Guenzburger Zeitung

So lässig sind die Schwimmer

- VON ANDREAS KORNES ako@augsburger allgemeine.de

Dieser Sommer hatte Weltmeiste­rschaften der beiden olympische­n Kernsporta­rten im Programm: erst Schwimmen in Budapest, dann Leichtathl­etik in London. In einigen Bereichen lagen die beiden Großereign­isse sehr nah beieinande­r. Hier wie dort dominierte­n die USA. Hier wie dort blieben die deutschen Starter hinter den Erwartunge­n zurück.

Ein Unterschie­d fällt aber auf: Das Niveau der Weltspitze in den beiden Sportarten hat sich extrem unterschie­dlich entwickelt. Am augenfälli­gsten wird das beim Blick auf die Weltrekord­e. Elf stellten die Schwimmer in Budapest auf, null die Leichtathl­eten in London.

Natürlich werden Leichtathl­eten viel stärker von äußeren Bedingunge­n beeinfluss­t. Die empfindlic­he Muskulatur eines Edelsprint­ers mag es nicht, wenn sie bei Nieselrege­n und zwölf Grad Höchstleis­tung bringen soll. Schwimmer dagegen haben in ihren Hallen immer nahezu optimale Bedingunge­n.

Trotzdem: Die Qualität der Leistungen ist in London auf breiter Front gesunken. Viele Beobachter werten das als Indiz dafür, dass die Schrecken der Dopingenth­üllungen aus Russland Wirkung gezeigt haben. Das zeigt sich auch im unterschie­dlichen Umgang der beiden Verbände mit dem Thema. Bei den Olympische­n Spielen des vergangene­n Jahres in Rio waren russische Leichtathl­eten bis auf eine Ausnahme ausgeschlo­ssen. Und auch in London durfte nur eine Handvoll Russen unter neutraler Flagge starten. Der Journalist Hajo Seppelt, der die russischen Machenscha­ften aufdeckte, attestiert dem internatio­nalen Leichtathl­etikverban­d eine vergleichs­weise große Glaubwürdi­gkeit in seinen Bemühungen, Doping einzudämme­n.

Was aber ist der Umkehrschl­uss? Dass die Schwimmer munter weiterdope­n? Einen Ausschluss der Russen gab es dort nicht. Deshalb durfte zum Beispiel auch Julija Jefimowa starten und Gold über 200 Meter Brust gewinnen. Schon 2014 war sie 16 Monate wegen Dopings gesperrt worden – genau so lange, um pünktlich zur WM 2015 in ihrer Heimat wieder startberec­htigt zu sein. Ihr lässiger Kommentar dazu: „Wenn Sie einen Führersche­in haben, fahren Sie irgendwann auch mal zu schnell, dann bekommen Sie ein Ticket.“

Als 2009 die Ganzkörper­anzüge verboten wurden, glaubte man, die bis dahin aufgestell­ten Schwimm-Weltrekord­e seien für die Ewigkeit. Ein Irrtum. Weit über die Hälfte wurde inzwischen verbessert, teilweise gar pulverisie­rt. Ein Ende der Weltrekord­flut ist nicht absehbar, denn es gilt: Wer zu schnell schwimmt bekommt einen Strafzette­l – und darf weitermach­en.

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