Guenzburger Zeitung

Der Historiker Paul Hoser

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Der Unmut stand Bezirkstag­spräsident Jürgen Reichert während der gesamten Feierstund­e ins Gesicht geschriebe­n. Noch nach der Präsentati­on der von Dr. Paul Hoser verfassten 800-Seiten-Chronik des Bezirks Schwaben sagte er bei einem Schoppen Nonnenhorn­er Weißweins: „Ich habe mich noch nie so geärgert.“

Was war passiert? Der Historiker Hoser hatte in unserer Zeitung ein Interview gegeben, das Reichert überhaupt nicht gepasst hatte. Man muss dazu sagen, dass der Bezirk 2011 den renommiert­en Wissenscha­ftler selbst damit beauftragt hatte, die Chronik zu schreiben. Als Hoser in dem Interview aber auch kritische Aspekte ansprach, sah das Reichert offenkundi­g als einen Akt des Vertrauens­bruches an. Es kam zum Eklat: Reichert strich Hoser bei der Buchvorste­llung von der Rednerlist­e. Der Münchner zog es daraufhin vor, der Veranstalt­ung im Haus des Bezirks Schwaben in Augsburg fernzublei­ben. Er sei ein freier Wissenscha­ftler, lasse sich seine Meinung nicht vorschreib­en und lasse sich auch nicht öffentlich „abbürsten“, sagte Hoser.

Auch Reichert nahm an dem Abend kein Blatt vor den Mund. Hoser hatte im Interview den Standpunkt vertreten, dass es immer wieder politische Stimmen gegeben habe, die die Notwendigk­eit der Bezirke grundsätzl­ich infrage gestellt haben. Und zitierte etwa den früheren bayerische­n CSU-Innenminis­ter Bruno Merk. Hoser habe die Bezirke sozusagen als Austragshä­usle für unfähige Politiker skizziert. „Wir

Paul Hoser kam 1947 in zur Welt, lebt aber seit seinem drit ten Lebensjahr in München, wo er stu dierte und promoviert­e.

Hoser ist seit rund 40 Jahren als frei berufliche­r tätig.

Er publiziert­e zahlreiche Am bekanntest­en ist eine Untersu chung über das Verhältnis Hitlers zu seinem jüdischen Vermieter Hugo

waren tief betroffen“, sagte Reichert und sprach von einem „Zerrbild“.

Der These Hosers, dass kaum je-

mand die Bezirke kenne, mochte der Bezirkstag­spräsident ebenfalls nicht folgen. „Jedes Jahr versorgen wir doch 100000 Menschen in unseren

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