Guenzburger Zeitung

Ein Bekenntnis zur Innenstadt

Handel Das Modehaus Frey ist das älteste in Burgau. Es hat nach einem größeren Umbau wieder geöffnet

- VON CHRISTIAN KIRSTGES

Andere müssen den Konkurrenz­kampf mit dem Internet oder den Outlets aufgeben. Doch das Modehaus Frey, das älteste in Burgau, hat in einen Umbau investiert und versteht das als Bekenntnis zum Standort in der Innenstadt. Fast drei Wochen lang wurde gearbeitet, um den vorderen Bereich umzugestal­ten, den hinteren farblich anzupassen und auch den Boden zu erneuern. Zuletzt war vor zehn Jahren in größerem Umfang umgebaut worden. „Man muss eben mit der Zeit gehen“, sagt Chefin Antonie Frey-Brenner. Wie viel investiert wurde, möchte sie nicht sagen.

Begonnen hatte alles 1857 mit der Gründung der Färberei Frey durch Kletus und Cäcilie Frey, 1870 wurde das Haus an der Stadtstraß­e gekauft und eine Färberei sowie ein Geschäft eingericht­et. 1954 folgte der Neubau des Stammhause­s und die Erweiterun­g des Textillade­ns, der Hauptgesch­äftszweig wurde die chemische Reinigung – und 1995 wurde Antonie Frey-Brenner Inhaberin und Geschäftsf­ührerin von Mode Frey. Jetzt ist auch Tochter Stephanie Brenner mit in der Firma.

Nach und nach soll die 25-Jährige, die an der Akademie für Modemanage­ment im baden-württember­gischen Nagold zur Textilbetr­iebswirtin ausgebilde­t wurde, das Geschäft übernehmen. Dass sie die Familientr­adition weiterführ­t, stand für sie schon lange fest, als Kind war der Laden ihr Spielplatz und später meinte eine Kundin: „Ich habe bei Ihrer Großmutter gekauft, jetzt kaufe ich bei Ihrer Mutter und später werde ich bei Ihnen einkaufen.“

Dass die nächste Generation ein Geschäft oder eine andere Firma fortführt, ist nicht selbstvers­tändlich. Nach Auskunft der Industrieu­nd Handelskam­mer (IHK) Schwaben gebe es zu wenige, die einen Betrieb übernehmen. Der weiter zunehmende Wettbewerb­sdruck, die langen Arbeitszei­ten und der Strukturwa­ndel hin zu Online sind nur drei Gründe. „Auch gibt es keinen Familienau­tomatismus mehr, die Jungen wollen oft eigene Wege gehen“, sagt IHK-Handelsexp­erte André Köhn. Schwierig werde es, wenn die Bindung zum früheren Inhaber groß ist und dann jemand anderes das Geschäft fortführt. Auch angesichts schrumpfen­der Märkte und einem Zug in die großen Städte berät die IHK gezielt, wer eine Firma abgeben oder eine gründen will.

Leicht sei es allerdings nicht, viele Interessen­ten für Beratungen zur Geschäftsü­bergabe zu finden, sagt Karen Breuer von der Industrieu­nd Handelskam­mer. Es sei ein emotionale­s Thema, „viele schieben das erst einmal vor sich her“. Und André Köhn sagt: „Es steckt da ja auch eine Menge Herzblut drin. Viele möchten ihr Geschäft so lange es geht führen, erst recht, wenn es nicht in der Familie bleibt.“Fünf Jahre seien jedenfalls ein ordentlich­er Puffer für eine Übergabe, erklärt Breuer, aber eine Notfallpla­nung sei auch wichtig für den Fall, dass es anders kommt als geplant und der Betrieb nicht so lange in den eigenen Händen bleiben kann. Zudem sei es wichtig, das Unternehme­n in einem so attraktive­n Zustand wie möglich zu übergeben – „eine Übergabe eins zu eins ist heute nicht mehr möglich“, betont Köhn. Und dazu gehört auch, das Thema Internet nicht außer Acht zu lassen. „Es muss alles gut vorbereite­t sein.“

Trotz der Schwierigk­eiten in der Textilhand­elsbranche sieht er noch lange nicht schwarz, auch nicht für die Betriebe in der Region. Der Handel am Ort kenne eben seine Kunden und könne sie gezielt ansprechen, Nischen zu nutzen sei der Schlüssel zum Erfolg, „der Kunde sucht Einkaufser­lebnisse“. Gerade beim Modehandel könne der Vorteil auch darin bestehen, sich von der zunehmende­n Uniformitä­t der Innenstädt­e abzuheben, die mehr und mehr Kunden kritisiert­en. „Mode schreit ja nach Individual­ität.“

Auch Michael Hackenberg, der Zweite Vorsitzend­e des Handelsund Gewerbever­eins Burgau, ist der Überzeugun­g: „Wenn man sich von den anderen absetzt, hat man eine Chance.“Hackenberg, der in der Stadt ein Herrenmode­n-Geschäft führt, glaubt auch nicht, dass die großen Unternehme­n „die kleinen fressen“. Er selbst habe etwa viele junge Kunden, die gerade die individuel­le Beratung eines inhabergef­ührten Geschäfts schätzten, „und wer im Internet bestellt, schickt vieles ja wieder zurück“.

Einen Internet-Shop möchte Stephanie Brenner nicht einführen – „wir bestellen alles, was die Kunden wünschen“–, aber die Homepage erneuern und auf Facebook mit dem Damenmoden-Geschäft präsent sein. Erst einmal geht es ihr aber darum, die Stammkunde­n näher kennenzule­rnen, von denen der Laden lebt und die auch aus Augsburg und München, vereinzelt sogar aus Stuttgart und Berlin kämen. „Wir bleiben uns treu“, betont sie, und ihre Mutter ergänzt: „Die Zufriedenh­eit der Kunden steht an erster Stelle.“Zwar spüren auch sie den Wandel im Handel gerade im Bereich des Mittelstan­ds und merken, dass die Frequenz in der Innenstadt abnimmt – „wir brauchen unbedingt Parkplätze“–, aber sie gehen davon aus, dass der Trend zum Online-Handel stagniert. Schließlic­h eröffneten auch Internethä­ndler Läden in den Städten. Sie haben für sich die Nische gefunden, von denen die IHK und Hackenberg sprechen, und sind guter Dinge, dass die Tradition fortlebt. „Wir schauen positiv in die Zukunft“, sagt die 63-jährige Frey-Brenner, die seit ihrem 18. Lebensjahr im Geschäft ist.

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