Die jubelnden jungen Wilden und die Frage nach der Unbesiegbarkeit
Fußball Experten in der Region freuen sich mit den deutschen Titelgewinnern. Der Tenor: Die Weltmeisterschaft wird ein anderes Turnier – und der Konkurrenzdruck steigt gewaltig
Da ist sie wieder, die alte Frage: Sind wir jetzt auf Jahre hinaus unschlagbar? Genau das hatte der Kaiser höchstselbst nach dem WM-Triumph der deutschen Fußball-Nationalmannschaft 1990 in Italien behauptet. Was kam, ist bekannt. Diesmal spricht vieles dafür, dass es sportlich erfolgreicher weitergeht als vor inzwischen 27 Jahren. Deutschland ist amtierender Weltmeister. Am Freitag gab’s den Titel bei der U21-Europameisterschaft in Polen, am Sonntag den Sieg beim Confed-Cup in Russland mit einer ebenfalls sehr jungen Mannschaft. Ein Jahr vor der Weltmeisterschaft hat der deutsche Fußball sein ungeheures Potenzial nachhaltig unter Beweis gestellt.
Wir haben Fachleute aus der Region um ihre Bewertung gebeten.
(Vorsitzender TSV Offingen, Bezirksliga Nord): „Grundsätzlich sehe ich das wie damals der Franz Beckenbauer. Wir haben eine hervorragende Jugendarbeit in Deutschland. Ich bin sogar der Meinung, dass wir in dem Bereich weltweit die beste Arbeit ma- chen. Ich sehe uns absolut als Topfavorit für die Weltmeisterschaft 2018. Vielleicht nicht von den Einzelspielern her, aber im Kollektiv funktioniert diese Mannschaft hundertprozentig am besten von allen.
Von den ganz jungen Spielern aus dem U 21-Kader sehe ich den Torwart Julian Pollersbeck, der gerade von Kaiserslautern zum Hamburger SV gewechselt ist, vor einer großen Zukunft. Der sticht wirklich extrem raus. Oder vorne drin ein Serge Gnabry. Der hat auch eine wahnsinnige Entwicklung genommen.“
(Torhüter SSV Ulm 1846, Regionalliga Südwest): „Die deutsche U 21 hat es ebenso wie die Mannschaft beim Confed-Cup über den Kampf und im Kollektiv gerichtet. Für den Bundestrainer ist es gut zu wissen, dass er verlässliche Kräfte in der Hinterhand hat. Allzu hoch würde ich diese Turniersiege gerade mit Blick auf die WM aber nicht hängen. Im Endspiel des Confed-Cups hat Deutschland gegen Chile gespielt. Im nächsten Jahr warten dann mit Spanien, Italien oder Brasilien doch noch ganz andere Gegner. Dann wird der Bundestrainer wissen, was er an seinen erfahrenen Spielern hat.“
(Abteilungsleiter SpVgg Ellzee, Kreisliga West): „Diese jüngsten tollen Erfolge sind Fluch und Segen zugleich.
Der Bundestrainer kann für die Weltmeisterschaft natürlich aus den Vollen schöpfen. Die Siege waren gut, um den Konkurrenzdruck zu schärfen. Ich denke auch, dass es von den Neuen ein paar packen werden. Vielleicht der Leon Goretzka. Oder der Timo Werner. Der war beim Confed-Cup überragend, ist eine Belebung für die Nationalmannschaft und bei dem bin ich mir sogar sicher, dass er es schaffen wird. Antonio Rüdiger und Shkodran Mustafi sind im Defensivbereich Super-Alternativen.
Auf der anderen Seite: Die Weltspitze liegt so eng zusammen, dass bei einem WM-Turnier auch Kleinigkeiten entscheiden. Und solche Erfolge wie jetzt gerade rütteln die Konkurrenz wach.“
(Spartenchef TSV Ziemetshausen, Bezirksliga Süd): „Man sieht, dass der DFB den richtigen Weg eingeschlagen hat seit der WM 2006. Im Jugendbereich hat sich das alles gewaltig weiterentwickelt. Respekt auch vor Jogi Löw, der den jungen Spielern für den Confed-Cup das Vertrauen geschenkt hat. Sie haben das mit Leistung zurückbezahlt. Ich bin natürlich nicht der Bundestrainer, aber ich gehe davon aus, dass er nach diesen Erfolgen gewaltig Druck aufbauen kann auf die Etablierten. Wer da nicht Vollgas gibt, wird seinen Stammplatz verlieren.
Die WM in Russland hat dann wieder eigene Gesetze. Die Mannschaft hat jetzt beim Confed-Cup befreit aufspielen können, weil sie ohne Druck rein ging. Das wird sich ändern. Und es war auch Glück dabei. Das 1:0 im Finale kam ja wirklich aus heiterem Himmel.“
(Linksverteidiger FV Illertissen, Regionalliga Bayern): „Ein bisschen haben mich die beiden Turniersiege schon überrascht. Ich finde es gut, dass die jungen Leute die Chance bekommen haben, sich zu zeigen. Man hat wieder einmal gesehen, dass Leistung keine Frage des Alters ist. Vor der WM hat sich der Konkurrenzkampf auf jeden Fall verschärft und Konkurrenz belebt ja bekanntlich das Geschäft. Aus meiner Sicht spricht nichts dagegen, auch beim Turnier im nächsten Jahr mal einem der jungen Spieler eine Chance zu geben.“