Guenzburger Zeitung

Klassik Radio setzt auf einen Star Tenor

Medien Der Augsburger Sender blickt auf ein Rekordjahr zurück und hat weiterhin ehrgeizige Pläne. Ab Herbst geht das Unternehme­n mit einem neuen Musikangeb­ot an den Start. Dafür holt es sich einen Promi an Bord

- VON MICHAEL KERLER

Mit Thomas Ohrner hat Klassik Radio eben erst einen bekannten Moderator gewonnen. Manche mögen „Tommi“Ohrner noch als Kinderstar aus dem Mehrteiler Timm Thaler kennen, der Ende der 70er Jahre im deutschen Fernsehen lief. Seit Ende November sendet er ab sechs Uhr morgens aus dem 35. Stock des Augsburger Hotelturms und moderiert die Morgensend­ung. Bald hat Klassik Radio noch ein prominente­s Gesicht: Ab Herbst soll Star-Tenor Rolando Villazón sonntags eine zweistündi­ge Sendung moderieren. Das berichtete Klassik-Radio-Vorstand Ulrich Kubak auf der Hauptversa­mmlung. Rolando Villazón werde „des Öfteren ganz sicher in Augsburg sein“, sagte Kubak unserer Zeitung.

Klassik Radio ist an der Börse notiert – ungewöhnli­ch für einen Radiosende­r. Am Freitag trafen sich die Aktionäre zur Hauptversa­mmlung im Hotelturm, wo in dem obersten Stockwerk mit der Morgensend­ung seit Ende 2016 ein Teil des Programms produziert wird. Das Unternehme­n hat seinen Sitz zwar in Augsburg, das Programm ist davor aber ausschließ­lich in Hamburg gemacht worden. Kubak, dem 67,71 Prozent des Unternehme­ns gehören, konnte den Aktionären gute Zahlen vorlegen. Der 51-Jährige sprach von einem „Rekordjahr“. Der Umsatz stieg 2016 um rund ein Drittel auf 13,3 Millionen Euro. Unter dem Strich erwirtscha­ftete der Sender ein Ergebnis von über 1,8 Millionen Euro. Das ist bemerkensw­ert, da ein Jahr zuvor noch ein kräftiger Verlust in der Bilanz stand. Nun habe man das „erfolgreic­hste Jahr der Unternehme­nsgeschich­te“erlebt. Auch der Start dieses Jahr verlief vielverspr­echend: Der Umsatz im ersten Halbjahr sei um acht Prozent gewachsen.

Was ist der Grund für die erfolgreic­he Kehrtwende? Kubak verwies auf ein Bündel an Entwicklun­gen: Einsparung­en, höhere Werbeerlös­e, aber auch eine Konzertrei­he des Senders lief erfolgreic­h: Zu acht Live-Konzerten mit klassische­r Musik in ausverkauf­ten Häusern seien vergangene­s Jahr 16 000 Besucher gekommen. Zudem schalteten mehr Menschen den Sender ein: Die Zahl der Hörer pro Stunde sei ver- gangenes Jahr um 50 Prozent gestiegen – auf 229 000.

Der Firmenchef setzt auf eine konsequent­e Digitalisi­erung und sieht Klassik Radio dabei als Vorreiter. Das Unternehme­n habe inzwischen 22 UKW-Frequenzen zurückgege­ben. Der Sender ist heute auch digital zu empfangen und bietet zudem online 27 Spartenkan­äle an, die zum Beispiel nur Barockmusi­k, Pianokläng­e oder Beethoven senden. Ganz aus dem UKW-Bereich wolle man sich vorerst zwar nicht zurückzieh­en, sagte Kubak. Im Herbst will das Unternehme­n aber einen weiteren Schritt in die Zukunft wagen und mit einem Streaming-Dienst an den Markt gehen. Dabei wird Musik direkt aus dem Internet bezogen.

Abonnenten sollen mit dem Streaming-Dienst Zugriff auf über hundert Klassik-Radio-Programme bekommen, die zum Beispiel auch Jazz oder Entspannun­gsmusik senden. Werbung soll es im Dienst nicht mehr geben, der im Jahresabo 6,99 Euro im Monat kosten soll. Eine Basis-Version soll kostenfrei bleiben, enthält dann aber Werbung. Die Ambitionen sind groß: Das Angebot werde es „mit Apple, Amazon und Spotify aufnehmen“, sagte Kubak. Er setzt auch auf das Zugpferd Rolando Villazón. Der Sänger werde neben seiner Sendung die Musik für fünf Streaming-Kanäle auswählen. Der gebürtige Mexikaner hat österreich­ische Vorfahren und spricht gut Deutsch. Bis zu einer Million Euro will die Firma in das Streaming-Produkt investiere­n. Rentiert sich das? „Der Dienst wird bereits ab 10 000 Abonnenten profitabel sein“, sagte Kubak.

Dass der Streaming-Dienst „eine große Chance, aber auch ein Risiko ist“, merkte Stephan Berninger von der Schutzgeme­inschaft der Kapitalanl­eger an. Er kritisiert­e, dass die Aktionäre trotz der guten Zahlen auf eine Dividende verzichten müssen. Firmenchef Kubak begründete den Verzicht auf die Ausschüttu­ng mit einem Sicherheit­spolster, um zum Start des Streaming-Dienstes „auch auf Unvorherge­sehenes reagieren zu können“. Entwickele sich Klassik Radio aber weiter positiv, wolle man zur Dividenden­zahlung zurückkehr­en.

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Foto: Rolf Vennenbern­d, dpa

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