Familienvater will schnell an Geld kommen
Prozess 40-Jähriger bricht in ein Wohnhaus und zehn Tage später in eine Metzgerei ein. Jetzt steht er vor Gericht
Noch einmal blickt er zu seiner Frau, die im Zuhörerbereich Platz genommen hat. Sie nickt ihm aufmunternd zu. Gleich beginnt die Hauptverhandlung gegen den 40-Jährigen, der sich am Donnerstag vor dem Günzburger Amtsgericht wegen versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahls und versuchten Diebstahls verantworten muss.
Es ist der 19. April 2016, als er das gekippte Fenster eines Wohnhauses in Thannhausen sieht. Er nimmt einen Balken und lehnt ihn als Einstiegshilfe unterhalb des Fensters an. Mit einer Fahrradlampe leuchtet er in das Wohnzimmer. Versehentlich lässt er die Lampe in den Raum fallen. Durch den Lärm aufgewacht, kommt der Hausbesitzer ins Zimmer. Und sieht den Angeklagten davon laufen. Etwa zehn Tage später schlägt der 40-Jährige erneut in Thannhausen zu. Diesmal mit einem Pflasterstein. Er trifft die Scheibe einer Metzgerei, in der Hoffnung, Bargeld zu finden. Doch beim Einbruch zeigt sich: die Kasse ist leer. Was bleibt, ist ein Sachschaden von 1000 Euro. Vor Gericht räumt der Mann alles ein und lässt seinen Anwalt vortragen, er sei erheblich alkoholisiert gewesen. Zu den Taten habe er sich spontan entschieden und bereue sie zutiefst.
Das Geld sitzt knapp bei der Familie. Der Rumäne ist Metallbauer, seine Frau in Teilzeit beschäftigt und es ist ein Kredit abzubezahlen. Vorbestraft ist der Angeklagte nicht. Dennoch sagt Richter Walter Henle: „Wenn sich so etwas häufen würde, dann sehe ich Ihre Zukunft nicht mehr in Deutschland, sondern in Rumänien.“Ob er dorthin zurückwolle, fragt Henle. „Nein“, antwortet der Familienvater leise und senkt den Blick. „Dann halten Sie sich bitte an unsere Regeln. Das erwarten wir von unseren Gästen“, erwidert Henle. Der Richter betont nochmals, dass es für einen Menschen nichts Schlimmeres gebe, als den Eingriff in seine Privatsphäre – den Einbruch in seine Wohnung, seine Intimsphäre. „Es gibt Menschen, die sich danach äußerst unwohl fühlen in ihrer Wohnung“, erklärt Henle. Der Angeklagte blickt mal ins Leere, mal aus dem Fenster, mal an die Decke, auf den Tisch. Die Schultern lässt er hängen in seinem locker sitzenden, roten Hemd. Er versteht alles, Deutsch sprechen fällt ihm schwer. Zur Sicherheit übersetzt eine Dolmetscherin.
Dass der 40-Jährige vollumfänglich gesteht und bei der Tat alkoholisiert war, legt die Staatsanwältin zu seinen Gunsten aus. Zu Lasten legt sie ihm den entstandenen Sachschaden, den engen Zeitraum der Taten und dass es zum Diebstahl gekommen wäre, wäre Geld in der Kasse gewesen. Sie fordert insgesamt neun Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung. Der Anwalt des Angeklagten fordert nicht mehr als sieben.
Richter Walter Henle gibt ihm letztlich acht Monate, ausgesetzt zur Bewährung. Dass seine Taten nur im Versuchsstadium blieben, komme ihm zugute. Er sei aber ganz schnell im Knast, wenn er gegen die Auflagen verstieße. „Ich erwarte, dass Sie mit dem Bewährungshelfer zusammenarbeiten. Sehen Sie das als Hilfsangebot.“Der Mann nickt immer wieder und presst die Lippen aufeinander. Henle lächelt ihm aufmunternd zu: „So, und jetzt sage ich nicht auf Wiedersehen, sondern Tschüss.“