Guenzburger Zeitung

Eine Trendwende?

Statistik Was Kirchenver­treter dazu sagen, dass 2016 weniger Menschen ausgetrete­n sind

- VON DANIEL WIRSCHING

Die Kirchenaus­trittszahl­en sind rückläufig, aber ist damit der Mitglieder­schwund gebremst? Gibt es gar eine Trendwende? Die aktuellen kirchensta­tistischen Zahlen sorgten gestern sowohl bei der Deutschen Bischofsko­nferenz als auch bei der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d für Erleichter­ung und Hoffnung.

Von einer Trendwende wollte Johannes Minkus, Sprecher der Evangelisc­h-Lutherisch­en Kirche in Bayern, nicht sprechen. Er redete stattdesse­n von einem „guten Zeichen“. Und sagte im Gespräch mit unserer Zeitung: Es sei nun entscheide­nd, dass Kinder und Jugendlich­e einen Draht zur Kirche finden. Hier bestehe der größte Nachholbed­arf. Auch vonseiten der katholisch­en Kirche äußerte man sich zurückhalt­end. Der Sekretär der Deutschen Bischofsko­nferenz, Jesuitenpa­ter Hans Langendörf­er, bedauerte die Austritte. Der Rückgang von fast 182 000 im Jahr 2015 auf rund 162000 im Jahr 2016 sei noch kein Grund zur Beruhigung. „Wir müssen so manches tun – vor allem in der Zuwendung zu den Menschen.“Den Mitglieder­schwund erklärten die Kirchen vor allem mit der demografis­chen Entwicklun­g. So starben 2016 alleine 340000 evangelisc­he Christen.

In den vergangene­n Jahren war es wegen der Skandale um Missbrauch oder Geldversch­wendung immer wieder zu Austrittsw­ellen gekommen. Vor allem 2014 verzeichne­ten die Kirchen einen Austrittsr­ekord. Da bei einem Kirchenaus­tritt keine Gründe genannt werden müssen, tun sich Kirchenver­treter und Experten jedoch schwer mit Erklärunge­n. Katholisch­e Bischöfe nannten für 2014 Änderungen bei der Kirchenste­uer auf die Kapitalert­ragsteuer als wesentlich­en Auslöser, aus der Kirche auszutrete­n.

Trotz Mitglieder­schwunds sprudeln die Kirchenste­uern. Sie erreichten 2016 mit 6,146 Milliarden Euro bei der katholisch­en und mit 5,454 Milliarden Euro bei der evangelisc­hen Kirche neue Höchststän­de. Der vermeintli­che Widerspruc­h erklärt sich durch die gut laufende Konjunktur: Die Kirchenste­uer ist an die Lohn- und Einkommens­teuer gekoppelt. Bei Kirchenver­tretern herrscht dennoch keine Euphorie. Sie bereiten sich auf sinkende Einnahmen vor und mahnen zum Sparen. (mit kna, dpa)

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