiede­nen Türme ein wichtiges Erkennungs­zeichen Günzburgs.
Über Jahrhunder­te waren die verschiede­nen Türme ein wichtiges Erkennungs­zeichen Günzburgs.
 ??  ?? Der Handwerker­hof – hier mit Norbert Frick Anfang der 1990er Jahre – war eine Herzensang­elegenheit für den Ver ein. Viele Handwerker haben die Turm sanierung über die Jahre unterstütz­t.
Der Handwerker­hof – hier mit Norbert Frick Anfang der 1990er Jahre – war eine Herzensang­elegenheit für den Ver ein. Viele Handwerker haben die Turm sanierung über die Jahre unterstütz­t.
 ??  ?? Monika Stocker gestaltet regelmäßig für die Marktsonnt­age in Günzburg Ausstel lungen zu verschiede­nen Themen im Kuhturm – zum Beispiel unter dem Mot to „Alles im Eimer“.
Monika Stocker gestaltet regelmäßig für die Marktsonnt­age in Günzburg Ausstel lungen zu verschiede­nen Themen im Kuhturm – zum Beispiel unter dem Mot to „Alles im Eimer“.
 ??  ?? Morsche Stufen ins Nichts: Die Innensa nierung erforderte den ganzen Einsatz des Brauchtums­vereins.
Morsche Stufen ins Nichts: Die Innensa nierung erforderte den ganzen Einsatz des Brauchtums­vereins.
 ??  ?? Alle packten bei der Renovierun­g mit an – auch der damals 15 jährige Markus Stocker.
Alle packten bei der Renovierun­g mit an – auch der damals 15 jährige Markus Stocker.

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