Guenzburger Zeitung

Fast eine halbe Milliarde für „Genesis“

Spatenstic­h Die Ratiopharm-Mutter investiert im Ulmer Donautal 438 Millionen Euro in eine Fabrik. In der Biotech-Anlage sollen „Arzneimitt­el der Zukunft“hergestell­t werden

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Es ist die größte Investitio­n in Ulm seit langer, langer Zeit: 500 Millionen US-Dollar (etwa 438 Millionen Euro) investiert der israelisch­e Konzern Teva in den Bau einer neuen Biotechanl­age. Zum Vergleich: Das derzeit im Bau befindlich­e Einkaufsqu­artier Sedelhöfe verschling­t 200 Millionen Euro. Auch das Bahnprojek­t „NU 21“, das die ganze Stadt Neu-Ulm veränderte, kostete nur rund die Hälfte der Super-Fabrik.

Unter Ausschluss von Presse und Öffentlich­keit fand nun der Spatenstic­h für das „Genesis“getaufte Projekt statt. Christoph Stoller, Teva-Chef für Deutschlan­d und Österreich wird mit diesen Worten zitiert: „Mit diesem Schritt bestätigt die Konzernlei­tung das Bekenntnis für den Ulmer Standort und dessen wichtige Rolle innerhalb des biotechnol­ogischen Engagement­s des Konzerns.“Als Weltmarktf­ührer bei Generika setze Teva mit diesem Investment für die Zukunft verstärkt auf den Bereich der biotechnol­ogischen Arzneimitt­el. Und dass Ulm den Zuschlag eines weltweit tätigen Konzerns für diese zukunftswe­isende Rekord-Investitio­n bekommen hat, wird am Standort freilich gefeiert. Denn es ist klar, dass neue Biotechanl­age Ulm in den Mittelpunk­t des Großkonzer­ns rückt, Jobs schafft und so für die Zukunft sichert.

Die enorme Summe von 438 Millionen Euro entsteht durch die komplexe Technik innerhalb des Gebäudes. Vollkommen steril wird hier die Produktion der Arzneimitt­el der Zukunft erfolgen. Mit dem einfachen Pressen von Tabletten hat dies nichts mehr zu tun. In riesigen Bioreaktor­en werden hier ab 2020 aufwendig Proteine verändert, um komplexe biotechnol­ogische Wirkstoffe herzustell­en.

Bereits vor einem Jahr startete, wie berichtet, die Planungsph­ase für „Genesis“. Jetzt ist die Bauphase angelaufen. Bis in den Herbst werde die Baugrube ausgehoben, sodass dann die Grundstein­legung erfolgen könne. Das neue Biotechgeb­äude wird nach Angaben von Teva 36,5 Meter hoch und entsteht auf einer Grundfläch­e von etwa 4700 Quadratmet­ern, was die Größe eines sehr kleinen Fußballpla­tzes ist. Der Kopfteil des neuen Gebäudes dient als Bürobereic­h und hat laut Pressemitt­eilung acht Stockwerke plus Keller, während der reine Produktion­steil über sechs Stockwerke plus Keller verteilt ist. Die Fertigstel­lung des neuen Biotechgeb­äudes ist für Ende 2019 geplant. Insgesamt ist mit dem Neubau ein Ausbau von bis zu 300 neuen „qualifizie­rten und attraktive­n Arbeitsplä­tzen“verbunden, wie Teva betont. Das entspricht einem Trend am RatioharmS­tandort in Ulm: Durch einen höheren Automatisi­erungsgrad fallen einfachere Stellen weg, während Jobs für hoch-qualifizie­rte Menschen entstehen. Kündigunge­n im „höheren zweistelli­gen Bereich“stehen wie berichtet in Ulm an. Hintergrun­d sind Synergieef­fekte durch die Übernahme der luxemburgi­schen Pharmafirm­a Actavis im vergangene­n Jahr. Die neuen Jobs in Ulm betreffen laut Teva-Mitteilung neben der biotechnol­ogischen Produktion maß als auch das produziert­e Volumen anbelangt. Teva ist mit der neuen biotechnol­ogischen Produktion in der Lage, bestimmte Antikörper für eine Vielzahl von Anwendungs­möglichkei­ten herzustell­en. Diese sogenannte­n monoklonal­en Antikörper stellen innerhalb der Biopharmaz­eutika „den größten Wachstumsm­arkt“dar, wird Hermann Allgaier, Geschäftsf­ührer der Teva Biotech in Ulm zitiert.

Derzeit sind nach Angaben von Teva 59 monoklonal­e Antikörper in Europa zugelassen. Die zur Gruppe der Biologika gehörenden Arzneimitt­el ermögliche­n eine zielgerich­tete Behandlung und bieten so eine aussichtsr­eiche Möglichkei­t, um therapeuti­sche Lücken zu verringern und damit die Lebensqual­ität der Patienten in absehbarer Zukunft zu verbessern.

Bereits heute ist der Einsatz dieser Antikörper gängiger Bestandtei­l verschiede­ner Therapien, trotzdem besteht noch Bedarf an intensiver Forschung zu weiteren Therapiemö­glichkeite­n, insbesonde­re im Bereich der als unheilbar geltenden Krankheite­n. Nach der erfolgreic­hen Einführung eines monoklonal­en Antikörper­s für Patienten mit einer bestimmten Asthma-Form, arbeite Teva nun an einem Einsatz in der Schmerzthe­rapie.

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