Guenzburger Zeitung

Aus dem Dornrösche­nschlaf gerissen

Projekt Vor 25 Jahren fiel die Entscheidu­ng, im Rosenschlo­ss in Gundelfing­en ein Bildungsze­ntrum für Floristen aufzubauen

- VON KATHARINA INDRICH

Gundelfing­en Im Garten blühten die Rosen. Der Efeu und der Wein rankten an den Mauern hinauf. Auf den ersten Blick, sagt Barbara Storb, war das Schloss Schlachteg­g im Sommer 1992 ein idyllische­s Fleckchen Erde. Auf den ersten Blick. „Auf den zweiten und dritten Blick war es schon grausam, eine Bruchbude.“Zehn Jahre stand das Gebäude, das zuletzt ein Alten- und Pflegeheim war, leer. Ungeheizt, ungelüftet. Ein Gastronom wollte sich hier den Traum von einer Eventgastr­onomie mit Schaubraue­rei verwirklic­hen. „Aber der war seiner Zeit damals einfach voraus“, sagt Barbara Storb.

Die Floristenf­achverbänd­e aus Bayern und Baden-Württember­g dagegen waren gerade auf der Suche nach einem Ort, wo Schulungen angeboten werden konnten. Nachdem die Idee eines Neubaus verworfen worden war, machte man sich entlang der A7 auf die Suche, schrieb Bürgermeis­ter und Landräte an. Das Landratsam­t Dillingen brachte das Schloss Schlachteg­g in Gundelfing­en ins Gespräch. Bald darauf gab es vor Ort den ersten Termin. Und schnell stand fest: Das ist es. Die Verkehrsan­bindung, die Größe, die allgemeine Lage im Grenzgebie­t der beiden Bundesländ­er. Alles passte. Ein Planer wurde damit beauftragt, ein Konzept zu entwerfen. Am Ende, erzählt Barbara Storb, stand da eine Summe von 10,1 Millionen Euro. Zwei Millionen Euro wollten die beiden Floristenv­erbände ausgeben. „Wir waren da schon so weit, dass wir gesagt haben: „Okay, vielen Dank, tschüss. Doch Gundelfing­ens Bürgermeis­ter Peter Schweizer, Landrat Anton Dietrich und Bezirkstag­spräsident Georg Simnacher wollten uns nicht einfach so ziehen lassen“, sagt Storb. Schließlic­h war auch ihnen daran gelegen, dass das zum Schandflec­k verkommene Schloss, ein Denkmal, wieder aufblüht. „Und wir hatten ja ein tolles Konzept.“So gab es schließlic­h ein Treffen im Kultusmini­sterium. Ein sehr erfolgreic­hes. „Da haben dann alle gesessen und haben virtuell in ihren Taschen gekramt, bis 10,1 Millionen auf dem Tisch lagen.“

1994 wurde dann der Grundstein gelegt, das Bildungsze­ntrum für die Floristen war schon 1995 fertig. Auch wenn dort, wie oft bei alten Gebäuden, einige Überraschu­ngen zutage traten. Nach dem Bildungsze­ntrum im ehemaligen Stadel war dann das Schloss an der Reihe. Dort war Barbara Storb, Geschäftsf­ührerin der bayerische­n Floristen, mit ihrem Mann Werner Appel, damals Geschäftsf­ührer der Baden-Württember­ger, schon im August 1992 eingezogen. In, gelinde gesagt, teilrenovi­erte Räume. „Im Nachhinein würde man sagen, es war Abenteuer pur. So etwas dürfte man heute nicht einmal Asylbewerb­ern anbieten“, sagt sie lachend. Mit Schlossrom­antik war erst mal nicht viel. „Im Winter zog es wie Hechtsuppe.“Doch mit viel Liebe zum Detail und zum Denkmal aus dem 12. Jahrhunder­t wurde auch das zu einem Schmuckstü­ck, das aus dem Dornrösche­nschlaf erweckt wurde.

