Guenzburger Zeitung

Der Ritterpoet hat neue Verse in der Tasche

Poesie Auf dem Historisch­en Fest wird der Zahntechni­kermeister Peter Mader Reime aus seinem neuen Buch „Ritterlyri­k“vortragen. Welchen Burgauern er Worte widmet und wieso Dichten auf Schwäbisch gar nicht so leicht ist

- VON STEPHANIE LORENZ

Bevor er einen Vers vorliest, setzt er seine Brille auf und stützt den rechten Ellbogen auf. Dann nimmt er das Buch in die linke Hand, hebt den Zeigefinge­r der rechten, gestikulie­rt und blickt dem Zuhörer über seinen Brillenran­d hinweg in die Augen. Manches muss er ablesen, vieles weiß er auswendig. In diesem Moment wird aus Peter Mader, dem Kleinanhau­ser Zahntechni­kermeister, Dentatus vom Eichberg, der Burgauer Ritterpoet. Und als solcher wird er auf dem Historisch­en Fest, das vom 20. bis 24. Juli in Burgau stattfinde­t, auch in diesem Jahr seine Verse vortragen. Bis 2009 war er dort als Bürger oder Bauer unterwegs. Bis er vor acht Jahren die Idee hatte, sich sein Faschings-Ritterkost­üm überzustre­ifen und Verse vorzutrage­n – inspiriert von der Burgauer Verstradit­ion, die aus dem Fasching stammt.

Früher hätten die Burgauer diese Jahreszeit genutzt, sich gegenseiti­g auf den Arm zu nehmen, erklärt Peter Mader. Und seien dabei immer auch ein bisschen despektier­lich gewesen. „Die Kinder kriegen die Verse aber heute noch im Heimatunte­rricht vermittelt“, sagt er.

Wieso also nicht am Historisch­en Fest Verse übers Mittelalte­r vortragen? Peter Mader stellte sich kurzerhand an den Burgauer Torbogen und trug selbstverf­asste Reime vor. „Wider Erwarten wurde es ein Selbstläuf­er“, erinnert er sich an die vielen Zuhörer. Ein Gast habe gesagt: „Das kaufe ich!“„Was?“, habe er irritiert zurückgefr­agt. „Das Buch, aus dem die Verse sind“, habe der Zuhörer geantworte­t.

Da war sie geboren, die Idee, die Verse in ein Buch zu packen. Das macht Mader seither im Selbstverl­ag, was einen großen Vorteil hat: „Es ist kein Verlag dahinter, der zensiert“, sagt er. Den Druck übernimmt Buchbinder­meister Martin Beil aus Mönstetten.

So sind bereits vier Bände erschienen. Der erste, „Rittergedi­chte“, 2010. Zwei Jahre später erschienen die „Rittervers­e“, „dann schon mit bisschen schwäbisch­em Einschlag“, erklärt Mader. Zum Historisch­en Fest 2013 ließ er eine Extra-Ausgabe drucken mit kurzen Versen über Burgauer Persönlich­keiten wie den Trommler-Albert oder D’r Schuahschd­r. Danach erschien Band Nummer drei, „Ritterpoes­ie“. Im Mai diesen Jahres wurde das neue Buch fertig: „Ritterlyri­k“. „Obwohl es nur zu einem Foto: Mader Drittel Ritterlyri­k enthält“, sagt Mader, „ansonsten ist sehr viel Schwäbisch drin.“Wenn er auf Mittelalte­rfesten in der Gegend unterwegs ist, stelle er immer wieder fest: „Schwäbisch sprechen die Leute heute vielleicht teilweise nicht mehr, aber oft werden Erinnerung­en geweckt.“An die Oma zum Beispiel. „Das ist eine Sprache, die verloren geht“, sagt er. Seine schwäbisch­en Gedichte stellen ihn oft vor eine Herausford­erung: „Schwäbisch­e Gedichte kann man mit unserer Schrift, mit unseren konvention­ellen Buchstaben, eigentlich nicht schreiben. Wegen der Nasale.“Die seien schwer zu sprechen und zu lesen. Zum Beweis schlägt Peter Mader sein neues Buch auf, hebt den Zeigefinge­r und trägt einige Zeilen aus dem Vers „Schwäbisch für Auswärtige“vor (siehe Zitat links). Zehn Seiten umfasst dieser, von Seite 50 bis 59. Die schwäbisch­en Verse mögen vor allem die Älteren gern, erklärt der Ritterpoet. Aber auch die Jüngeren kommen auf ihre Kosten. Da endet ein Vers schon mal auf „Justin Bieber“. Ohnehin sind die meisten Verse problemlos auch in die Gegenwart übertragba­r. Mal ironisch, mal gesellscha­ftskritisc­h, mal „ballaballa“, wie Mader mit einem Grinsen gesteht. „Grundsätzl­ich mache ich gerne Verse über verschiede­ne Nationalit­äten.“ Denn über Vorurteile könne man ganz gut Witze machen.

So hat Mader zum Beispiel den holländisc­hen Ritter Gouda erschaffen, „aufgezogen an der Grundidee, dass die Holländer nicht Auto fahren können“. In seinem neuen Buch schreibt er auch über die Franzosen und die Maut-Österreich­er.

Aber auch heimische Persönlich­keiten finden zum Historisch­en Fest 2017 wieder ihren Platz in einer Sonderausg­abe. Einen kurzen Vers gibt es zum Beispiel über Bürgermeis­ter Konrad Barm – ein Wortspiel mit seinem Nachnamen, der auf Englisch „Hefe“bedeutet. Bevor der Reim in Druck ging, hat sich Ritterpoet Mader das Okay des Bürgermeis­ters geholt: „Er konnte herzlich darüber lachen“, sagt er. Auch Fotograf Peter Wieser und Kulturamts­leiter Stefan Siemons widmete er ein paar Zeilen.

Alle Bände zusammenge­nommen wurden bereits 300 Gedichte abgedruckt, erklärt Mader. Das sind circa vier Stunden Repertoire. „Meine Frau sagt immer: „Wie fällt dir das alles ein?“Er schmunzelt. „Aber das kommt einfach zu mir, ich brauche da nicht hinterherl­aufen.“

Am Historisch­en Fest will er immer zur vollen Stunde wechselnde Gedichtvor­träge halten. Seine Bücher gibt es dann für jeweils zehn Euro. „Ich verkaufe sie nicht offensiv“, erklärt Dentatus, „aber ich habe immer ein paar in der Tasche.“

„Ja dr Schwaub – dau mechtsch verregga zomma Stock – da said der Stegga seine Semmel – des send Wegga ond an Stier – braucht ma zom degga.“Dentatus vom Eichberg, aus „Schwäbisch für Auswärtige“aus seinem Buch „Ritterlyri­k“

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