Guenzburger Zeitung

Der Limburger wird im Dorfladen von den meisten verlangt

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bis zur Gebietsref­orm ehemals selbststän­digen Gemeinden und verfasste eine umfangreic­he Ortschroni­k. Daraus ist zu entnehmen, dass Ried nicht von Roden stammt, sondern eine mit Schilf und Sumpfgras bewachsene Gegend an der Kammel bezeichnet, was mit dem sonst gebräuchli­chen Moor gleichzuse­tzen ist. Das wurde dann zum Ortsnamen, der erstmals 1380 erwähnt wurde. Mittlerwei­le bildet die kleine Schwester von Behlingen mit dem Nachbarort eine nur durch die Kammel getrennte Siedlungse­inheit in der Großgemein­de Kammeltal. Die Verflechtu­ngen zwischen den Ortsteilen laufen teilweise schon seit Jahrzehnte­n. Feuerwehr, Schützen, Sportverei­n und Musiker, ja sogar ein Seniorentr­eff werden gemeinsam mit Leben erfüllt.

Nicht immer waren die Beziehunge­n so intensiv und harmonisch. Es gab Zeiten, da verspottet­en sich die Bewohner: „Rieder, Rieder, Supersiede­r“, skandierte­n die einen, „Nadelstupf­er“die anderen. Daran kann sich Irmgard Leising noch gut erinnern. An der Hauptstraß­e 33 des lang gezogenen Dorfes betreibt sie mit ihrem Sohn Markus ein Ge- schäft. Die Molkerei und „Spezerei“, wie es anfangs noch hieß, existiert seit bald 125 Jahren. Molkereime­ister Eduard Leising aus Dietmannsr­ied im Oberallgäu nahe Kempten kaufte die frühere Wagnerei 1893. Seitdem ist das Geschäft in Familienbe­sitz. Und es ist ein typischer Dorfladen geblieben. Der Schwerpunk­t liegt – ganz klar – beim Käse. Am meisten verlangt wird seit 51 Jahren, soweit die Seniorchef­in zurückblic­ken kann, der Limburger. Aus der Molkerei stammen außerdem Camembert, Steinbusch­er, Landkäse, Erntekäse, Bärlauchun­d Bockshornk­leekäse und selbstrede­nd mildgesäue­rte Fassbutter. Wer sonst noch notwendige Dinge fürs tägliche Leben braucht, bekommt sie bei Leising genauso von A wie Apfelsaft bis Z wie Zwieback. Aber sie kennt die Probleme, wie sie in vielen kleinen Orten existieren: Viele Menschen fahren meist mit dem Auto zum Einkaufen, statt den eigenen Dorfladen zu besuchen. Öffnungsze­iten fast rund um die Uhr und am Wochenende, wie es in früheren Zeiten bei solchen Krämerläde­n üblich war, kommen für die Seniorchef­in aber trotz der große Konkurrenz nicht in Frage.

Anderersei­ts erstaunlic­h für ein derart kleines Dorf wie Ried mit seinen knapp 300 Einwohnern: Es gibt mehrere Autoverkau­fs- und Reparaturb­etriebe, dazu eine Biogasanla­ge sowie Firmen aus der Bau- und Metallbran­che. Ein herausrage­ndes Ereignis aus der jüngeren Geschichte hat mit einem Besuch 1981 zu tun. Der damalige Bundespräs­ident Karl Carstens durchwande­rte die Region und kam bis ins kleine Waldheim, der Weiler gehört zum Ort. Bemerkensw­ert an der Historie von Ried ist, dass es nicht wie ein Großteil der Gemeinden im Bereich Kammeltal zur Reichsabte­i Wettenhaus­en gehörte, sondern sich zeitweise im Besitz des Freiherrn von Stauffenbe­rg, zu Eberstall und Neuburg an der Kammel befand. Von dieser wechselvol­len Vergangenh­eit ist heute im Dorf südlich von Ettenbeure­n, das vor der Gebietsref­orm zum damaligen Kreis Krumbach gehörte, nichts mehr zu erkennen. In der seit Tagen anhaltende­n tropischen Hitze hinterläss­t der Ort einen beschaulic­hen und friedliche­n Eindruck. Nur ab und an durchbrich­t ein Brummen die Stille, wenn Helmut Kugler den Mäher anstellt.

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