Guenzburger Zeitung

„Die Segafredo Familie ist zerstört“

Schicksal Nach dem Brand des Dillinger Rathauses steht die Familie Pennacchia, die das Café im Erdgeschos­s betrieb, vor dem Nichts. Erst einmal geht es darum, den Schock zu verarbeite­n

- VON BERTHOLD VEH

Erminio Pennacchia ist immer noch fassungslo­s, seine Frau Christina ringt mit den Tränen. Durch den Brand des Dillinger Rathauses (wir berichtete­n) ist das Leben der Familie völlig aus den Fugen geraten. Erminio Pennacchia geht durch die Räume des Cafés Segafredo-Espresso, das im Erdgeschos­s des 500 Jahre alten Rathauses untergebra­cht ist. Oder besser war, denn nichts erinnert mehr an die fröhlichen Stunden und die Gäste, die dort noch bis zu jenem 26. Juli gut gelaunt ihren Cappuccino geschlürft oder ein Eis gegessen haben. Dutzende Trocknungs­geräte stehen jetzt dort. Das Löschwasse­r hat im alten Rathaus seine Spuren hinterlass­en. Schimmel breitet sich an den Decken aus. Und es riecht immer noch unerträgli­ch nach Brand.

Etwa 20 Gäste hatten sich an diesem schicksalh­aften Mittwochab­end gegen 19 Uhr im Café aufgehalte­n. „Auf einmal kamen Leute rein und sagten, dass es oben raucht“, berichtet Erminio Pennacchia. Die Besucher und die Mitarbeite­r gingen ins Freie. „Nach zwei Minuten schlugen Stichflamm­en aus dem Gebäude“, sagt der Segafredo-Betreiber. Mit dem Feuer wurde auch der Lebensinha­lt der Familie vernichtet. Christina Pennacchia sagt: „Wir haben dort viel gelacht, geweint und gefeiert.“Nahezu 20 Jahre lang habe sich alles um das Café gedreht – von morgens um 6.30 Uhr bis in die Nacht hinein. „Und jetzt ist die Segafredo-Familie zerstört“, klagt Christina Pennacchia und ringt um Fassung.

Alles sei kaputt. Stühle, Tische, Maschinen. Am 20. Dezember hät- ten die Pennacchia­s mit ihren Beschäftig­ten und den Gästen das 20-jährige Bestehen feiern wollen. „Nach dem Brand mussten wir nun unseren 13 Mitarbeite­rn kündigen“, Christina Pennacchia und kämpft erneut mit den Tränen. „Das tut so weh.“Denn die Mitarbeite­r seien im Laufe der Jahre zu Freunden geworden.

Viele Gäste vermissen bereits jetzt das Café sehr und haben der Familie Pennacchia ihr Mitgefühl ausgedrück­t. In ganz Deutschlan­d gebe es nur gut 85 Franchise-Untersagt nehmen von Segafredo-Espresso, sagt Erminio Pennacchia. Und in der Dillinger Königstraß­e war das Café eine Institutio­n. Auch viele Radtourist­en suchten zielsicher das Segafredo an der Kreuzung zwischen Schloss- und Königstraß­e auf. Nun gibt es diesen beliebten Treffpunkt im Dillinger Rathaus nicht mehr. Auch Valentina Pennacchia, die Tochter des 50-Jährigen, hat der Großbrand sichtlich mitgenomme­n. Sie verbringt gerade viel Zeit mit ihren Eltern, die mit ihrem Zwangsurla­ub nichts anfangen können. „Wir haben schlaflose Nächte und wissen nicht, wie es weitergehe­n soll“, sagt der Segafredo-Betreiber. Wann und wie viel die Brandversi­cherung bezahlen wird, stehe noch nicht fest.

Franz Schwaiger, der Chef von Segafredo Deutschlan­d, war der Erste, der sich nach der Brandkatas­trophe bei den Pennacchia­s gemeldet hat. „Er hat uns Hilfe zugesicher­t“, sagt Erminio Pennacchia. Ebenso Oberbürger­meister Frank Kunz, der sich sofort erkundigt und der Familie seine Hilfe angeboten habe.

Frank Kunz teilt mit, dass er in ständigem Kontakt mit Erminio Pennacchia und seiner Familie stehe. „Ich habe ihm zugesagt, dass wir gern gemeinsam eine Lösung finden werden.“Eine Überlegung besteht nach Informatio­nen unserer Zeitung darin, dass vielleicht ein Provisoriu­m eingericht­et werden kann. Erminio Pennacchia kommen diese Gedankensp­iele noch zu früh. Es gehe nun darum, den Schock zu verarbeite­n. Der Segafredo-Betreiber sagt: „Das Ganze muss sich erst einmal setzen.“In ein paar Wochen werde sich sagen lassen, ob und wie es weitergehe­n kann.

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Foto: Berthold Veh

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