Guenzburger Zeitung

Was ist uns die Natur?

Serie Das Verhältnis des Menschen zur Umwelt ist vielfältig: emotional und wissenscha­ftlich, wirtschaft­lich und religiös. Die darin liegenden Widersprüc­he werden sich künftig noch fatal verschärfe­n. Oder aber: lösen! Eine Provokatio­n

- VON WOLFGANG SCHÜTZ

Von der Ferne betrachtet ist das Verhältnis eindeutig. Der Mensch ist der große Umgestalte­r der Natur. Es gibt praktisch keinen Flecken auf der Erdoberflä­che mehr, auf dem seine Einflüsse keine Spuren hinterlass­en hätten. Und auch um den Planeten herum kreisen und in den Untiefen der Tiefsee liegen die Zeugnisse seines Wirkens. Einige Wissenscha­ftler sprechen darum bereits vom „Anthropozä­n“, dem ersten Erdzeitalt­er also, das aufgrund folgenreic­her Dominanz einer einzelnen Spezies benannt werden sollte, nach dem Menschen.

Je näher man an ihn herangeht, desto vielfältig­er wird das Bild. Er spaziert durch die Natur, um zur Ruhe zu kommen; er setzt sich ihr surfend, kletternd, fliegend als Sportler und Abenteurer aus; er studiert sie als Forscher; er imitiert sie, versucht sie zu übertreffe­n und selbst zu gestalten als Ingenieur; er verehrt sie als Dichter; er nutzt ihre die Natur flanieren – die dann ja auch als durch ihn gezähmte noch natürlich wäre. Und wer vermisste schon die Härten der Wildnis und die plötzliche­n Extreme, die überall und jederzeit den Tod bringen können? Wir könnten uns währenddes­sen doch weiter in noch abenteuerl­icheren Herausford­erungen zu Lande, zu Wasser und in der Luft beweisen. Der Konsument könnte frei vor seinem Gewissen stehen. Und selbst für den Gläubigen würde vieles bleiben – sicher mehr als bislang überhaupt vorstellba­r –, wenn der Mensch erst noch tiefer in die Komplexitä­t des Lebens vorgedrung­en ist. Ja, Wunder. Wunder der Natur, lesbar gemacht, und dann für die Natur wiederum nutzbar gemacht.

Hört sich das nach Apokalypse an, die sonst gerne mit Feldern wie der Genforschu­ng assoziiert wird? Felder, von deren Errungensc­haften der Mensch ohnehin heute schon alltäglich profitiert, es nur als moralisch fragwürdig ansieht – und Fortschrit­te, ohne deren Errungensc­haften

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Foto: robert, fotolia

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