Jedes sechste Kind ist chronisch krank
Gesundheit Wer in frühen Jahren an einer Allergie, an Krebs, Asthma oder Diabetes erkrankt, braucht umfassende Hilfe. Ein Experte erklärt, warum die Zahl junger Patienten zunimmt
Neurodermitis, chronische Darmentzündungen, Rheuma, Epilepsien und Aufmerksamkeitsdefizitstörungen wie ADS und ADHS.
So manche Krankheit ließe sich nach Einschätzung von Professor Frühwald aber auch vermeiden. Mit großer Sorge beobachten der 51-Jährige und sein Team nicht nur die stark steigende Zahl von übergewichtigen Kindern und Jugendlichen. Immer mehr Heranwachsende kämen ins Klinikum mit psychosomatischen Verhaltensauffälligkeiten, die nicht selten ihren Ursprung auch in einem ungesunden Medienkonsum hätten. „Hier muss sich die Gesellschaft schon auch fragen, was sie den Kindern und Jugendlichen vorlebt. Wenn Erwachsene ständig an ihrem Smartphone hängen und daddeln, dürfen sie sich nicht wundern, wenn ihre Kinder es ihnen nachtun.“Das gelte auch für den Konsum von Drogen und Alkohol.
Doch nicht nur bei psychosomatischen oder adipösen Erkrankungen muss nach Ansicht von Frühwald die ganze Familie mit in den Heilungsprozess des jungen Patienten eingebunden werden. Der Verband der Kinder- und Jugendärzte fordert eine besser aufeinander abgestimmte pädagogische Unterstützung. Doch das sehe das aktuelle Finanzierungsmodell, das sich auf Fallpauschalen konzentriert, nicht vor. Frühwald bringt es auf den Punkt: „Wenn Kinder und Jugendliche schwer erkranken, muss der ganzen Familie geholfen werden.“Dafür aber fehle es meist am Geld. „Das System ist unterfinanziert.“
Auch das Klinikum ist nach Angaben von Frühwald auf die finanzielle Unterstützung von Vereinen und Sponsoren angewiesen, „um den jungen Patienten mehr bieten zu können, als ihnen Medikamente in den Rachen zu werfen“. Gerade die Hilfe von Psychologen, Ergound Psychotherapeuten müsste oft über Spenden finanziert werden. Engpässe und Probleme in der Versorgung tauchten vor allem auch am Übergang von der stationären in die ambulante Behandlung auf.
Doch es fehlt nach Einschätzung von Frühwald nicht nur am Geld. „Wir haben gerade auf dem Land auch zu wenig Kinderärzte.“Der Beruf müsse wieder attraktiver werden. Vor allem die Bürokratie gelte es abzubauen: „Mancher Kinderarzt dokumentiert mehr, als er mit Patienten spricht.“Und es mangle an Psychotherapeuten. Deren Wartelisten seien oft lang, dabei sei eine schnelle Hilfe nötig.