Jung und schlicht, aber eine Oase
Weihejubiläum Was sind schon 50 Jahre für eine Kirche? Auf Schmuck und Pracht allein kommt es nicht an. Kleinode finden sich aber auch in St. Johannes Baptist in Ichenhausen
Es ist eine junge Kirche, die vor fünf Jahrzehnten neu gebaut werden musste, wo schon im Mittelalter eine Kirche gestanden hatte. Auf die mittelalterliche Kirche folgte eine barocke Kirche, es gab Umbauten und schließlich sollte das baufällig und zu klein gewordene Gotteshaus Anfang der 1960er Jahre ein neues Langhaus bekommen. Den Turm wollte man erhalten. Der aber stürzte bei Unterfangungsarbeiten am Abend des Ostermontag 1964 ein. Die Kirche erlitt dabei schweren Schaden und musste abgerissen werden. Jetzt jährt sich der Weihetag der neuen Ichenhauser Kirche St. Johannes Baptist zum 50. Mal.
Verglichen mit den im Jahr 1392 gesicherten ältesten Belegen für eine Kirche scheinen 50 Jahre fast nicht der Rede wert. Und doch sagt Pater Jonas, der Ichenhauser Stadtpfarrer, dass auch diese vergleichsweise kurze Zeitspanne eine reiche Zeit sei. Viele Gottesdienste, viele Feste und Feiern zu traurigen und frohen Anlässen haben die Menschen dort erlebt, und Pater Jonas ist davon überzeugt, dass die schlichte moderne Kirche (Architekt Johann Rappel) mit den klaren Linien und dem eindrucksvollen Mosaik „ein Stück Heimat für die Menschen ist“.
Aus seiner geistlichen Heimat kennt es der Prämonstratenser-Pater anders, die Roggenburger Klosterkirche beeindruckt und wirkt mit ihrer barocken Prachtfülle. Ja, das bringe Festlichkeit, sagt Pater Jonas, aber entscheidend ist für ihn doch, dass Menschen den Raum mit Leben füllen. „Ich habe St. Johannes Baptist angenommen als meine Kirche, das Äußere war mit nicht wichtig“, sagt der Geistliche, der mit 41 Jahren noch jünger ist als das Kirchengebäude, „ich bin hier für die Menschen da.“Von Anfang an hat ihm die Taufkapelle sehr gut gefallen. Dieser runde Zentralbau, in dessen Mitte der Taufstein steht, wurde über dem ehemaligen Chor der Vorgängerkirche gebaut und damit vermutlich auch über den Grabstätten der ehemaligen Ichenhauser Ortsherren.
Durch die runde Deckenöffnung fällt Tageslicht in die anheimelnd wirkende Taufkapelle, die Pater Jonas auch gern für Andachten oder Gottesdienste mit kleinen Gruppen nutzt. Eher kühl wirkt dagegen das Langhaus mit der flachen Fichtenholzdecke, den langen einfachen Bankreihen für circa 400 Gottesdienstbesucher und der eher schlichten Innenausstattung. Dominant ist das Mosaikband. „Jesus steht im Zentrum“, sagt Pater Jonas, „es ist wie ein Kreuz, das die ganze Kirche umarmt.“Hinter dem Altar geht das, von dem Augsburger Künstler Leo Schmitt, entworfene Mosaik nicht nur in die Horizontale, sondern auch in die Höhe und bildet so ein Kreuz.
Im Zentrum, im senkrechten Kreuzbalken ist Jesus, Johannes der Täufer weist auf ihn hin. Das Lamm Gottes steht für die Erlösung der Menschheit durch den Opfertod des Gottessohnes. Hinter dem Altar bildet das Mosaik dann die Apostel ab, an anderen Stellen im Kirchenschiff sind Kirchenpatrone, Heilige und Glaubensleute zu sehen. Leicht macht es das Mosaik den Betrachtern aber nicht, in diesen Bildern zu lesen. „Man muss genau hinschauen und sich auch Zeit nehmen“, sagt Pater Jonas, auch wenn das weniger im Trend der Zeit liegt. Er sieht St. Johannes Baptist jedenfalls als „gewisse Oase“. Wer in die Kirche tritt, den Lärm der Stadt und der Straße hinter sich lässt, könne auch Hektik und Unruhe draußen lassen. Dass die Ichenhauser das durchaus schätzen, zeigen ihm die Menschen, die außerhalb der Gottesdienstzeiten zum Beten oder einfach zum Innehalten in die Kirche kommen und oftmals auch ein Opferlicht anzünden. „Fehlen tut eigentlich nichts“, sagt der Geistliche, „das Wichtigste sind immer die Menschen, die die Kirche mit Leben füllen.“Das heißt aber nicht, dass er keine Wünsche hätte. „Was ein Traum wäre“, sagt Pater Jonas, „ist den Raum etwas aufzuhellen.“Die Scheiben der Fenster lassen eher trübes Licht in den großen Kirchenraum herein.
Und dann sind da auch noch ganz profane Dinge wie der große Riss an der Ostwand, der sich von der Holzdecke bis zum Mosaikband zieht. „Jedes Haus wird nach 50 Jahren renoviert“, sagt Pater Jonas, auch in der Ichenhauser Stadtpfarrkirche stehen Arbeiten an. Konkrete Pläne dafür gibt es aber noch nicht. Jetzt soll erst einmal das Jubiläum des jungen Kirchenbaus gefeiert werden, den am 2. Juli 1967, der Augsburger Bischof Josef Stimpfle geweiht hat.
Am Sonntag, 25. Juni, um 10 Uhr ist Pontifikalgottesdienst mit Prämonstratenser Generalabt Thomas Handgrätinger aus Rom, es musizieren die Chöre der Pfarreiengemeinschaft Ichenhausen, der Kirchenchor Kissendorf und die Musikkapelle Autenried. Nach dem Gottesdienst wird mit Mittagessen, Flohmarkt, Quiz, Kirchturmbesteigung und einer kleinen Ausstellung zum Jubiläum gefeiert, Musik machen die Stadtkapelle Ichenhausen und der Gospelchor.
Zum Abschluss des Weihejubiläums gibt es am Donnerstag, 29. Juni, um 20 Uhr, eine Abendführung durch die Kirche mit Stadtarchivarin Claudia Madel-Böhringer.