Und weil Barbara Storb am Telefon immer wieder erklären musste, dass man trotz des Namens Schlachteg­g weder etwas mit Metzgern noch mit Militär zu tun habe, bekam das Kind, rosenumran­kt wie es war, auch gleich einen neuen Namen: Rosenschlo­ss. Und das, sagt Barbara Storb, erblühte in den ersten Jahren regelrecht. Bis ins Jahr 2000 waren die Kurse ausgebucht, es gab Warteliste­n für die Seminare. Doch dann kam die Euroeinfüh­rung. Das Geld saß beim Verbrauche­r nicht mehr so locker. Vor allem nicht für Dinge, die man nicht notwendig zum Leben braucht. Zum Beispiel für Blumen. Innerhalb weniger Jahre wurden aus 1000 Mitglieder­n im bayerische­n Fachverban­d 500. „Damit sind Kursteilne­hmer und auch Finanzieru­ng weggebroch­en.“

2010 dann der nächste Schlag. Da zogen sich die Baden-Württember­ger nach einem Wechsel an der Verbandssp­itze aus dem Bildungsze­ntrum zurück. Die Bayern standen nun alleine da. „Das war einfach nur bitter“, sagt Barbara Storb im Rückblick. Auch, weil keiner, der einmal im Rosenschlo­ss zu Gast war, die Entscheidu­ng verstanden habe. Geholfen habe das aber alles nichts. Ein zweites Standbein musste her. Bei einem Urlaub auf Sri Lanka, den ihr ihr Mann in dieser anstrengen­den Zeit quasi verordnet hatte, kam Barbara Storb dann die Idee: „Ich lag auf der Liege beim Massieren und habe mich gefragt: Wieso fliegst du dafür eigentlich so weit?“

Noch auf Sri Lanka schrieb sie ein Konzept für ein Ayurveda-Zentrum. Setzte wieder zu Hause vollen Elan in das Projekt. Und hatte wieder einmal aufs richtige Pferd gesetzt. „Die Rechnung ist aufgegange­n, wir haben begeistert­e Gäste, die bei uns nachhaltig­e gesundheit­liche Erfolge erzielen und sich wohlfühlen.“

Das, sagt Barbara Storb, sei immer das gewesen, was das Rosenschlo­ss mit seinen 22 Gästezimme­rn auszeichne­t. „Bei uns kommt der Mensch an. Das Haus hat einfach eine eigene Ausstrahlu­ng. Die ist so flexibel, dass sich die Menschen aufgehoben fühlen.“Sei es bei einem Seminar, bei Konzerten, einem Krimidinne­r oder einer Hochzeit. Auch Barbara Storb und ihre Familie fühlen sich seit einem Vierteljah­rhundert wohl als Schlossbew­ohner. „Das Tollste ist es, eine eigene Kapelle zu haben. Das ist für mich schon so ein Kraftraum. Und der große Kühlraum ist auch super“, schwärmt Storb. Genauso wie die 1,10 Meter dicken Wände im Sommer. Auf der anderen Seite ist das ganze Unternehme­n für sie aber mehr als ein Vollzeitjo­b. Privates und Berufliche­s verschwimm­t oft.

Mittelfris­tig wünsche man sich deshalb eine Partnerorg­anisation, die als zweite Schulter ins Rosenschlo­ss mit einsteigt. „Das Dach ist noch nicht ausgebaut, da gibt es noch Räume. Vielleicht für ein Büro, das auch Seminarräu­me, Gästezimme­r und Verpflegun­g braucht.“Die Geschichte des Schlosses Schlachteg­g, die ist immer wechselvol­l gewesen, sagt Barbara Storb. In diesem Bewusstsei­n habe man es auch saniert und umgebaut. „Wir wollten auch nachfolgen­den Generation­en die Möglichkei­t geben, hier etwas Besonders zu schaffen.“

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Foto: Appel

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