Der Ritterpoet hat neue Verse in der Tasche
Poesie Auf dem Historischen Fest wird der Zahntechnikermeister Peter Mader Reime aus seinem neuen Buch „Ritterlyrik“vortragen. Welchen Burgauern er Worte widmet und wieso Dichten auf Schwäbisch gar nicht so leicht ist
Bevor er einen Vers vorliest, setzt er seine Brille auf und stützt den rechten Ellbogen auf. Dann nimmt er das Buch in die linke Hand, hebt den Zeigefinger der rechten, gestikuliert und blickt dem Zuhörer über seinen Brillenrand hinweg in die Augen. Manches muss er ablesen, vieles weiß er auswendig. In diesem Moment wird aus Peter Mader, dem Kleinanhauser Zahntechnikermeister, Dentatus vom Eichberg, der Burgauer Ritterpoet. Und als solcher wird er auf dem Historischen Fest, das vom 20. bis 24. Juli in Burgau stattfindet, auch in diesem Jahr seine Verse vortragen. Bis 2009 war er dort als Bürger oder Bauer unterwegs. Bis er vor acht Jahren die Idee hatte, sich sein Faschings-Ritterkostüm überzustreifen und Verse vorzutragen – inspiriert von der Burgauer Verstradition, die aus dem Fasching stammt.
Früher hätten die Burgauer diese Jahreszeit genutzt, sich gegenseitig auf den Arm zu nehmen, erklärt Peter Mader. Und seien dabei immer auch ein bisschen despektierlich gewesen. „Die Kinder kriegen die Verse aber heute noch im Heimatunterricht vermittelt“, sagt er.
Wieso also nicht am Historischen Fest Verse übers Mittelalter vortragen? Peter Mader stellte sich kurzerhand an den Burgauer Torbogen und trug selbstverfasste Reime vor. „Wider Erwarten wurde es ein Selbstläufer“, erinnert er sich an die vielen Zuhörer. Ein Gast habe gesagt: „Das kaufe ich!“„Was?“, habe er irritiert zurückgefragt. „Das Buch, aus dem die Verse sind“, habe der Zuhörer geantwortet.
Da war sie geboren, die Idee, die Verse in ein Buch zu packen. Das macht Mader seither im Selbstverlag, was einen großen Vorteil hat: „Es ist kein Verlag dahinter, der zensiert“, sagt er. Den Druck übernimmt Buchbindermeister Martin Beil aus Mönstetten.
So sind bereits vier Bände erschienen. Der erste, „Rittergedichte“, 2010. Zwei Jahre später erschienen die „Ritterverse“, „dann schon mit bisschen schwäbischem Einschlag“, erklärt Mader. Zum Historischen Fest 2013 ließ er eine Extra-Ausgabe drucken mit kurzen Versen über Burgauer Persönlichkeiten wie den Trommler-Albert oder D’r Schuahschdr. Danach erschien Band Nummer drei, „Ritterpoesie“. Im Mai diesen Jahres wurde das neue Buch fertig: „Ritterlyrik“. „Obwohl es nur zu einem Foto: Mader Drittel Ritterlyrik enthält“, sagt Mader, „ansonsten ist sehr viel Schwäbisch drin.“Wenn er auf Mittelalterfesten in der Gegend unterwegs ist, stelle er immer wieder fest: „Schwäbisch sprechen die Leute heute vielleicht teilweise nicht mehr, aber oft werden Erinnerungen geweckt.“An die Oma zum Beispiel. „Das ist eine Sprache, die verloren geht“, sagt er. Seine schwäbischen Gedichte stellen ihn oft vor eine Herausforderung: „Schwäbische Gedichte kann man mit unserer Schrift, mit unseren konventionellen Buchstaben, eigentlich nicht schreiben. Wegen der Nasale.“Die seien schwer zu sprechen und zu lesen. Zum Beweis schlägt Peter Mader sein neues Buch auf, hebt den Zeigefinger und trägt einige Zeilen aus dem Vers „Schwäbisch für Auswärtige“vor (siehe Zitat links). Zehn Seiten umfasst dieser, von Seite 50 bis 59. Die schwäbischen Verse mögen vor allem die Älteren gern, erklärt der Ritterpoet. Aber auch die Jüngeren kommen auf ihre Kosten. Da endet ein Vers schon mal auf „Justin Bieber“. Ohnehin sind die meisten Verse problemlos auch in die Gegenwart übertragbar. Mal ironisch, mal gesellschaftskritisch, mal „ballaballa“, wie Mader mit einem Grinsen gesteht. „Grundsätzlich mache ich gerne Verse über verschiedene Nationalitäten.“ Denn über Vorurteile könne man ganz gut Witze machen.
So hat Mader zum Beispiel den holländischen Ritter Gouda erschaffen, „aufgezogen an der Grundidee, dass die Holländer nicht Auto fahren können“. In seinem neuen Buch schreibt er auch über die Franzosen und die Maut-Österreicher.
Aber auch heimische Persönlichkeiten finden zum Historischen Fest 2017 wieder ihren Platz in einer Sonderausgabe. Einen kurzen Vers gibt es zum Beispiel über Bürgermeister Konrad Barm – ein Wortspiel mit seinem Nachnamen, der auf Englisch „Hefe“bedeutet. Bevor der Reim in Druck ging, hat sich Ritterpoet Mader das Okay des Bürgermeisters geholt: „Er konnte herzlich darüber lachen“, sagt er. Auch Fotograf Peter Wieser und Kulturamtsleiter Stefan Siemons widmete er ein paar Zeilen.
Alle Bände zusammengenommen wurden bereits 300 Gedichte abgedruckt, erklärt Mader. Das sind circa vier Stunden Repertoire. „Meine Frau sagt immer: „Wie fällt dir das alles ein?“Er schmunzelt. „Aber das kommt einfach zu mir, ich brauche da nicht hinterherlaufen.“
Am Historischen Fest will er immer zur vollen Stunde wechselnde Gedichtvorträge halten. Seine Bücher gibt es dann für jeweils zehn Euro. „Ich verkaufe sie nicht offensiv“, erklärt Dentatus, „aber ich habe immer ein paar in der Tasche.“
„Ja dr Schwaub – dau mechtsch verregga zomma Stock – da said der Stegga seine Semmel – des send Wegga ond an Stier – braucht ma zom degga.“Dentatus vom Eichberg, aus „Schwäbisch für Auswärtige“aus seinem Buch „Ritterlyrik“