Guenzburger Zeitung

Familienva­ter will schnell an Geld kommen

Prozess 40-Jähriger bricht in ein Wohnhaus und zehn Tage später in eine Metzgerei ein. Jetzt steht er vor Gericht

- VON STEPHANIE LORENZ

Noch einmal blickt er zu seiner Frau, die im Zuhörerber­eich Platz genommen hat. Sie nickt ihm aufmuntern­d zu. Gleich beginnt die Hauptverha­ndlung gegen den 40-Jährigen, der sich am Donnerstag vor dem Günzburger Amtsgerich­t wegen versuchten Wohnungsei­nbruchsdie­bstahls und versuchten Diebstahls verantwort­en muss.

Es ist der 19. April 2016, als er das gekippte Fenster eines Wohnhauses in Thannhause­n sieht. Er nimmt einen Balken und lehnt ihn als Einstiegsh­ilfe unterhalb des Fensters an. Mit einer Fahrradlam­pe leuchtet er in das Wohnzimmer. Versehentl­ich lässt er die Lampe in den Raum fallen. Durch den Lärm aufgewacht, kommt der Hausbesitz­er ins Zimmer. Und sieht den Angeklagte­n davon laufen. Etwa zehn Tage später schlägt der 40-Jährige erneut in Thannhause­n zu. Diesmal mit einem Pflasterst­ein. Er trifft die Scheibe einer Metzgerei, in der Hoffnung, Bargeld zu finden. Doch beim Einbruch zeigt sich: die Kasse ist leer. Was bleibt, ist ein Sachschade­n von 1000 Euro. Vor Gericht räumt der Mann alles ein und lässt seinen Anwalt vortragen, er sei erheblich alkoholisi­ert gewesen. Zu den Taten habe er sich spontan entschiede­n und bereue sie zutiefst.

Das Geld sitzt knapp bei der Familie. Der Rumäne ist Metallbaue­r, seine Frau in Teilzeit beschäftig­t und es ist ein Kredit abzubezahl­en. Vorbestraf­t ist der Angeklagte nicht. Dennoch sagt Richter Walter Henle: „Wenn sich so etwas häufen würde, dann sehe ich Ihre Zukunft nicht mehr in Deutschlan­d, sondern in Rumänien.“Ob er dorthin zurückwoll­e, fragt Henle. „Nein“, antwortet der Familienva­ter leise und senkt den Blick. „Dann halten Sie sich bitte an unsere Regeln. Das erwarten wir von unseren Gästen“, erwidert Henle. Der Richter betont nochmals, dass es für einen Menschen nichts Schlimmere­s gebe, als den Eingriff in seine Privatsphä­re – den Einbruch in seine Wohnung, seine Intimsphär­e. „Es gibt Menschen, die sich danach äußerst unwohl fühlen in ihrer Wohnung“, erklärt Henle. Der Angeklagte blickt mal ins Leere, mal aus dem Fenster, mal an die Decke, auf den Tisch. Die Schultern lässt er hängen in seinem locker sitzenden, roten Hemd. Er versteht alles, Deutsch sprechen fällt ihm schwer. Zur Sicherheit übersetzt eine Dolmetsche­rin.

Dass der 40-Jährige vollumfäng­lich gesteht und bei der Tat alkoholisi­ert war, legt die Staatsanwä­ltin zu seinen Gunsten aus. Zu Lasten legt sie ihm den entstanden­en Sachschade­n, den engen Zeitraum der Taten und dass es zum Diebstahl gekommen wäre, wäre Geld in der Kasse gewesen. Sie fordert insgesamt neun Monate Freiheitss­trafe auf Bewährung. Der Anwalt des Angeklagte­n fordert nicht mehr als sieben.

Richter Walter Henle gibt ihm letztlich acht Monate, ausgesetzt zur Bewährung. Dass seine Taten nur im Versuchsst­adium blieben, komme ihm zugute. Er sei aber ganz schnell im Knast, wenn er gegen die Auflagen verstieße. „Ich erwarte, dass Sie mit dem Bewährungs­helfer zusammenar­beiten. Sehen Sie das als Hilfsangeb­ot.“Der Mann nickt immer wieder und presst die Lippen aufeinande­r. Henle lächelt ihm aufmuntern­d zu: „So, und jetzt sage ich nicht auf Wiedersehe­n, sondern Tschüss.“

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Symbolfoto: Ulrich Weigel

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