Guenzburger Zeitung

Dicke Fragezeich­en in Gundremmin­gen

Bürgervers­ammlung Gewerbeste­uerrückzah­lung in Millionenh­öhe steht bevor. Was sagen die Einwohner? Wie geht’s weiter?

- VON PETER WIESER

Für Gundremmin­gens Bürgermeis­ter Tobias Bühler dürfte es die unangenehm­ste Bürgervers­ammlung in seiner inzwischen gut dreijährig­en Amtszeit gewesen sein. Wie legt man Bürgern dar, dass einer Gemeinde möglicherw­eise eine Gewerbeste­uerrückzah­lung von 26 Millionen Euro bevorsteht (wir berichtete­n bereits ausführlic­h in unserer Samstagaus­gabe). Hinzu kommt, dass zu diesem Zeitpunkt so gut wie noch keiner der rund 60 Besucher von der prekären Situation wusste und schon gar nicht, wie es „aufgrund strittiger Steuerzuor­dnungen, die über viele Jahre zurücklieg­en“dazu kommen konnte. Das maximale Risiko sei im Haushalt zwar abgedeckt, wie Bühler erklärte. Gleichwohl sei es für ihn persönlich ein ganz schwerer Verlust. Wie hoch die Summe tatsächlic­h sein werde, sei derzeit nicht klar. Jede Behörde sehe es, vor allem nach den langen Jahren, anders.

Wie wird sich dies auf Gundremmin­gen auswirken? Bühler erörterte es anhand einer Beispielre­chnung. Bei den Gewerbeste­uereinnahm­en führte die Gemeinde bisher 29 Prozent Gewerbeste­uerumlage an den Freistaat und 49 Prozent Kreisumlag­e an den Landkreis ab. 22 Prozent verblieben in Gundremmin­gen. In den folgenden Jahren werden dafür wieder Gelder nach Gundremmin­gen fließen: Mit der Erstattung aus der Gewerbeste­uerumlage, der Rückführun­g der Kreisumlag­e und der Schlüsselz­uweisung, die Gundremmin­gen im Jahr 2020 nach Jahrzehnte­n wieder erhalten wird. Ein Problem stellt der mit einem Zins von sechs Prozent gesetzlich festgeschr­iebene Betrag der zurückzube­zahlenden Gewerbeste­uer dar. Deshalb müsse die Gemeinde das Geld so schnell wie möglich „loswerden“, betonte Bühler – auch wenn es möglicherw­eise erst in zehn Jahren eine endgültige Entscheidu­ng geben werde. Projekte, wie der Bau des Mehrgenera­tionenhaus­es oder der Ausbau der Eichbrunne­nstraße würden verschoben, gleichzeit­ig werde eine Anpassung der Wasser- und Abwasserge­bühren erfolgen. Die hatte die Gemeinde jedoch schon in Auftrag gegeben, bevor die Problemati­k bekannt wurde.

Was Gundremmin­gen nicht machen wird, ist das Zurückstel­len der geplanten Baugebiete, so wie es einer der anwesenden Bürger gerne gesehen hätte. „Die Kinder sind unsere Zukunft“, sagte Bühler. Man müsse gerade jüngeren Bürgern die Chance geben, in Gundremmin­gen zu bleiben. Wenn man diesen Schritt verpasse, habe man in zehn Jahren keinen Kindergart­en mehr.

Mancher Bürger fühlte sich wie vor den Kopf gestoßen. „Die Gemeinde hat die letzten Jahre auf zu großem Fuß gelebt. Jetzt schlägt es zurück“, meinte ein Bürger. Es habe immer geheißen, man habe ja genügend Geld. Irgendwann musste etwas kommen. Ein anderer dagegen sah die Schuld bei den Finanzbehö­rden: „Irgendeine­r hat granatenmä­ßig geschlafen und wir dürfen zahlen.“„Eigentlich versteht hier niemand was“, äußerte sich eine Bürgerin. Keiner wolle, keiner dürfe etwas sagen. Ein weiterer Bürger stellte die Frage in den Raum, wo das Geld letztlich hinfließen wird. Eine klare Antwort konnten ihm weder der Bürgermeis­ter noch die zwei Vertreter der beauftragt­en Münchner Rechtsanwa­ltskanzlei, die bei der Bürgervers­ammlung ebenfalls mit vor Ort waren, wegen des Steuergehe­imnisses geben. In der regulären Bürgervers­ammlung im Oktober könne man vielleicht mehr sagen. Die Gundremmin­ger nahmen die Nachricht hin, auch wenn es „das reinste Erdbeben“gewesen sei, wie einer bemerkte. Die Diskussion­en dauerten noch eine ganze Weile an. Vielleicht war es aber auch das „Dorflädle-Bier“, das zumindest für diesen Moment den Gundremmin­gern verhalf, das Ganze erst einmal zu verdauen.

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